Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch betreffend die (Betrugs-) Fakten laut den Punkten A II und III sowie demgemäß auch im Strafausspruch (sowie in dem die Privatbeteiligte Flora B betreffenden Adhäsionserkenntnis) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wegen des Strafausspruchs wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
über seine Berufung gegen das die Privatbeteiligte C D E betreffenden Adhäsionserkenntnis wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch Teilfreisprüche enthaltenden) Urteil wurde der am 3. Dezember 1959 geborene jugoslawische Staatsangehörige Jadranko A (der angeblich zufolge Namensänderung seit 1979 den Namen Alexander F führt - vgl ON 141, 153) des (in der Zeit von November 1979 bis September 1982 in insgesamt sieben Angriffen verübten) Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 (im Urteil wird überflüssigerweise auch der Abs. 2 der zuletzt bezeichneten Gesetzesstelle zitiert) StGB (mit einem Schaden von insgesamt 305.549 S) und des (gleichfalls in mehreren Angriffen begangenen) Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Deliktsfall StGB (mit einem Vermögensnachteil von insgesamt 136.509 S) schuldig erkannt.
Nur die Schuldsprüche laut Punkt A II (betrügerisches Herauslocken von zwei Darlehen in der Höhe von 70.000 S im Jahr 1981 und 1.000 DM im September 1982 zum Nachteil des Wolfgang G) und Punkt A III (betrügerisches Eingehen eines Mietverhältnisses zum Nachteil der Flora B Ende September 1982 mit einem Schaden von zumindest 4.800 S) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Nach den (die zuvor bezeichneten Schuldspruchfakten betreffenden) wesentlichen Urteilsfeststellungen lernte der Angeklagte, der (nach seiner trotz erlassenem Aufenthaltsverbot erfolgten Rückkehr aus Jugoslawien) in Österreich den Namen 'Reinhold G***' führte, in der zweiten Hälfte des Jahres 1981 den so wie er im Hotel H als Kellner beschäftigten Wolfgang G kennen. Da er G in geschäftlichen Dingen für unerfahren hielt, unternahm er den Versuch, G Geld herauszulocken. Zu diesem Zweck täuschte er vor, daß sein Vater Botschaftssekretär und seine Mutter Professorin wären und brachte zum Ausdruck, daß er bei entsprechender Finanzierung einträgliche Geschäfte abwickeln könne. Durch den Hinweis des Angeklagten, er werde G nach Durchführung der Geschäfte einen 'hohen Anteil sozusagen als Gewinnbeteiligung' zurückgeben, entschloß sich G, dem Angeklagten einen Betrag von 70.000 S 'zu borgen'. In der Folge wurden G vom Angeklagten zwei Wechsel über 70.000 S und 50.000 S übergeben, wobei der zuletzt genannte Betrag den Gewinnanteil darstellen sollte; durch die übergabe der Wechsel sollte G 'beruhigt und auch veranlaßt werden, keine Anzeige zu erstatten'. Tatsächlich zahlte der Angeklagte über wiederholtes Drängen GS lediglich 10.000 S (im März 1983) zurück. Obwohl 'bei diesem Darlehen kein fixer Rückgabetermin' vereinbart worden war, 'mußte' dem Angeklagten auf Grund der 'vor und bei der Darlehensgewährung' geführten Gespräche 'klar sein', daß G 'nach einer angemessenen Frist, spätestens nach einem Jahr das Geld samt Gewinn wieder zurückerstattet haben wollte'. Als der Angeklagte am 2. September 1982 in Passau die Firma I Comp. AS. GesmbH gründete, gelang es ihm abermals unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, nämlich der Behauptung, daß diese Firma hohe Gewinne abwerfen werde, dem Wolfgang G auch noch den Betrag von 1.000 DM herauszulocken, mit welchem Betrag dieser 'als Gesellschafter am Gewinn dieser Firma beteiligt sein sollte'. Auf Grund der vom Angeklagten in Aussicht gestellten hohen Gewinne erwarb G einen Gesellschaftsanteil in der obgenannten Höhe. Die Firma I Comp. AS.
