Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roland A wird verworfen, seiner Berufung nicht Folge gegeben.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird in Ansehung des Angeklagten Werner B dahin Folge gegeben, daß der Ausspruch über die Anwendung des § 43 Abs. 2 StGB aus dem Urteil ausgeschaltet wird. Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Roland A und Werner B des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG sowie überdies Roland A des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG und Werner B des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 1 SuchtgiftG schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen sowie ferner gemäß dem § 12 Abs. 4 SuchtgiftG je zu Verfallsersatzstrafen, und zwar Roland A in der Höhe von 87.000 S, im Nichteinbringungsfall vier Monaten Freiheitsstrafe, und Werner B in der Höhe von 37.500 S, im Nichteinbringungsfall zwei Monaten Freiheitsstrafe, verurteilt. Den Urteilsfeststellungen nach hat Werner B im September 1981 zwei türkische Staatsangehörige mit der Einfuhr von 70 Gramm Heroin aus der Schweiz nach Österreich beauftragt, diese Menge schließlich tatsächlich in Österreich übernommen und an Roland A weitergegeben. Dieser veräußerte hievon im September und Oktober 1981 insgesamt 50 Gramm in Teilmengen von dreimal zehn Gramm und ca sechs Gramm an einen 'Dealer' des Namens Rudolf (Rudi) sowie zweimal je sieben Gramm an einen Bekannten desselben zum Gesamtpreis von 86.000 S. Die restlichen 20 Gramm Heroin konsumierte Roland A noch im September 1981 selbst.
Ende September und im Oktober 1981 erhielt der Angeklagte Roland A von einem der beiden erwähnten Türken in Lustenau in Teilmengen von 20 Gramm und dreimal je zehn Gramm insgesamt 50 Gramm Heroin, wovon er 33 Gramm in Teilmengen von 16 Gramm und acht Gramm zum Grammpreis von 2.500 S sowie zu nicht eigens angeführten (offenbar aber ebenfalls 2.500 S pro Gramm betragenden) Preisen zwei Gramm (wieder an den Dealer Rudolf) und sieben Gramm (an diesen und einen weiteren Unbekannten) veräußerte und den Rest von 17 Gramm selbst verbrauchte.
Im Schuldspruch liegt dem Angeklagten Werner B die Bestimmung eines der beiden Türken zur Einfuhr von 50
Gramm Heroin nach Österreich (unter gleichzeitiger Ausfuhr aus der Schweiz) sowie die überlassung dieser Menge an Roland A zwecks Weiterveräußerung an 'Dealer und Drogenkonsumenten' (Punkt A II des Schuldspruches) und dem Angeklagten Roland A das Inverkehrsetzen derselben Suchtgiftmenge und weiterer 33 Gramm Heroin, die er von einem der beiden Türken gesondert erhalten hatte (Punkt A I des Schuldspruches) je als Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG, Werner B zudem die unberechtigte überlassung der restlichen 20 Gramm Heroin, welche in seinem Auftrag aus der Schweiz eingeführt worden waren, an Roland A als Vergehen nach dem § 16 Abs. 1 Z 1 SuchtgiftG (Punkt C des Schuldspruches) und dem letztgenannten Angeklagten wiederum der unberechtigte Besitz dieser Suchtgiftmenge und der weiteren 17 Gramm Heroin, also insgesamt 37 Gramm Heroin, das er selbst verbrauchte, als Vergehen nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG (Punkt B des Schuldspruches) zur Last. Als Wert des Suchtgiftes nahm das Erstgericht den Einkaufspreis von 1.500 S pro Gramm Heroin an und legte diesen den Aussprüchen über den Verfallsersatz zugrunde.
Dieses Urteil wird vom Angeklagten Roland A mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und von der Staatsanwaltschaft mit Berufung in Ansehung beider Angeklagter bekämpft. Aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO rügt der Angeklagte A die Ablehnung des von seinem Verteidiger zum Beweise dafür, daß er 'erheblich drogenabhängig, auch nach Verbüßung einer einjährigen Haftstrafe schwer drogenabhängig gewesen sei und Drogen konsumiert habe', gestellten Antrages auf Vernehmung eines sachverständigen Zeugen sowie des 'über die Marktpreise der Morphinpräparate oder Opiumpräparate zum Beweise dafür, daß der Handelspreis dieser Präparate pro Gramm für Äthylmorphin bei 52,10 S und für Pantopon bei 56,50 S liege', begehrten Sachverständigenbeweises (S 353 f d.A).
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge versagt.
