Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Mai 1932 geborene beschäftigungslose Felix O*** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1, erster Fall, StGB schuldig erkannt, weil er am 2.Februar 1989 in Augsdorf die am 10.September 1979 geborene, somit unmündige Karin H*** durch zweimaliges Betasten ihres Geschlechtsteiles auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht hat.
Nach den Urteilsfeststellungen spielte die damals im 9. Lebensjahr gestandene Karin H*** am Tage der Tat mit ihrem Vetter Florian K*** und zwei kleineren Geschwistern der beiden auf einer Wiese in der Nähe des Hauses des Angeklagten in Augsdorf. Der Angeklagte gesellte sich mit seinem Pudel zu den Kindern, erfragte ihre Vornamen und ihr Alter und ließ schließlich seinen Hund für Karin H*** Stöckchen apportieren. Als sich das Kind dabei hinhockte, hockte sich der Angeklagte schräg seitlich dazu und griff dem Mädchen "zwischen die Füße" gezielt auf den Geschlechtsteil. Dann entfernte er sich, kam aber schon kurze Zeit später wieder zurück und griff dem zu diesem Zeitpunkt nun stehenden Kind von hinten neuerlich zwischen die Beine auf den Geschlechtsteil; in beiden Fällen handelte der Angeklagte, der die Betastungen über der Hose (S 23 oben) des Kindes vornahm, in der Absicht, sich geschlechtlich zu erregen.
Dies schloß das Gericht aus der Tathandlung und der einschlägigen Vorverurteilung ebenfalls wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB. In beiden Fällen war der Angeklagte leicht alkoholisiert.
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den Strafausspruch bekämpft (nur) die Staatsanwaltschaft mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Mit seiner Mängelrüge (Z 5) bezeichnet der Angeklagte die zur Feststellung, er habe zweimal den Geschlechtsteil des Mädchens betastet, um sich geschlechtlich zu erregen, führenden Erwägungen als "Scheinbegründung". Dieser Einwand berührt aber keine entscheidungswesentliche Tatsache, zumal der hier in Betracht kommende erste Deliktsfall des § 207 Abs. 1 StGB - wie der Beschwerdeführer selbst zutreffend einräumt - eine auf sexuelle Erregung des Täters gerichtete Absicht gar nicht voraussetzt. Im übrigen hat die Zeugin Karin H*** ausdrücklich bekundet, daß ihr der Angeklagte direkt auf den Geschlechtsteil gegriffen habe und es ausgeschlossen sei, daß er etwa unabsichtlich an sie angekommen sei (S 79, 80 in Verbindung mit S 105). Diesen Bekundungen hat das Erstgericht nicht zuletzt auf Grund der Aussagen der Zeuginnen Annemarie H*** und Cornelia K*** sowie des Gutachtens des psychologischen Sachverständigen Prof. Dr. Herbert K*** vollen Glauben geschenkt. Der von den Tatrichtern aus diesen gezielten und wiederholten Betastungen des Geschlechtsteiles gezogene Schluß auf den Beweggrund des Angeklagten, nämlich sich in geschlechtliche Erregung zu versetzen, entspricht nicht nur den Denkgesetzen, sondern ist auch lebensnah. Mit den dargelegten Beschwerdeausführungen werden daher in Wahrheit keine Begründungsmängel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufgezeigt, sondern bloß auf untaugliche Weise danach getrachtet, der vom Erstgericht abgelehnten Verantwortung des Angeklagten, er habe den Geschlechtsteil des Mädchens nicht absichtlich betastet und könne allenfalls versehentlich daran angekommen sein, zum Durchbruch zu verhelfen.
Aber auch das in dieselbe Richtung zielende Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, zumal sich aus den Akten nichts ergibt, was der dargestellten schlüssigen Beweiswürdigung des Schöffengerichts entgegengesetzt werden könnte.
Der weitere Einwand, die Urteilsfeststellungen seien unvollständig geblieben, weil selbst nach den Angaben des Opfers der Angeklagte dessen Geschlechtsteil nur kurz berührt habe und die Berührung über der Bekleidung (Hose und Anorak) stattgefunden habe, soll in Verbindung mit dem Inhalt der Rechtsrüge (Z 9 a) offensichtlich die Rechtsansicht stützen, es habe sich im Hinblick auf diese behaupteten Umstände um keinen "Mißbrauch einer unmündigen Person zur Unzucht" gehandelt, sodaß der Tatbestand des Verbrechens nach § 207 Abs. 1 StGB daher nicht erfüllt sei.