GesmbH hatte jedoch in Passau kein Geschäftslokal; sie war weder dort noch in Österreich wirtschaftlich tätig (Punkt A II). Am 29. September 1982 schloß der Angeklagte wieder unter dem Namen 'Reinhold G***' in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der zuvor bezeichneten Firma 'I' mit Wirkung ab 1. Oktober 1982 einen Mietvertrag für eine im Haus Wien 8, Piaristengasse 10, gelegene Wohnung ab, wobei er mit der Vermieterin Flora B einen monatlichen Mietzins von 1.600 S vereinbart und bei Vertragsabschluß eine Mietzinsvorauszahlung (für drei Monate) in der Höhe von 4.800 S erlegt hat. Weitere Mietzinszahlungen leistete der Angeklagte (bis zu seiner am 12. April 1983 erfolgten Verhaftung) nicht; die Mietrechte an der in Rede stehenden Wohnung gab er erst nach Einleitung gerichtlicher Schritte durch Flora B im Juni 1983 auf (Punkt A III).
Rechtliche Beurteilung
Schon der - der Sache nach auch Feststellungsmängel (Z 9 lit a) relevierenden - Mängelrüge (Z 5) kommt Berechtigung zu. Zur Widerlegung der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers in Ansehung des Faktums A II berief sich das Schöffengericht in erster Linie auf die Aussage des Zeugen Wolfgang G. Mit Recht rügt der Angeklagte die Urteilsannahme, daß ihm auf Grund der Gespräche 'vor und bei der Darlehensgewährung' klar sein mußte, daß G das Geld samt Gewinn nach einer angemessenen Frist, spätestens jedoch nach einem Jahr, zurückerstattet haben wollte, der Sache nach als aktenwidrig; hat doch der Zeuge G in der Hauptverhandlung ausdrücklich erklärt, daß bei (und ersichtlich auch vor) der Geldübergabe (die durch überweisung auf ein Konto des Angeklagten erfolgte) hinsichtlich eines Rückzahlungstermins 'nichts vereinbart' worden war (S 185, 192/III). Davon abgesehen ließe im übrigen die im Urteil verwendete Formulierung, es habe dem Angeklagten klar sein müssen, daß G das Geld zurückbezahlt haben wollte, (für sich allein) noch nicht erkennen, daß dem Angeklagten der betreffende Umstand auch tatsächlich 'klar' (dh bewußt) gewesen ist.
Gleichfalls berechtigt ist der weitere Vorwurf einer Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe in Ansehung der Feststellungen, der Angeklagte habe zur Tatzeit über kein geregeltes Einkommen verfügt und habe G nach Herauslocken des Betrages von 70.000 S die (zwei) Wechsel (nur) zur Beruhigung übergeben, um ihn von der Erstattung einer Anzeige abzuhalten.
Denn bei diesen Konstatierungen hat das Erstgericht unberücksichtigt gelassen, daß G seinen eigenen Angaben zufolge mit dem Angeklagten nicht nur beim selben Dienstgeber (Hotel H) beschäftigt, sondern mit ihm 'auch privat befreundet' war (S 575/I, 185/III), daß G aus Erzählungen des Angeklagten bekannt war, daß dieser 'kein Geld' hatte, 'immer nur im gleichen Hemd und Sakko herumgegangen ist' und sich 'nicht einmal einen Mantel leisten konnte' (vgl S 186/III), daß er dem Angeklagten trotz Kenntnis von diesen Umständen (nach Ablauf seines Prämiensparvertrages im August 1981) den Betrag von 70.000 S 'von selbst angeboten' hat (S 575/I) und bei übernahme der Wechsel (im März 1982) wußte, daß er 'nichts damit anfangen könne' (S 188/III).
