Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.März 1966 geborene Holzfäller Franz U*** des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach dem § 209 StGB und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 5.Jänner 1988 in Buch/Tirol
1./ als Person männlichen Geschlechtes nach Vollendung des 18. Lebensjahres mit einer jugendlichen Person, nämlich (mit) dem am 6. Feber 1972 geborenen Raimund H*** dadurch gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben, daß er an diesem einen Afterverkehr durchzuführen versuchte, ihn an den Hoden erfaßte und schließlich dazu nötigte, U*** erregtes Glied in die Hand zu nehmen und daran bis zum Samenerguß zu reiben;
2./ außer den Fällen der §§ 201 bis 203 StGB Raimund H*** mit Gewalt dadurch zur Unzucht genötigt, daß er ihn erfaßte, ihm die Hose herunterzog, ihn auf eine Liegevorrichtung drückte und gegen seinen Willen einen Afterverkehr an ihm durchzuführen versuchte sowie ihn dazu nötigte, seinen (U***) Geschlechtsteil in die Hand zu nehmen und daran bis zum Samenerguß zu reiben. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Angeklagte keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten Tatsachen zu erwecken.
Rechtliche Beurteilung
Seine Argumentation, das Erstgericht habe in dem Umstand, daß er sich anläßlich eines mit Frida H*** (der Mutter des Franz H***) noch am Tattag geführten Telefonates nicht zu rechtfertigen gewußt hätte, zu Unrecht eines der für seine Schuld sprechenden Indizien erblickt, gründet sich auf eine unvollständige und damit unrichtige Wiedergabe der Aktenlage. Denn wenn es auch zutrifft, daß dieses Telefongespräch nicht die detaillierte Erörterung des Tatvorwurfes zum Gegenstand hatte (AS 50), so hat sich Frida H***, wie sie - übereinstimmend mit ihrem Sohn Raimund H*** - in der Hauptverhandlung vom 4.Mai 1988 deponierte, dennoch keineswegs auf einen allgemein gehaltenen Vorwurf beschränkt, sondern durch die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem stehende sinngemäße (weitere) Äußerung, der Angeklagte solle ihren Sohn "sein lassen" bzw. "die Leute in Ruhe lassen" und sich nach einer Frau umsehen (nach dem Poizeibericht hätte er ihr in dieser Hinsicht sogar zugestimmt), den Genannten nach Lage des Falles unmißverständlich mit dem konkreten Tatvorwurf konfrontiert (AS 13, 47 und 49); es kann daher keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer damals den Vorhalt Frida H*** mangels Bestimmtheit nicht verstanden und demzufolge auch keine Möglichkeit zu einer umgehenden Erwiderung gehabt hätte. Auch die weiteren Ausführungen im Rahmen der Tatsachenrüge erschöpfen sich in der Forderung, der vom Beschwerdeführer behaupteten (günstigeren) Vorfallsversion den Vorzug zu geben. Das Erstgericht ist jedoch der Darstellung des Zeugen Raimund H*** gefolgt. Da der psychologische Vorgang der Würdigung eines Beweismittels vom Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO nicht erfaßt ist (NRsp 1988/188 ua), muß die Tatsachenrüge versagen.
