OGH 12Os105/13b

OGH12Os105/13b14.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Buchner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald L***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Gabriela L***** sowie die Berufung des Angeklagten Harald L***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 14. Mai 2013, GZ 25 Hv 25/13b-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gabriela L***** wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der dieser Angeklagten angelasteten Betrugshandlungen auch unter § 148 zweiter Fall StGB und demzufolge in dem sie betreffenden Strafausspruch, nicht jedoch in dem von ihr angefochtenen Ausspruch gemäß § 369 Abs 1 StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihrer Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe wird diese Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche beider Angeklagter werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz vorzulegen sein.

Der Angeklagten Gabriela L***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen unbekämpft gebliebenen Schuldspruch des Mitangeklagten Harald L***** enthaltenden - Urteil wurde Gabriela L***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Harald L***** im Zeitraum März 2012 bis 19. April 2012 in M***** nach Abschluss eines Factoringvertrags zwischen der I***** AG und der IV***** L***** am 9. November 2010, mit dem alle nach diesem Datum entstandenen Forderungen der IV***** L***** an die I***** AG unter Bevorschussung kaufweise abgetreten wurden, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Vorlage von im Referat der entscheidenden Tatsachen aufgelisteten 20 Rechnungen an verschiedene Unternehmen, denen keine Forderungen zugrunde lagen, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden (richtig: falscher Beweismittel), zur Überweisung von Vorschüssen im Ausmaß von 80 % der Forderungen der IV***** L*****, somit zu Handlungen verleitet, die die I***** AG an ihrem Vermögen in einem (50.000 Euro übersteigenden) Betrag von 57.852,39 Euro schädigten.

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gabriela L*****.

Rechtliche Beurteilung

Wie bereits die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt, kommt der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), soweit sie eine Begründung für die Urteilsannahme der gewerbsmäßigen Tatbegehung durch die Beschwerdeführerin vermisst, Berechtigung zu:

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen war der Angeklagte Harald L***** Alleininhaber des nicht protokollierten Einzelunternehmens IV***** L***** und die mit ihm verheiratete Beschwerdeführerin Angestellte dieses Betriebs. Die betrügerischen Täuschungshandlungen zum Nachteil der I***** AG erfolgten durch Vorlage (inhaltlich) falscher Rechnungen, denen keinerlei Leistungen, zum Teil auch keine Bestellungen zu Grunde lagen. Den Angeklagten kam es darauf an, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 3 ff). Zur Begründung der Annahme der gewerbsmäßigen Tatbegehung verwies das Gericht auf das Bestreben der Angeklagten, so lange wie möglich ältere Forderungen des Unternehmens zu befriedigen (US 6).

In ihrer Beschwerde weist die Angeklagte Gabriela L***** im Ergebnis zutreffend darauf hin, dass beweiswürdigende Erwägungen, weshalb das Gericht von der Absicht ausging, die Beschwerdeführerin werde sich selbst ein fortlaufendes Einkommen verschaffen, obgleich es feststellte, dass die betrügerisch erlangten Gelder ausschließlich dem Einzelunternehmen ihres Ehemanns zukamen. Die erstgerichtliche Begründung vermag die Annahme gewerbsmäßigen Handelns der Beschwerdeführerin ohne Klärung der Frage, ob die Angeklagte mit dem Begünstigten in einem solchen Maß zu identifizieren ist, dass die dort einfließenden Vermögenswerte wirtschaftlich (auch) ihr selbst zu Gute kamen (vgl Jerabek, WK² StGB § 70 Rz 14), nicht zu tragen.

Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde jedoch keine Berechtigung zu:

Nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394) nimmt die die weitere Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite kritisierende Mängelrüge der Angeklagten, weil sie ihre vom Gericht angenommene, logisch und empirisch einwandfrei aus ihrer Tätigkeit im Unternehmen des Erstangeklagten abgeleitete Kenntnis sämtlicher Umstände im Zusammenhang mit den an die I***** AG versendeten Rechnungen (US 6) übergeht.

Worin ein Widerspruch zwischen der Feststellung, der Erstangeklagte habe die Übersendung der Fakturen an die I***** AG veranlasst, und der Konstatierung, die Beschwerdeführerin habe über Anweisung des Erstangeklagten die Lieferscheine und Rechnungen geschrieben und die Buchhaltung vorbereitet, bestehen sollte, bleibt unerfindlich. Dieser Einwand ist demzufolge einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich.

Entgegen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) sind dem Urteil die erforderlichen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite in Ansehung der unrechtmäßigen Bereicherung bei vernetzter Betrachtung der gesamten Entscheidungsgründe und des zur Verdeutlichung heranzuziehenden Referats der entscheidenden Tatsachen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19; RIS-Justiz RS0117228), womit die Nichtigkeitsbeschwerde den Anfechtungsrahmen des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes verlässt (RIS-Justiz RS0099775).

Das im Ergebnis einen entschuldigenden Notstand behauptende Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei mit dem Entlassungsgrund des § 27 Angestelltengesetz bedroht gewesen (inhaltlich Z 9 lit b), bleibt ohne konkreten Verweis auf diese Behauptung indizierende Verfahrensergebnisse (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 601).

Das Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gabriela L***** bereits bei nichtöffentlicher Beratung in der rechtlichen Unterstellung der ihr angelasteten Betrugshandlungen auch unter § 148 zweiter Fall StGB und demzufolge in dem diese Angeklagte betreffenden Strafausspruch, nicht jedoch in dem von der Angeklagten angefochtenen Ausspruch gemäß § 369 Abs 1 StPO aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit ihrer Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe war die Angeklagte Gabriela L***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zur Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche der Angeklagten Harald L***** und Gabriela L***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz vorzulegen sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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