European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120NS00030.21I.0429.000
Spruch:
Von der Entscheidung über die Berufung des Kammeranwalts wegen Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 14. September 2020, GZ D 26/11, 26/18‑52, sowie über den Antrag des Disziplinarbeschuldigten auf Unterbrechung des Disziplinarverfahrens ist
1) Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs ***** ausgeschlossen, aber
2) Anwaltsrichter ***** nicht ausgeschlossen.
An die Stelle des ausgeschlossenen Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs ***** tritt Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs *****.
Gründe:
[1] Der Oberste Gerichtshof hat zu 28 Ds 1/21t über das Rechtsmittel des Kammeranwalts sowie den Antrag des Disziplinarbeschuldigten, jeweils wie im Spruch dargestellt, zu entscheiden.
[2] Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs ***** ist Vorsitzender des hiezu berufenen 28. Senats, dem auch der Anwaltsrichter ***** angehört.
[3] Den Antrag auf Ablehnung begründete der Disziplinarbeschuldigte in Ansehung des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs ***** damit, dass der Genannte in dem mit dem hier gegenständlichen Disziplinarverfahren in Zusammenhang stehenden Strafverfahren als Vorsitzender an der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten ***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. September 2018, GZ 115 Hv 112/14d‑287, mitgewirkt habe.
[4] Zum Anwaltsrichter ***** führte er aus, dieser sei im gegen ihn geführten Vorverfahren AZ D 11/17 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Anzeiger gewesen.
[5] Gegenstand des genannten Disziplinarverfahrens war der Vorwurf, dass der Disziplinarbeschuldigte Honorarforderungen des ***** trotz mehrfacher Mahnungen nicht beglichen habe.
[6] In seiner dazu vom Obersten Gerichtshof gemäß § 183 Abs 3 Geo eingeholten Stellungnahme erklärte der Anwaltsrichter *****, er habe lediglich im Jänner 2017 die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich davon verständigt, dass er beabsichtigte, seine damals mehr als ein Jahr überfälligen und offenen Substitutionskosten gegen den Disziplinarbeschuldigten klageweise geltend zu machen. Dies sei jedoch letztlich unterblieben, weil der Disziplinarbeschuldigte den entsprechenden Betrag im Juli 2017 beglichen habe, worüber die Rechtsanwaltskammer informiert worden sei.
Rechtliche Beurteilung
[7] Gemäß § 64 DSt iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, beim verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0097086 [T5]; Lässig WK‑StPO § 43 Rz 10 ff mwN).
[8] Dies ist angesichts der dargelegten Konstellation zu Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs ***** zu bejahen (vgl RIS-Justiz RS0096914 [T26, T27]), nicht hingegen in Ansehung des Anwaltsrichters *****.
[9] Anstelle des Ausgeschlossenen tritt aufgrund der laufenden Vertretungsregelung des Obersten Gerichtshofs der im Tenor Genannte (§ 77 Abs 3 DSt iVm § 45 Abs 2 StPO).
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