OGH 11Os90/96 (11Os91/96)

OGH11Os90/96 (11Os91/96)27.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.August 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Scholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz H***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Kornburg als Schöffengericht vom 14.März 1996, GZ 13 Vr 11/95-65, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den (Widerrufs-)Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 StPO vom selben Tag nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Zehetner, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Riegler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, teils auch aus ihrem Anlaß im Schuldspruch laut Pkt. I/1/13 und 21 sowie II/9 des Urteilssatzes, sowie demgemäß auch im Strafausspruch, der darauf beruhende Widerrufsbeschluß aufgehoben; gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Franz H***** wird von der Anklage, er habe das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (auch) durch Täuschung des Raimund B***** (im Herbst 1993, Schaden: 9.000 S - Faktum 1 in ON

31 = I/13 der Anklageschrift ON 34) und der Johannes N***** GmbH

(Anfang November 1994, Schaden: 2.984,40 S - Faktum 18 in ON 31 =

I/22 der Anklage) sowie das Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (auch) zum Nachteil der Barbara K***** (nach November 1994, Schaden: 400 S - Faktum 25 in ON 31 = II/12 der Anklage) begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Franz H***** wird für die ihm nach den unberührt gebliebenen Teilen des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie die Vergehen der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB, des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs 1 StGB und nach § 114 ASVG gemäß §§ 28, 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Unter einem wird gemäß § 494 a Abs 4 StPO die in den Verfahren zum AZ 6 f Vr 14501/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und U 296/93 des Bezirksgerichtes Hollabrunn jeweils gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung und Beschwerde, die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die getroffene Sachentscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz H***** der Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall StGB sowie der Vergehen der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB, des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs 1 StGB und des Vergehens nach § 114 Abs 1 ASVG schuldig erkannt.

Darnach hat er

I./ in der Zeit von Dezember 1991 bis Mai 1995 in Wien, Hollabrunn und anderen Orten in 25 im Urteil detailliert angeführten Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Firmen und Privatpersonen durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit zu Handlungen, nämlich zur Überlassung bzw Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen gegen Kredit sowie Leistung von Anzahlungen, verleitet, wodurch die namentlich angeführten Firmen und Personen insgesamt mit einem Betrag von 541.124,08 S an ihrem Vermögen geschädigt wurden;

II./ in der Zeit vom 2.Dezember 1993 bis Mai 1995 in Wien und Hollabrunn in 10 Angriffen anvertrautes Gut im Gesamtwert von 696.900 S, mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz sich zugeeignet;

III./ Ende November 1991 in Ottnang de H***** GesmbH & Co KG an ihren Vermögensrechten dadurch absichtlich einen Schaden zugefügt, daß er deren Mitarbeiter Alois P***** durch die Vorspiegelung, er würde für einen Kunden eine maßgefertigte Treppe im Wert von 103.500 S kaufen, zu einer Handlung, nämlich zur Anfertigung einer solchen Treppe verleitete, wodurch die Gesellschaft in ihren Vermögensrechten um den genannten Betrag geschädigt wurde;

IV./ in der Zeit zwischen 25.Mai 1994 und 22.Februar 1995 in Hollabrunn Sachen, die im Verfahren zum AZ E 1086/94y des Bezirksgerichtes Hollabrunn gepfändet worden waren, dadurch der Verstrickung entzogen, daß er sie an einen unbekannten Ort verbrachte;

V./ in der Zeit vom Februar bis Juni 1995 in Hollabrunn Beiträge seiner Dienstnehmer zur Sozialversicherung in der Höhe von 13.511,79 S einbehalten und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse als berechtigtem Versicherungsträger vorenthalten.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Betruges bekämpft der Beschwerdeführer mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, jenen wegen des Verbrechens der Veruntreuung mit den Nichtigkeitsgründen nach § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und b StPO und den Schuldspruch wegen des Vergehens der Täuschung aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO.