Die Frage einer schweren Drogenabhängigkeit des Beschwerdeführers ist für dessen Schuld, die rechtliche Subsumtion der Taten und den anzuwendenden Strafsatz nicht entscheidend. In seiner Nichtigkeitsbeschwerde spricht er selbst nur von einer durch die Drogenabhängigkeit angeblich bewirkten Herabsetzung seiner Diskretions- und Dispositionsfähigkeit.
Auch eine Beweiserhebung über Marktpreise pharmazeutischer Morphinund Opiumpräparate war überflüssig. Denn Heroin (Diacetylmorphin) stellt kein pharmazeutisches Produkt dar und ist im legalen Handel nicht erhältlich. Sein Wert kann daher nur nach dem Schwarzmarktpreis bestimmt werden (vgl auch Mayerhofer-Rieder, Nebengesetze, 2. Halbband, E Nr 57 zu § 6 /alt/ SuchtgiftG). Im vorliegenden Fall wäre aber für den Verfallsersatz gemäß dem § 12 Abs. 4
SuchtgiftG der vom Beschwerdeführer tatsächlich erzielte und nicht mehr vorhandene Erlös maßgeblich gewesen. Wie erwähnt, hat indes das Erstgericht - zum Vorteil der beiden Angeklagten - den Verfallsersatz auf der Basis des niedrigeren Einkaufspreises von 1.500 S pro Gramm berechnet.
Gleichermaßen wie die Verfahrensrüge geht die Mängelrüge fehl. Der Beschwerde zuwiderthatte sich nämlich das Erstgericht mit der Darstellung des Angeklagten A, er nehme an, daß die Suchtgiftmengen zu ca 50 % (mit Fremdstoffen) 'gestreckt' gewesen seien (S 351 d.A) nicht zu befassen.
Selbst wenn es sich nämlich, wie dies die Beschwerde vermeint, bei dem in Verkehr gesetzten Suchtgift um Heroin in bloß 50 %iger Konzentration gehandelt haben sollte, würde dies (wegen des die vorgenannte Grenzmenge von 0,5 Gramm noch immer um mehr als das 80fache übersteigenden Drogengehaltes) an der damit verbundenen abstrakten Gemeingefahr im Sinn des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG nichts ändern. Für das Delikt nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG ist aber eine bestimmte Suchtgiftquantität oder Suchtgiftkonzentration nicht Voraussetzung.
Von den auf die Nichtigkeitsgründe der Z 10 und 11
des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrügen ist die erstere
größtenteils, die letztere zur Gänze nicht dem Gesetz gemäß
ausgeführt.
Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10
StPO macht der Beschwerdeführer geltend, es fehle die Feststellung, daß die 83 Gramm Heroin so in Verkehr gesetzt wurden, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte. Im Urteil sei vielmehr der Abnehmerkreis 'eindeutig oder zumindest in erheblicher Genauigkeit' abzugrenzen.
Seiner Verantwortung nach habe (der Dealer) Rudolf die Käufe zum Eigenkonsum getätigt, und auch sein 'Kollege' sei süchtig gewesen. Der Beschwerdeansicht zufolge müsse zumindest im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers angenommen werden, daß ein erheblicher Teil der weiterverkauften Menge des Suchtgiftes an diese zwei Personen zum Eigenkonsum bestimmt gewesen sei. Somit fehle es am Erfordernis einer breiten Streuung der Suchtgiftweitergabe an einen unbestimmten Abnehmerkreis von mindestens 3o bis 50 Personen.
Mit diesem Vorbringen hält der Beschwerdeführer nicht, wie dies aber für die Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes Voraussetzung wäre, an dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt fest. Er übergeht vielmehr die ausdrücklichen Urteilsfeststellungen über den vom Beschwerdeführer mit entsprechendem (Gafährdungs-)Vorsatz vorgenommenen Verkauf der zur Herbeiführung einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen geeigneten Suchtgiftgesamtmenge von 83 Gramm an sogenannte 'Dealer' (S 364 d.A).
Angesichts der (mit Ausnahme des Faktums A I 4) beträchtlichen, selbst bei einer Konzentration von nur 50 % das 6- bis 16-fache der Grenzmenge von 0,5 Gramm Heroin, welche für die Herbeiführung einer Süchtigkeit von 30 bis 50 Personen ausreichend ist, bedeutenden Teilmengen des zu wiederholten Malen ersichtlich in einer den Additionseffekt umfassenden Handlungseinheit (vgl EvBl 1980/20 ua) in Verkehr gesetzten Suchtgiftes ist diese Feststellung für die Zurechnung des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG voll ausreichend. Genug daran, daß sowohl die einzelnen, als auch die Gesamtmengen des vom Beschwerdeführer veräußerten Suchtgiftes objektiv eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen in größerer Ausdehnung bedeutete (RZ 1979/73 ua) und der Beschwerdeführer - zumal für einen sogenannten Dealer der teilweise Weiterverkauf von Suchtgift, um aus dem Gewinn den eigenen Bedarf finanzieren zu können, charakteristisch und geradezu begriffswesentlich ist - weder in der Lage noch willens war, die bei einem solchen Inverkehrsetzen an Dealer naturgemäß gegebene Gemeingefahr einer weitgestreuten Verbreitung des Suchtgiftes an einen unbestimmten Personenkreis zu begrenzen.