Auch die Subsumtionsrüge (Z 10) geht fehl, mit welcher der Beschwerdeführer die Annahme eintätigen Zusammentreffens der Tatbestände nach dem § 204 Abs. 1 und dem § 209 StGB als rechtsirrig bezeichnet und die Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes allein nach dem § 204 Abs. 1 StGB anstrebt.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht verlangt § 209 StGB nicht die Bereitwilligkeit der betroffenen jugendlichen Person zur Vornahme tatbildmäßiger Unzuchtshandlungen. Die zitierte Bestimmung dient dem Schutz männlicher Personen noch prägbaren Alters vor gleichgeschlechtlichen Erlebnissen, welche die Gefahr einer Beeinflussung und Festlegung der Entwicklung ihres Trieblebens in Richtung auf Homosexualität befürchten lassen. Als Tathandlung genügt daher schon das Treiben gleichgeschlechtlicher Unzucht mit einer derartigen jugendlichen Person. Durch das Wort "mit" wird nur dem Erfordernis einer Beteiligung des Jugendlichen an den unzüchtigen Handlungen Ausdruck verliehen, mag diese auch nur in einer erzwungenen Duldung der Aktivitäten des Täters bestehen; wegen des erwähnten Schutzcharakters des § 209 StGB kommt es demnach weder auf die Freiwilligkeit der jugendlichen (männlichen) Person noch darauf an, daß diese selbst mittätig geworden ist (insbes. SSt. 52/23 sowie Pallin im WK, Rz. 1 und 4, Foregger-Serini, StGB3, Anm. I und Leukauf-Steininger, StGB2, RN 5 - jeweils zu § 209 StGB; der Hinweis der Beschwerde auf das zuletzt angeführte Zitat zur Bekräftigung ihrer Argumentation erweist sich demnach als irrig). Hievon ausgehend ergibt eine Abwägung aller Tatbestandsmerkmale der §§ 209 und 204 Abs. 1 StGB, daß beide Straftatbestände dem Schutz verschiedener Rechtsgüter dienen: während ersterer (wie bereits dargelegt) die ungestörte sexuelle Entwicklung jugendlicher männlicher Personen schützen soll, bezweckt § 204 StGB (ebenso wie § 203 StGB) die Gewährleistung der freien Selbstbestimmung einer Person (ohne Rücksicht auf ihr Alter) in bezug auf nicht unter den Begriff des Beischlafs fallende Sexualhandlungen.
Daraus folgt, daß bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation der Beschwerdeführer, der nicht nur mit einem Jugendlichen gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben, sondern diesen darüber hinaus auch noch zur Duldung dieser Unzuchtshandlungen durch Gewaltanwendung genötigt hat, in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nach beiden idealkonkurrierenden Tatbeständen schuldig zu sprechen war, um so dem Unrechtsgehalt seiner Tat im vollen Umfang gerecht werden zu können (in diesem Sinne bereits EvBl. 1979/28 und RZ 1983/55 zum Verhältnis von §§ 203 bzw. 204 zu 207 StGB sowie insbes. ÖJZ-LSK 1985/26 = RZ 1985/32 = EvBl. 1985/94; RZ 1987/46; zustimmend überdies Leukauf-Steininger, StGB2, RN 18 zu § 203 StGB, RN 14 zu
§ 204 StGB, RN 29 zu § 207 StGB sowie RN 12 zu § 209 StGB; Foregger-Serini, StGB3, Anm. III zu § 203 StGB und Anm. I zu
§ 204 StGB; aM Pallin (1980) im WK, Rz. 2 zu § 203 und Rz. 9 zu
§ 209 StGB). Dem Erstgericht ist daher durch den Schuldspruch wegen
beider Tatbestände ein Rechtsirrtum nicht unterlaufen. Demgemäß war die Nichtigkeitsbeschwerde, die sich in keinem Anfechtungspunkt als begründet erweist, zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 209 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und sah diese gemäß dem § 43 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Bei der Strafbemessung wertete es eine Vorstrafe wegen "leichter Körperverletzung" (§ 83 StGB) sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend. Als mildernd führte es keinen Umstand an.
Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Strafe an, wogegen die Staatsanwaltschaft begehrt, nur einen Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachzusehen.
Beide Berufungen sind nicht begründet.
Das Schöffengericht fand mit der von ihm verhängten Strafe einen allen Gegebenheiten dieses Falles Rechnung tragende, dem Unwert der Tathandlungen und der Schuld des Täters adäquate Sanktion. Franz U*** vermag keine Umstände darzutun, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen.
Dem Schöffengericht ist ferner dahin beizupflichten, daß die bloße Androhung des Vollzuges der gesamten ausgesprochenen Freiheitsstrafe in Anbetracht des gleichzeitig erfolgten Widerrufes (vgl. ON 12) der über den Angeklagten mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 13.Jänner 1987, GZ U 1.222/86-3, verhängten (zunächst) bedingt nachgesehenen Geldstrafe genügen dürfte, um Franz U***, der bisher noch kein Strafübel verspüren mußte, von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Auch der Berufung der Staatsanwaltschaft konnte daher kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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