Vorweg ist festzuhalten, daß sich die Nichtigkeitsbeschwerde mit ihren weitwendigen Ausführungen wiederholt prozeßordnungswidrig vom Urteilssachverhalt entfernt oder Urteilsfeststellungen übergeht und sich insoweit einer sachlichen Erörterung entzieht.Zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch

wegen des Verbrechens des schweren Betruges:

Mit der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer zu den Urteilsfakten I/1 bis 3, 5 bis 18 und 21 bis 25 geltend, der Ausspruch des Erstgerichtes, sein Schuldenstand sei immer hoch gewesen, er habe über kein ausreichendes Einkommen verfügt, um die Schulden abzudecken und er habe daher vorsätzlich andere über seine Zahlungsfähigkeit getäuscht, um sich unrechtmäßig zu bereichern, sei undeutlich, unvollständig bzw mangelhaft begründet. Das Erstgericht habe sich nämlich nicht damit auseinandergesetzt, daß er aus seiner Kunsttischlerei Einnahmen gehabt habe, um Schulden zu bezahlen.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer zunächst, daß ihm nicht nur die Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit angelastet wird, sondern auch über seine Zahlungswilligkeit. Ein Vorwurf, der von ihm selbst nicht bekämpft wird. Damit betreffen die Beschwerdeausführungen aber zur Frage seiner Zahlungsfähigkeit keinen für die Entscheidung wesentlichen Umstand. Dessen ungeachtet konnte das Schöffengericht seine Annahmen über die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten mängelfrei auf die Gendarmerieerhebungen und seine eigenen Angaben vor Gendarmeriebeamten (insbesondere AS 215/I) und in der Hauptverhandlung (AS 102 f/II) stützen, wonach er wegen zahlreicher Forderungen bis auf das Existenzminimum gepfändet war und ständig "neue Löcher aufreißen mußte". Der Bezug von Waren für seine Kunsttischlerei erfolgt daher nicht im Rahmen des Betriebes eines lebenden Unternehmens; vielmehr diente die selbständige Erwerbstätigkeit nur der Umgehung von Lohnpfändungen; daraus konnte das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite ableiten. Darüber hinaus war das Erstgericht im Sinne des Gebotes zu einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis detailliert auseinanderzusetzen.

Die zu diesen Fakten erhobenen Rechtsrügen (Z 9 lit a und Z 10) entbehren einer gesetzmäßigen Darstellung, weil sie nicht von dem vom Erstgericht festgestellten (Betrugs-)Vorsatz ausgehen, sondern diesen bestreiten. Die erfolgreiche Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes hat aber ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt, somit auch an jenem zur subjektiven Tatseite, zur Voraussetzung.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) betreffend den Schuldspruch zu Punkt I/6 des Urteilssatzes ist gleichfalls unbegründet.

Betrug begeht nämlich nicht nur, wer durch seine vom Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) getragenen Tathandlungen eine dauernde Schädigung des Gläubigers erreichen will. Es genügt zur Verwirklichung des Tatbestandes vielmehr, daß die Gegenleistung nicht in der für Geschäfte der gegenständlichen Art üblichen Frist erbracht wird oder werden kann. Die Bezahlung der Forderung nach Klage und Exekution stellt sohin lediglich eine Schadensgutmachung dar. Soweit der Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang die subjektive Tatseite bestreitet, weicht er erneut von den Feststellungen des Erstgerichtes ab, sodaß die Beschwerde auch insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Die gegen den Schuldspruch I/7 gerichtete Mängelrüge (Z 5) schließlich übergeht den bezüglichen Urteilsinhalt. Mängelfrei konnte das Erstgericht nämlich feststellen, daß der Angeklagte die vereinbarte Leistung nicht erbracht hat. Der Angeklagte selbst hat - worauf sich das Urteil stützt - in der Hauptverhandlung zugegeben, daß er das Stiegengeländer nie gemacht hat, weil dazu keine Zeit war (AS 151/II). Daß er aber mit der Fertigung des Geländers begonnen hat, stellt der Schöffensenat ohnedies beschwerdekonform fest (US 14; vgl AS 107/II). Die subjektive Tatseite hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt (US 14) und diese mängelfrei aus den objektiven Umstände der Tat abgeleitet.

Es liegt daher kein formeller Begründungsmangel vor; die ebenfalls erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie abermals nicht von den Urteilsannahmen ausgeht.

Auch die gegen den Schuldspruch I/14 erhobene, undifferenzierte Mängel- (Z 5) und Rechtsrüge (Z 9 lit a) sind nicht im Recht.