Ob die sodann von den Dealern weiter veräußerten, nicht bekannten Mengen etwa 30 bis 50 Personen erreicht haben könnten, ist entgegen dem Einwand der Beschwerde unerheblich. Denn es kommt zum einen für die Tatbildlichkeit nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG nicht auf eine konkrete, sondern nur auf eine abstrakte Gemeingefahr an. Zum anderen ist bei Beurteilung der abstrakten Gemeingefahr auf das Tatverhalten des Beschwerdeführers, nicht aber der Dealer abzustellen, sodaß es unerheblich ist, welche Mengen diese letztlich wiederum tatsächlich weiterveräußert haben.
Sohin hat das Erstgericht auf Grund ausreichender Feststellungen das Verhalten des Beschwerdeführers laut dem Punkt A I des Schuldspruches rechtsrichtig dem Tatbild des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unterstellt.
Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 11 StPO erblickt der Beschwerdeführer in der Berechnung des Verfallsersatzes in der Höhe von 87.000 S, weil seiner Berechnung nach die Suchtgiftgesamtmenge einen Schwarzmarktwert von 120.000 S repräsentiere und nach Abzug des über den Mitangeklagten B verhängten Verfallsersatzes von 37.500 S den Beschwerdeführer nur ein solcher von 82.500 S treffe. Auch hier geht der Beschwerdeführer nicht von den Urteilsfeststellungen aus. Auf der wiederholt erwähnten, vom Erstgericht angenommenen Basis von 1.500 S pro Gramm errechnet sich ein Gesamtwert für insgesamt 83 Gramm in der Höhe von 124.500 S, wovon nach Abzug des der Hälfte der Menge von 50 Gramm (Gesamtwert 75.000 S), für welche das Erstgericht eine Aufteilung im Verhältnis 1 : 1 zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitangeklagten B vornahm, entsprechenden diesem Mitangeklagten auferlegten Verfallsersatzbetrages von 37.500 S der Betrag von 87.000 S als Verfallsersatz für den Beschwerdeführer verbleibt. Daß dem Erstgericht, das in einem anderen Berechnungsmodus die den Beschwerdeführer allein betreffende Menge von 33 Gramm Heroin bewertete, hiebei offensichtlich ein Fehler (Urteilsseite 9: 50.000 S statt richtig 49.500 S) unterlief, ändert nichts an der rechnerischen Richtigkeit des Gesamtbetrages des Verfallsersatzes in der Höhe von 87.000 S.
Aus den genannten Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte - neben den bereits erwähnten Wertersatzstrafen - gemäß dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unter Anwendung des § 28 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Roland A im Ausmaß von zweieinhalb Jahren und über Werner B im Ausmaß von fünfzehn Monaten. Die über Werner B verhängte Freiheitsstrafe wurde gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Bei der Strafbemessung wurden als erschwerend bei beiden Angeklagten die große Suchtgiftmenge, beim Angeklagten A überdies die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, der überaus rasche Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd bei beiden Angeklagten das volle Geständnis sowie überdies beim Angeklagten A der Umstand gewertet, daß ein Hauptzweck seiner Verkaufstätigkeit die Beschaffung von Mitteln für den eigenen Verbrauch war, beim Angeklagten B der bisher ordentliche Lebenswandel.
Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte A eine Ermäßigung der Freiheitsstrafe, die Staatsanwaltschaft aber bei beiden Angeklagten eine Erhöhung der Freiheitsstrafen und die Ausschaltung der dem Angeklagten B gewährten bedingten Strafnachsicht an. Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt teilweise Berechtigung zu.
Das Erstgericht führte die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und auch vollständig an. Neue für die Strafbemessung relevante Gesichtspunkte wurden von keiner Seite vorgebracht. Das Ausmaß der Freiheitsstrafen entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten. Zu den begehrten Veränderungen besteht daher in dieser Hinsicht kein Anlaß.
Dagegen ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten, daß insbesondere aus Gründen der Generalprävention eine bedingte Nachsicht der über den aus reiner Gewinnsucht handelnden (S 362 d.A) Angeklagten B verhängten Freiheitsstrafe nicht gerechtfertigt erscheint. Insoweit war daher der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben und somit insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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