European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00096.19F.0903.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die (teils als Beschwerde bezeichneten) Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten Yovanny C***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25. Juli 2018, GZ 8 Hv 31/18z‑72, wurden Yovanny C***** und Brayan C***** je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 12 zweiter Fall StGB (I/1) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I/2), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (II) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (III) schuldig erkannt.
Danach haben sie „in Graz und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift
I. in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
1. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter, teils als Bestimmungstäter iSd § 12 zweiter Fall StGB, eingeführt, indem sie im Zeitraum von Februar 2016 bis 9. August 2017 im Zuge einer Vielzahl von Fahrten zumindest 202.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 12 % (24.240 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz; 1.212 Grenzmengen), 529 MDMA-hältige Ecstasy-Tabletten sowie 62 Gramm Kokain nach Österreich importierten, wobei sie das Suchtgift teils bei sich trugen und im Fahrzeug der Kurierinnen Michaela M***** und Lubomira V***** von Tschechien nach Graz reisten und teils Michaela M***** dazu bestimmten, das Suchtgift über die tschechische Grenze und bis zum Übergabeort in Graz zu bringen;
2. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter anderen überlassen, indem sie zumindest 200.914 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 12 % (24.109 Gramm Delta‑9‑THC in Reinsubstanz; 1.205 Grenzmengen) von Ivo L***** bzw Michaela M***** übernahmen und gewinnbringend an ihre Abnehmer weitergaben;
wobei ihr Vorsatz jeweils auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum sowie den daran geknüpften Additionseffekt und die Überschreitung des 25‑fachen der Grenzmenge des § 28b SMG mitumfasste;
II. in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem sie am 24. August 2017 1.086,2 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von 15,6 % (169 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz; 8,4 Grenzmengen) zum Zwecke des gewinnbringenden Verkaufs hinter der Küchenblende in der Wohnung P*****gasse aufbewahrten;
III. ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, indem sie zwischen spätestens Frühjahr 2016 und ihrer Festnahme am 24. August 2017 unbekannte Mengen an Delta-9-THC-hältigem Cannabiskraut, Yovanny C***** auch an Kokain, bis zum Eigenkonsum innehatten“.
Mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 29. Jänner 2019, GZ 11 Os 132/18y‑4, wurden
dieses Urteil, das im Übrigen unberührt blieb, in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Brayan C***** sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden dieses Angeklagten und des Yovanny C***** hinsichtlich Brayan C***** in den Schuldsprüchen I bis III und hinsichtlich Yovanny C***** im Schuldspruch I/1 im Umfang der Einfuhr von 4.000 Gramm Cannabiskraut nachts zum 8. Februar 2016 und demzufolge in der zu I/1 gebildeten Subsumtionseinheit nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie im Schuldspruch I/2 im Umfang der Überlassung von 4.000 Gramm Cannabiskraut und demzufolge in der zu I/2 gebildeten Subsumtionseinheit nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie in den Schuldsprüchen II und III, demgemäß in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) sowie im beide Angeklagten betreffenden Ausspruch des Verfalls und im Brayan C***** betreffenden Konfiskationserkenntnis und
die Beschlüsse auf Widerruf bedingter Strafnachsichten aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen. Im Übrigen wurde die Nichtigkeitsbeschwerde des Yovanny C***** zurückgewiesen, sodass der Schuldspruch I/1 und 2 im unberührt gebliebenen Teil in Rechtskraft erwuchs.
Soweit im nunmehrigen Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Yovanny C***** mit dem nun angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG, 12 zweiter Fall StGB (I/1) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I/2) sowie jeweils mehrerer („die“ – US 3) Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (III) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und Abs 2 SMG schuldig erkannt, wobei das Erstgericht verfehlt (aber bloß deklarativ – vgl US 3 „unter Bedachtnahme“, US 8, 11) den im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch I/1 und 2 (wie auch das Einziehungserkenntnis gemäß § 34 SMG) wiederholte (vgl RIS‑Justiz RS0100041, RS0098685; Lendl , WK‑StPO § 260 Rz 33; Ratz , WK‑StPO § 289 Rz 12, § 293 Rz 6).