Entgegen der Beschwerde hat sich das Schöffengericht sowohl mit der Kulanzleistung der Firma D***** als auch mit dem behaupteten Versicherungsschaden auseinandergesetzt (US 16/17). Darnach hat der Beschwerdeführer bei der Fahrzeugreparatur nur vorgegeben, es handle sich um einen Versicherungsschaden, ohne die zur Verrechnung mit einer Versicherung notwendigen Daten angeben zu können. Darin erblickte das Schöffengericht zu Recht eine Täuschungshandlung, zumal der Angeklagte in der Hauptverhandlung diesbezüglich keine näheren Angaben machen konnte (AS 110/II). Wie er selbst zugeben mußte, handelt es sich bei einem Teil des Schadens nicht um einen Garantiefall, sondern hoffte er auf eine Kulanzlösung, zu der die Firma D***** nicht verpflichtet war, die ihm aber teilweise gewährt wurde. Aufgrund dieser Ergebnisse des Beweisverfahrens und der festgestellten Vermögenslage kam daher das Schöffengericht mängelfrei zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit mit Bereicherungsvorsatz einen Vermögensschaden bei der Firma D***** bewirkte. Die hiezu erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist neuerlich nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, da sie sich nicht am Urteilssachverhalt orientiert.

Auch die gegen den Schuldspruch I/22 gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde schlägt nicht durch.

Der Beschwerdeführer übersieht nämlich bei seinen Ausführungen, er hätte den Auftrag wegen seiner zwischenzeitigen Verhaftung nicht ausführen können, daß als Liefertermin April 1995 vereinbart war, er aber erst im Juli 1995 verhaftet wurde (US 24). Seine Argumentation läuft der Sache nach auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, zumal ihm das Erstgericht insoweit nur vorwirft, er habe bei der Herauslockung der Anzahlung damit gerechnet, daß er die Arbeiten "nicht fristgerecht" werde leisten können (US 24). Solcherart vermag der Beschwerdeführer weder einen formellen Begründungsmangel noch einen Rechtsfehler aufzuzeigen.

Das gleiche gilt für die das Faktum I/23 betreffenden Rechtsmittelausführungen. Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte nach Besichtigung einen Mietvertrag über drei Lagerräume abgeschlossen. Damit war aber die vereinbarte Provision fällig. Den Vertrag hat der Angeklagte unter Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit geschlossen und dadurch vorsätzlich (§ 5 Abs 1 StGB) die eigene Bereicherung und die Schädigung der Firma S***** GesmbH herbeigeführt. Eine spätere Abstandnahme von der Benützung des Mietobjektes (aus welchem Grund auch immer) vermag an der rechtlichen Beurteilung als vollendeter Betrug nichts zu ändern.

Richtig sind zwar die Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Faktum I/25, wonach der Wert der herausgelockten Biedermeierkommode nur 25.000 S betrogen habe. Der Zeuge Fritz Sch***** hat nämlich tatsächlich immer nur von einem Wert in der Höhe gesprochen (AS 181 ff/II). Die offensichtlich auf das Gutachten des Sachverständigen Josef M***** (AS 397/II) gestützte Wertfeststellung des Erstgerichtes geht hiebei von einer vom Angeklagten bereits restaurierten Kommode aus, nicht jedoch vom Wert im Zeitpunkt des Herauslockens. Diesem Umstand kommt jedoch keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil selbst bei Annahme eines Wertes von 25.000 S der vom Beschwerdeführer zu vertretende Schadensbetrag jedenfalls über der Wertgrenze von 500.000 S liegt. Die Annahme eines Wertes von 25.000 S bewirkt daher keine Änderung des Strafsatzes (Mayerhofer/Rieder StPO3 ENr 20 zu § 281 Z 5). Soweit der Beschwerdeführer die subjektive Tatseite in Abrede stellt, versucht er abermals auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässige Weise nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen.

