European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120NS00028.24Z.0426.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs * ist in der Disziplinarsache des * von der Behandlung der Anzeige des Bundesministeriums für Justiz wegen Dienstpflichtverletzung gemäß § 57 Abs 1 und 3 RStDG ausgeschlossen.
An seine Stelle tritt Hofrat des Obersten Gerichtshofs *.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
[1] Mit Eingabe vom 6. März 2024 erstattete das Bundesministerium für Justiz gegen den * Anzeige wegen des Verdachts einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 57 Abs 1 und 3 RStDG.
[2] Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs * ist Mitglied des für die Behandlung dieser Anzeige angerufenen Disziplinarsenats 2 des Obersten Gerichtshofs.
[3] Er zeigte seine allfällige Ausgeschlossenheit unter Hinweis darauf an, dass es in den Jahren 1995 bis 1999 im damals bestehenden, gemeinsamen Arbeitsumfeld zu regelmäßigen, auch privaten freundschaftlichen Kontakten zum Angezeigten gekommen sei. Diese Kontakte seien danach loser geworden, wobei das freundschaftliche Verhältnis über die Jahre aufrecht geblieben sei. Bis zur Pensionierung des Angezeigten (im Jahr 2023) habe er bei Treffen im dienstlichen Umfeld, aber auch bei zufälligen Begegnungen regelmäßig Gespräche über private und dienstliche Angelegenheiten mit ihm geführt. Er gab bekannt, sich auch subjektiv befangen zu fühlen.
[4] Nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 115 Abs 2 erster Satz RStDG ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet seien, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0097086 [T5]; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 10 f mwN).
[5] Bei der Beurteilung, ob persönliche Beziehungen eines Richters zu einer Prozesspartei aus § 43 Abs 1 Z 3 StPO beachtlich sind, kommt bei der (objektiven) Prüfung des Anscheins einer Befangenheit der Dauer und der Intensität des Naheverhältnisses maßgebliche Bedeutung zu (vgl RIS‑Justiz RS0096914; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 11 mwN; 14 Os 41/19i).
[6] Nach dem Inhalt der Ausgeschlossenheitsanzeige besteht ein seit Jahrzehnten aufrecht erhaltenes freundschaftliches Verhältnis zwischen Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs * und dem Angezeigten.
[7] Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs * ist daher von der Behandlung der im Tenor genannten Disziplinaranzeige ausgeschlossen.
[8] An seine Stelle tritt aufgrund der laufenden Vertretungsregelung des Obersten Gerichtshofs der im Tenor Genannte (§ 115 Abs 2 RStDG iVm § 45 Abs 2 StPO).
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