OGH 11Os99/86

OGH11Os99/862.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.September 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Riedel als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz S*** wegen des Finanzvergehens des Schmuggels unter erschwerenden Umständen nach den §§ 35 Abs. 1 und 38 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und die Berufung des Zollamtes Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.März 1986, GZ 6 e Vr 12.043/85-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, des Vertreters des Zollamtes Wien Mag. Veit Podlesnigg, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Raabe zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die vom Erstgericht verhängte Geldstrafe auf 150.000 (einhundertfünfzigtausend) Schilling erhöht wird.

Im übrigen wir der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Oktober 1950 geborene Verkaufsleiter Heinz S*** des Finanzvergehens des Schmuggels unter erschwerenden Umständen (Gewerbsmäßigkeit) nach den §§ 35 Abs. 1 und 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt, weil er zu verschiedenen Zeitpunkten des Jahres 1982 in Wien in insgesamt 13 Fällen eingangsabgabepflichtige Waren, welche mit Versandschein T-2 des Zollamtes Neapel im gemeinschaftlichen Versandverfahren vom Zollamt Wien angewiesen worden waren, vorsätzlich unter Verkürzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen hatte, indem er sie unter Verletzung des vom Zollamt Neapel angelegten Zollverschlusses in den freien Verkehr brachte, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung dieses Schmuggels eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und wobei die Summe der entzogenen Eingangsabgaben (strafbestimmender Wertbetrag) insgesamt 293.701 S beträgt. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 10 (der Sache nach Z 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 13. März 1986 gestellten Antrages auf "Aussetzung" des Verfahrens zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof, "ob Art. 2 (gemeint: II) der Novelle zum Finanzstrafgesetz (gemeint die Finanzstrafgesetznovelle 1985, BGBl. Nr. 571/85) dem Gleichheitsgrundsatz entspricht hinsichtlich der Wertgrenze von 200.000 S bzw. 300.000 S (gemeint wohl: 500.000 S)".

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zu erwidern, daß entgegen der Meinung des Beschwerdeführers dieser Antrag schon deshalb zu Recht der Abweisung verfiel, weil eine "Aussetzung" des vor einem Strafgericht erster Instanz anhängigen Verfahrens zum erwähnten Zweck nicht vorgesehen ist, zumal gemäß Art. 89 Abs. 2 und 140 Abs. 1 B-VG, soweit es um ordentliche Gerichte geht, nur der Oberste Gerichtshof oder ein zur Entscheidung in zweiter Instanz berufenes Gericht legitimiert ist, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Bundesgesetzes wie der Finanzstrafgesetznovelle 1985 zu beantragen, nicht aber (auch) ein zur Entscheidung in erster Instanz zuständiges Gericht (dies im Unterschied zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen, welchen Antrag gemäß Art. 89 Abs. 2, 139 Abs. 1 B-VG jedes Gericht stellen kann). Im übrigen vermag der Oberste Gerichtshof die vom Beschwerdeführer behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu teilen.

Die Verfahrensrüge erweist sich demnach als verfehlt. Es kann aber auch der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, das ihm angelastete strafbare Verhalten stelle - eben wegen Änderung der sachlichen Zuständigkeit nach dem § 53 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. a FinStrG igF (Erhöhung des maßgebenden strafbestimmenden Wertbetrages von 200.000 S auf 500.000 S) - bloß eine von der Finanzbehörde zu ahndende Verwaltungsübertretung dar (womit der Angeklagte der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO und nicht jenen der Z 10 dieser Gesetzesstelle releviert). Denn nach der (aus der Sicht dieses Rechtsfalls verfassungsrechtlich unbedenklichen) Bestimmung des Art. II § 3 Abs. 2 der Finanzstrafgesetznovelle 1985 haben die Änderungen der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte und Finanzstrafbehörden durch dieses Bundesgesetz auf die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens (1.Jänner 1986 laut Art. II § 1 leg.cit.) bereits anhängigen Strafverfahren - wie hier gegeben - keinen Einfluß.

Unabhängig davon ist die gerichtliche Zuständigkeit zur Aburteilung des dem Angeklagten vorgeworfenen Finanzvergehens schon deshalb gegeben, weil sie sich im Hinblick auf die gewerbsmäßige Begehung der Tat, welche einen "erschwerenden Umstand" nach dem § 38 FinStrG bildet, auch auf die Bestimmung des § 53 Abs. 1 lit. a FinStrG gründet, die in diesem Inhalt durch die Finanzstrafgesetznovelle 1985 nicht geändert wurde (vgl. Art. I Punkt 10 der Finanzstrafgesetznovelle 1985).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG unter Anwendung des § 21 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von 60.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend nichts, als mildernd das volle und reumütige Geständnis sowie die finanzbehördliche Unbescholtenheit.

Mit seiner Berufung strebt das Zollamt eine Erhöhung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Wohl wurden die Strafzumessungsgründe in erster Instanz im wesentlichen richtig und auch vollständig erfaßt. Doch ist der Berufungswerberin beizupflichten, daß bei einer Strafobergrenze von 1,174.804 S die vom Schöffengericht verhängte Sanktion weder dem Unrechtsgehalt der Taten noch der Schwere der Schuld des Täters gerecht wird. Es war daher die Geldstrafe entsprechend anzuheben. An der in ausreichender Höhe bemessenen Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch eine Korrektur nicht erforderlich.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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