OGH 11Os95/08t

OGH11Os95/08t19.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas N***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 18. April 2008, GZ 38 Hv 14/08p-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas N***** des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (1), des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (2) und des Vergehens (richtig: der Vergehen) des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (zu ergänzen: Z 1) StGB (3 - im Schuldspruch [§ 260 Abs 1 Z 2 StPO] gemäß § 61 StGB richtig in der geltenden Fassung, demgegenüber verfehlt, aber unschädlich die Ausführungen US 9 f) schuldig erkannt. Danach hat er zwischen Oktober 2003 und Februar 2004 in Kufstein

1. mit der am 11. Juni 1995 geborenen Jacqueline N*****, sohin mit einer unmündigen Person, in zwei Fällen eine dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung vorgenommen, indem er mit seinem Penis in deren After eindrang;

2. außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung (US 5: mehrfach) an einer unmündigen Person, nämlich der am 11. Juni 1995 geborenen Jacqueline N***** vorgenommen, indem er diese am Geschlechtsteil abgriff;

3. durch die in 1. und 2. angeführten Handlungen eine mit ihm in absteigender Linie verwandte minderjährige Person, nämlich seine am 11. Juni 1995 geborene Tochter Jacqueline N*****, zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO.

Die Verfahrensrüge (Z 4) stützt sich auf den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf „Einholung eines medizinischen Gutachtens aufgrund der Ausführungen der Jacqueline, wonach der Angeklagte und Jacqueline nebeneinander gelegen seien und zwar aus dem Bereich der Frauenheilkunde zum Beweis dafür, dass es zu keiner Penetration und zu keinem Beischlaf gekommen ist, wobei nach Ausführungen des Zeugen R***** beide, Herr und Frau N*****, nebeneinander schliefen und es daher nicht zu geschlechtlichen Handlungen, insbesondere zur Penetration, gekommen sein kann" (S 299). Offen blieb dabei, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO). Der sinnfällig auf bloße Erkundung gerichtete Antrag konnte daher abgewiesen werden (S 299), ohne dass Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewandt worden wären, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften oder durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO; vgl Fabrizy, StPO10 § 55 Rz 8, 10).

Die Kritik der Mängelrüge (Z 5), die Feststellung, sämtliche Handlungen des Angeklagten seien geschlechtlich motiviert gewesen (US 6), sei unzureichend begründet, spricht keine entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0088761).

Die Behauptung der Aktenwidrigkeit einer Passage der Beweiswürdigung (US 7) entfernt sich ihrerseits von der Aktenlage (S 295): Die Aussage des Zeugen Florian S***** und deren Referat im Urteil sind in Bezug auf entscheidende Tatsachen deckungsgleich (vgl Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 47).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) sieht die Feststellungen zum schweren sexuellen Missbrauch als erheblich bedenklich an, weil der Angeklagte die tatbestandlichen Penetrationen geleugnet und seine Tochter von einer „Vergewaltigung" gesprochen hatte, später aber sagte, ihr Vater habe ihr keine Gewalt angetan; überdies habe es Widersprüche hinsichtlich der relativen Positionen von Mann und Mädchen bei den beischlafsähnlichen Handlungen und zur Anzahl der sexuellen Angriffe gegeben.

Damit gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, beim Obersten Gerichtshof qualifizierte Bedenken im Sinn einer unerträglichen Fehlentscheidung gegen die zum Schuldspruch nach § 206 Abs 1 StGB führenden Feststellungen zu erwecken.

Das als Aufklärungsrüge zu verstehende Vorbringen zur unterbliebenen ergänzenden Befragung des Opfers als Verstoß gegen die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsfindung verkennt die Subsidiarität dieses Nichtigkeitsgrundes gegenüber der Verfahrensrüge aus Z 4 (RIS-Justiz RS0114036). Dem in diese Richtung nicht gestellten Beweisantrag wäre im Übrigen entgegengestanden, dass die Zeugin Jacqueline N***** in ihrer kontradiktorischen Vernehmung (ON 12) von ihrem Recht auf Befreiung von weiteren Aussagen Gebrauch gemacht hat (S 125; § 156 Abs 1 Z 2 zweiter Fall StPO; vgl RIS-Justiz RS0117928). Die Nichtigkeitsbeschwerde - deren Antrag gemäß § 288a StPO nach der Aktenlage und dem sonstigen Rechtsmittelvorbringen (das § 281a StPO in keiner Weise releviert) unverständlich ist - war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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