Solcherart hat das Schöffengericht entscheidungswesentliche Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen, die insbesondere für die Beurteilung der Frage von Belang sind, ob vorliegendenfalls überhaupt ein Darlehensvertrag, wenn ja mit welcher vereinbarten Fälligkeit der Darlehensvaluta, vereinbart wurde oder aber ein Gesellschaftsverhältnis nach dem ABGB (mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen) begründet werden sollte. Unter dem Gesichtspunkt der von der Beschwerde aufgezeigten Begründungsmängel läßt das Ersturteil insoweit auch tragfähige Feststellungen in bezug auf eine Täuschung des Wolfgang G im Sinn des § 146 StGB vermissen. Hiefür ist zwar keine spezifische Eignung der Tathandlung zur Irreführung eines anderen erforderlich, sodaß selbst die leichte (objektive) Erkennbarkeit der Unrichtigkeit einer falschen Vorgabe eine solche nicht ausschließt. Entscheidend ist nur, daß der bezüglichen Handlungsweise des Täters nach den Umständen des konkreten Falles die Eignung, einen Irrtum hervorzurufen oder zu bestärken, nicht von vornherein abzusprechen ist (vgl ÖJZ-LSK 1977/99, SSt 43/25, EvBl 1976/162; Leukauf/Steininger Kommentar 2 § 146 RN 17 ff). Die zum Betrug erforderliche - für den Irrtum des Getäuschten kausale - Täuschungshandlung muß jedoch - bezogen auf den hier in Rede stehenden Sachverhalt - entweder im ausdrücklichen Behaupten falscher Tatsachen, im Entstellen wahrer Tatsachen oder in zur Irreführung des anderen bestimmten (und geeigneten) schlüssigen Handlungen bestehen. Letzteres kommt insbesondere auch bei Kreditgeschäften eines zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen Darlehensnehmers in Betracht. Denn in der Regel bekundet derjenige, der ein Darlehen aufnimmt, schon nach den Regeln und Gewohnheiten des redlichen Verkehrs (§ 863 ABGB) stillschweigend, daß er den Willen und die Möglichkeit hat, seiner Zahlungsverpflichtung nachzukommen.
Anders verhält es sich allerdings bei einem Darlehensgeber, der sich in Kenntnis der die Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers begründenden Tatumstände in der ungewissen Erwartung, es werde sich die ihm bekannte, gegenwärtige ungünstige wirtschaftliche Lage des Darlehensnehmers bessern, zur Zuzählung eines Darlehens bestimmen läßt und damit entweder, ohne über Tatsachen getäuscht worden zu sein, die Realität falsch einschätzt oder bewußt auf die Gefahr hin handelt, daß der Empfänger des Darlehens seiner Rückzahlungsverpflichtung nicht (rechtzeitig) werde nachkommen können. Im vorliegenden Fall reichen nun die im Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht aus, um in rechtlicher Hinsicht eine Täuschungshandlung des Angeklagten (im dargelegten Sinn) und einen durch sie hervorgerufenen, eine Tatsache betreffenden Irrtum des an seinem Vermögen geschädigten Wolfgang G annehmen zu können. Gleiches gilt für das dem Angeklagten außerdem angelastete Herauslocken eines Betrages von 1.000 DM, wobei den widersprüchlichen Ausführungen im Urteilsspruch einerseits und in den Entscheidungsgründen andererseits nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen ist (vgl insbesondere S 259, 270, 274/III), ob das Erstgericht insoweit von der Gewährung eines Darlehens von G an den Angeklagten oder aber wie dies den Verfahrensergebnissen und hier insbesondere der Aussage des Zeugen G (S 191/III) entnommen werden kann, vom Erwerb eines Geschäftsanteils in der Höhe von 1.000 DM an der I Comp. AS. GesmbH ausgegangen ist. All diese Umstände hätten schon deshalb einer besonderen Erörterung bedurft, weil das bezügliche Rechtsgeschäft zwischen dem Angeklagten und Wolfgang G im September 1982, demnach zu einem Zeitpunkt abgewickelt wurde, zu dem G den Betrag von 70.000 S noch nicht zurückerhalten und auch die ihm vom Angeklagten in der Folge übergebenen Wechsel für wertlos gehalten hatte. Das Schöffengericht ließ zudem auch jenen Teil der Aussage des genannten Zeugen unberücksichtigt, wonach er dem Angeklagten auch noch im Oktober 1982 ein Darlehen in der Höhe von 28.000 S gewährt hatte, welches von diesem offensichtlich zurückgezahlt wurde (vgl Zeuge G S 186, 188, 189/III, Angeklagter S 178/III).