Hiezu sei zunächst darauf hingewiesen, daß das Gericht im Rahmen der rechtlichen Subsumtion ohnedies von einer Betastung über der Kleidung des Mädchens ausgegangen ist (S 114). Es führt hiebei richtig aus, daß auch das Betasten des Geschlechtsteiles eines geeigneten Objektes über der Kleidung rechtlich als Unzuchtsakt aufzufassen ist. Was aber die nach den vom Schöffengericht seinen Feststellungen zugrunde gelegten Schilderungen der Zeugin Karin H*** tatsächlich anzunehmende jeweils nur kurze Dauer der Betastungen anlangt (S 21-23, ON 9, S 78-81 in Verbindung mit S 105), ist festzuhalten, daß in der Berührung zwischen den spezifisch weiblichen Körperpartien des Opfers und dem Körper des Täters nur dann kein Mißbrauch zur Unzucht liegt, wenn die Berührung bloß flüchtig und oberflächlich ist. Es kommt nicht nur auf die zeitliche Dauer der Berührung an, sondern auch auf deren Intensität, Präzision und Zielsicherheit. Unerheblich ist jedenfalls, in welchem Stadium der Kindheit das Opfer sich befindet und ob die Tat mit psychischen Nachteilen für das Kind verbunden war (Pallin im WK Rz 4 und 6 zu § 207 StGB). Der Rechtsmeinung des Angeklagen zuwider ist dem Erstgericht sohin kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn es die zweimalige, in rascher Abfolge hintereinander ablaufende, unmittelbar die gewünschte Stelle - nämlich die Geschlechtsregion eines Mädchens - erreichende Betastung durch den Angeklagten als Unzucht mit Unmündigen im Sinn des Tatbestandes des Verbrechens des § 207 Abs. 1, erster Deliktsfall, StGB gewertet hat. Die insgesamt unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine (unbedingte) Freiheitsstrafe von zehn Monaten und wertete bei der Strafzumessung die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall und die zweimalige Tatbegehung als erschwerend, während als mildernd nichts gefunden wurde. Gleichzeitig widerrief das Gericht die bedingte Nachsicht der mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. Oktober 1988, GZ 12 Vr 1448/88-7, gewährten bedingten Nachsicht der Freiheitsstrafe von acht Monaten, die verhängt wurde, weil Felix O*** am 23.Juli 1988 ein zehneinhalb Jahre altes schlafendes Mädchen am nackten Geschlechtsteil und an den Brüsten betastet hatte, sodaß der Angeklagte nunmehr eine Freiheitsstrafe von insgesamt achtzehn Monaten zu verbüßen haben wird.
Während der Angeklagte weder den Strafausspruch noch den Widerrufsbeschluß bekämpft, begehrt die Anklagebehörde unter Hinweis auf den ihrer Meinung nach ungenügend ausgeschöpften Strafrahmen eine Erhöhung der Freiheitsstrafe.
Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 angeordnete "Gesamtregelung" aller zum Urteilszeitpunkt noch offenen Strafvollzüge (§§ 53 Abs. 1 StGB, 494 a StPO) bedarf es bei der Prüfung des Berufungsvorbringens der Staatsanwaltschaft einer zusammenschauenden Betrachtung aller nunmehr in Vollzug zu setzenden Unrechtsfolgen (vgl. EvBl. 1988/63, 12 Os 165, 166/88, 11 Os 77, 78/89). Hiebei zeigt sich zunächst, daß dem Angeklagten im Vorverfahren eine Enthemmung durch Alkoholgenuß als mildernd zugestanden wurde, während im nunmehrigen neuen Verfahren die ebenso als tatfördernd festgestellte leichte Alkoholisierung (S 113) keiner Würdigung im Sinn des § 35 StGB unterzogen wurde. Da es sich nach dem Akteninhalt um eine zufällige Begegnung zwischen Täter und Opfer gehandelt hat, kann dem Angeklagten aus dem dieser Begegnung vorausgegangenen Genuß zweier Flaschen Bier kein Vorwurf gemacht werden, der die Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit aufwöge. Es kommt auch der zweimaligen Tatbegehung kein erhebliches Gewicht als schulderhöhender Umstand (§§ 32, 33 Z 1 StGB) zu, weil erst durch die Wiederholung des unsittlichen Angriffes - wie oben dargestellt - die Tathandlung jene gezielte Intensität gewann, um sie als Unzuchtshandlung einstufen zu müssen. Es bedarf daher unter Bedachtnahme auf den Widerruf keiner Erhöhung der hier ausgesprochenen Strafe, um die Strafzwecke zu erreichen.
Der Berufung, die selbst keine zusätzlichen Erschwerungsumstände aufzuzeigen vermochte, war sohin der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle, zumal durch das erfolglos gebliebene Rechtsmittel der Anklagebehörde kein greifbarer Verfahrensmehraufwand entstanden ist.
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