Darüber hinaus hat Yovanny C***** nach der nun angefochtenen Entscheidung gemeinsam mit Brayan C***** in Graz und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift
III. in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem sie am 24. August 2017 1.086,2 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von 15,6 % (169 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz; 8,4 Grenzmengen) zum Zwecke des gewinnbringenden Verkaufs hinter der Küchenblende in der Wohnung P*****gasse aufbewahrten;
IV. ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, indem sie zwischen spätestens Frühjahr 2016 und ihrer Festnahme am 24. August 2017 unbekannte Mengen an Delta-9-THC-hältigem Cannabiskraut, Yovanny C***** auch an Kokain, bis zum Eigenkonsum innehatten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9“, „9a“, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Yovanny C*****.
Soweit sich die Rüge nominell aus Z 5, 5a, „9“, „9a“, und 10 des § 281 Abs 1 StPO zum weit überwiegenden Teil gegen die nach dem ersten Rechtsgang in Teilrechtskraft erwachsenen Schuldsprüche I/1 und 2 wendet, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung.
Weshalb Feststellungen zur Menge des Eigenkonsums laut Schuldspruch IV (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) für eine „rechtliche Qualifikation“ erforderlich gewesen sein sollten, legt die Rüge nicht dar (vgl RIS‑Justiz RS0116565).
Der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider findet der bei Yovanny C***** gemäß Abs 3 des § 20 StGB (vgl US 23) für verfallen erklärte Geldbetrag (in Höhe von 590.747 Euro) in den nachvollziehbar begründeten (US 21) Urteilsannahmen zum erzielten „Verkaufserlös“ (US 16, 23) Deckung ( Schwaighofer in WK 2 SMG vor §§ 27–40 Rz 66). Dass der Verfall „rechnerisch unrichtig“ sei, weil „die Verminderung des angenommenen Gewinns aufgrund von Anschaffungskosten“ unterlassen worden sei, behauptet die Rüge ohne zu erklären, weshalb dies im Hinblick auf das maßgebliche Bruttoprinzip ( Fuchs/Tipold in WK 2 StGB Vorbem §§ 19a–20c Rz 13; Leukauf/Steininger/Stricker , StGB 4 § 20 Rz 4) geboten gewesen wäre. Mit dem Hinweis auf die Beschäftigungslosigkeit des Angeklagten wird kein Fehler bei der Ermessensentscheidung ( Fuchs/Tipold , WK‑StPO § 443 Rz 57) angesprochen, ob nach § 20a Abs 3 StGB der Verfall außer Verhältnis zum Verfahrensaufwand steht (vgl Fuchs/Tipold in WK 2 StGB § 20a Rz 33 ff), vielmehr ein Berufungsvorbringen erstattet.
Soweit der Rechtsmittelantrag auf gänzliche Urteilsaufhebung abzielt, das Urteil jedoch inhaltlich im Schuldspruch III (ausdrücklich) nicht angefochten wurde, blieb die Nichtigkeitsbeschwerde mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (auch soweit sie sich als Beschwerde bezeichnet gegen den Ausspruch des Verfalls richten) und die Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht den – die Angeklagten Yovanny C***** und Brayan C***** gleichermaßen betreffenden – im Schuldspruch III umschriebenen Sachverhalt rechtsirrig unter mehrere (US 3 – statt richtig: ein) Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG subsumiert hat (RIS‑Justiz RS0119836, RS0128234). Diese Gesetzesverletzung wirkte sich im konkreten Fall nicht nachteilig iSd § 290 Abs 1 StPO aus, weil dieser Umstand (wie im Übrigen auch das mehrfache Überschreiten der Grenzmenge) bei der Strafbemessung (US 22 ff) nicht als erschwerend angelastet wurde (RIS‑Justiz RS0114927 [insbes T18]). Nach Maßgabe dieser Klarstellung entfällt eine Bindung des Oberlandesgerichts an die fehlerhafte Subsumtion im Berufungsverfahren (RIS‑Justiz RS0118870).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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