Zu Recht wirft der Angeklagte schließlich dem Ersturteil aber auch Begründungsmängel (abermals im Sinn einer Unvollständigkeit) mit der Argumentation vor, es habe bei der Feststellung (S 275, 276/III), wonach die Firma I Comp. AS. GesmbH in Österreich keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet habe, wesentliche Verfahrensergebnisse, nämlich sowohl die sichergestellten Buchhaltungsunterlagen (S 585/I) der Firma 'I', als auch die Aussagen der Zeugen Wolfgang G (S 240/II, 189 f/III), Hellfried J (S 433/I, 270 ff/II, 193 ff/III) und Hannelore K (S 226/III) unerörtert gelassen, denen zufolge der Angeklagte als Geschäftsführer der Firma 'I' sehr wohl geschäftliche Aktivitäten entfaltete und vor allem im November/Dezember 1982 von Hellfried L eine Liegenschaft in Wien-Ottakring mit dem dort etablierten Heurigenlokal 'H***' übernahm und den Heurigenbetrieb bis zu seiner Verhaftung (im April 1983) führte (vgl die zuvor zitierten Aussagen der Zeugen G und L sowie die in der Beilagenmappe zu ON 97 in Bd II erliegenden Urkunden). Die dem Angeklagten in diesem Zusammenhang in der Anklageschrift (ON 111) unter Punkt A V und VI angelasteten Fakten wurden in der Hauptverhandlung (am 2. Februar 1984) gemäß § 57 StPO mit der Begründung ausgeschieden, daß diesbezüglich 'noch keine Spruchreife gegeben war' (vgl Hauptverhandlungsprotokoll S 243 ff/III, Urteil S 262, 284/III, Aktenvermerk S 291/III). Den aufgezeigten Begründungsmängeln kommt deshalb entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil das Erstgericht den Betrugsvorsatz des Angeklagten nicht nur in Ansehung der dem Angeklagten unter Punkt A II in bezug auf Wolfgang G angelasteten (zweiten) Tathandlung (im September 1982), sondern auch hinsichtlich des ihm zu Punkt A III angelasteten betrügerischen Eingehens eines Mietverhältnisses im Wohnhaus der Flora B (gleichfalls Ende September 1982) im wesentlichen auf die - mit den bezeichneten unerörtert gebliebenen Verfahrensergebnissen im Widerspruch stehende - Feststellung gestützt hat, daß die Firma 'I' (auch) in Österreich keine Geschäftstätigkeit entfaltet habe.
Erst nach Klärung der aufgezeigten Tatumstände läßt sich aber verläßlich beurteilen, ob das Tatverhalten des Angeklagten nach den Umständen des Falles geeignet war, eine Täuschung über die Tatsache der Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit zu begründen, ob zwischen seinem Verhalten und dem Irrtum der Getäuschten ein ursächlicher Zusammenhang anzunehmen ist und ob (insbesondere in Ansehung des Faktums A III) der zur Tatbestandsverwirklichung des Betrugs ebenfalls erforderliche Schädigungsvorsatz gegeben war. Die dargelegten Begründungs- und Feststellungsmängel nötigen zur Aufhebung des Urteils in Ansehung der bekämpften Betrugsfakten und zur Anordnung einer Verfahrenserneuerung in erster Instanz. Ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, war sohin schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).
Mit seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
über die Berufung gegen den von der Urteilsaufhebung nicht betroffenen Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche (der CN DN E) hingegen wird gesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs. 3 StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)