OGH 11Os99/92

OGH11Os99/9213.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Rzeszut, Dr.Hager und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hadler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bruno H***** wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 24.Juni 1992, GZ 29 Vr 1003/92-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 21.August 1951 geborene Bruno H***** wurde des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB (Punkt 1. des Urteilssatzes) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB (2.) schuldig erkannt. Darnach hat er (1.) am 27.September 1991 in Vils als Gendarmeriebeamter mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf vollständige Abführung von inkassierten Strafgeldern zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er von Robert S*****, der als Fahrzeuglenker die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und die Fahrzeugpapiere nicht mitgeführt hatte, einen Geldbetrag von 80 DM einhob, die Organstrafverfügung aber über 15 DM ausstellte und auch nur 15 DM ablieferte und

(2.) in der Nacht zum 2.Dezember 1991 in Breitenwang die Agnes H***** durch Schläge am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig im Urteil detailliert angeführte Verletzungen bewirkt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft seine Schuldsprüche mit einer (allein) auf § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die den Schuldspruch tragenden erstgerichtlichen Feststellungen gründen sich (in umfassender Würdigung der Verfahrensergbnisse - § 258 Abs. 2 StPO) zu Punkt 1. des Urteilssatzes im wesentlichen auf die auf Grund des in der Hauptverhandlung unmittelbar gewonnenen persönlichen Eindrucks als unbedenklich und glaubwürdig erachteten Aussagen der Zeugen Robert und Helga S*****, mit deren Inhalt sich die Tatrichter eingehend auseinandersetzten und auf deren Grundlage sie weder der leugnenden Verantwortung des Angeklagten noch den entlastenden Angaben des Zeugen Manfred H***** folgten. Das Erstgericht stützte sich ferner zu Punkt 2. des Urteilssatzes auf die Aussage des Zeugen Dr.Rudolf P*****, wonach Agnes H***** den Angeklagten als Verursacher der Verletzungen genannt habe, und die von ihm ausgestellte Verletzungsanzeige; die auch dazu leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers erachtete das Erstgericht (abermals) als nicht stichhältig.

Die dagegen ins Treffen geführten Argumente der Tatsachenrüge sind weder einzeln noch im Zusammenhalt geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Der Beschwerde zuwider ist der - die Tatrichter nicht bindende - Aktenvermerk des Untersuchungsrichters, es handle sich bei den Zeugen Robert und Elsa S***** um "biedere Schwaben", er halte ihre Aussagen für wahr, mangels Einflusses auf den Umfang des Beweisverfahrens (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 78-87 zu § 281 Abs 1 Z 4) nicht als Akt vorgreifender Beweiswürdigung anzusehen.

Als nicht stichhältig erweist sich ferner der (nominell auf Z 5 a, inhaltlich auf Z 5 gestützte) Einwand, die Feststellung des Erstgerichts, die Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Zeugen S***** sei mit 115 kmh gemessen worden, sei aktenwidrig. Die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Argumentation der Tatrichter, wonach die Deposition des Zeugen Robert S***** mit den vom Gendarmeriebeamten N***** verfaßten Aufzeichnungen in Einklang gebracht und (auch) von einer Fahrgeschwindigkeit des Zeugen von 115 kmh ausgegangen werden könne, wodurch die Höhe der kassierten Geldstrafe erklärbar werde, kann - fallbezogen weder den Inhalt einer Aussage noch eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergebend - unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden.

Entgegen der Beschwerdeauffassung wurden zum Urteilsfaktum 2. die Verletzungen der Agnes H***** vom Zeugen Dr.Rudolf P***** nicht dem Angeklagten als Verursacher zugeordnet. Dieser Zeuge beschrieb vielmehr im Vorverfahren (ON 9) die unter Heranziehung seines spezifischen Fachwissens in bezug auf die Verletzungen gemachten Wahrnehmungen und gab im übrigen lediglich die dazu in zeitlichem Abstand von zumindest einem Monat abgegebenen Erklärungen der Ehefrau des Beschwerdeführers wieder, sie sei von diesem mißhandelt (S 47), aber "seit dieser Sache im Dezember vollkommen in Ruhe" gelassen worden (S 48).

Aus der Feststellung, das Beweisverfahren habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die in Rede stehenden Verletzungen der Agnes H***** von einer anderen Person als dem Angeklagten zugefügt worden sein könnten, ist - als die Beweiswürdigung bloß abrundend - die behauptete Umkehr der Beweislast nicht ableitbar.

Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermag der Beschwerdeführer sohin mit seiner Tatsachenrüge nicht zu erwecken.

Die übrigen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich, indem sie versuchen, einerseits die Beweiskraft der vom Erstgericht ausdrücklich als unglaubwürdig abgelehnten leugnenden Verantwortung des Angeklagten aufzuwerten, andererseits die Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugen Robert und Elsa S***** sowie Dr.Rudolf P***** zu erschüttern, überhaupt nur in einer Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile nach wie vor unzulässigen Schuldberufung. In diesem Umfang verfehlt die Tatsachenrüge somit eine prozeßordnungsgemäße Ausführung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm mit § 285 a Z 2 StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Innsbruck zu befinden haben (§ 285 i StPO).

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