Berechtigung kommt der Nichtigkeitsbeschwerde allerdings hinsichtlich der Betrugsfakten insoweit zu, als der Beschwerdeführer beim Faktum I/13 reklamiert, daß eine Bereicherung gar nicht hätte eintreten können.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Schöffengerichtes erteilte der Angeklagte im Herbst 1993 Raimund B***** den Auftrag, zwei Bilderrahmen zu restaurieren. Dieser führte die Arbeit aus und verrechnete hiefür einen Werklohn von 9.000 S. Der Angeklagte bezahlte weder den geforderten Betrag, noch holte er die Bilderrahmen ab.

Franz H***** hat bei Auftragserteilung zwar Raimund B***** über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit getäuscht und ihn dadurch zur Restaurierung der Bilderrahmen veranlaßt, wodurch er geschädigt wurde, einen Bereicherungsvorsatz, der zur Verwirklichung des Betruges erforderlich ist, hat das Erstgericht aber nicht festgestellt. Das Urteil leidet daher in diesem Punkt tatsächlich an dem aufgezeigten Nichtigkeitsgrund.

Im Hinblick auf die Verantwortung des Angeklagten und die Tatsache, daß er die Bilderrahmen trotz mehrmaliger Aufforderung nicht abgeholt hat, sind jedoch Feststellungen über einen Bereicherungsvorsatz auch in einem erneuerten Verfahren nicht zu erwarten. Für eine allenfalls in Betracht kommende Verurteilung des Franz H***** wegen des Vergehens der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB hinwieder fehlt es an einer Ermächtigung des in seinen Rechten Verletzten.

Diese Argumente gelten gleichermaßen für das nicht bekämpfte Urteilsfaktum I/21. In diesem Fall hat der Angeklagte im November 1994 in Pulkau Bedienstete der Johannes N***** GesmbH getäuscht und sie dadurch zur Durchführung von Lohnschnittarbeiten veranlaßt, wodurch die Gesellschaft mit 2.984,40 S geschädigt wurde. Ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz wurde vom Schöffengericht auch hiezu nicht festgestellt.

Bei den beiden letztgenannten Fakten wurde daher das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet (Z 9 lit a), sodaß gemäß § 290 Abs 1 StPO der Schuldspruch zu I/13 und 21 von Amts wegen aufzuheben und insoweit sogleich mit einem Freispruch vorzugehen war.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Verbrechen der Veruntreuung:

In seiner gegen das Faktum II/2 gerichteten Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer geltend, die Feststellungen des Erstgerichtes, er hätte sich den ihm anvertrauten Biedermeierschreibtisch der Jutta S***** mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet, seien undeutlich, widersprüchlich und unvollständig; insbesondere sei die Aussage des Zeugen Ing.S***** nicht erörtert worden.

Dem ist jedoch zu erwidern, daß sich das Schöffengericht mit der Aussage dieses Zeugen ausdrücklich auseinandergesetzt (US 51) und auch festgestellt hat, daß der Schreibtisch im Frühjahr 1995 bis kurz vor der Verhaftung des Angeklagten noch in seiner Werkstätte stand. Erst dann verbrachte er den Schreibtisch in ein Lager nach Wien, dessen Adresse er nicht bekannt gibt. Damit hat sich der Beschwerdeführer aber die Herrschaft über den Schreibtisch in einer - sein Vermögen vermehrenden - Weise angemaßt, zumal dieser für den berechtigten Eigentümer verloren ist. Es liegt demnach auch zu diesem Faktum weder ein formeller Begründungs- noch ein Feststellungsmangel vor. Die Ausführungen des Beschwerdeführers über den Wert des Schreibtisches stellt - wie die Beschwerde selbst einräumt - keine entscheidungswesentliche Tatsache dar.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) zu Faktum II/3 hat sich das Erstgericht auch mit der Aussage des Zeugen Josef F***** auseinandergesetzt (US 51/52) und die geforderten Feststellungen über die Aufnahme eines Kredites zur Schadensgutmachung getroffen (US 27/28).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) hiezu geht jedoch fehl. Tätige Reue kommt nämlich dem Täter - unter anderem - nur dann zustatten, wenn er, bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat, wenngleich auf Andringen des Verletzten, so doch ohne hiezu gezwungen zu sein, sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Frist Schadensgutmachung zu leisten (§ 167 Abs 2 Z 2 StGB). Die Strafbarkeit lebt in diesem Fall wieder auf, wenn der Täter die Verpflichtung nicht einhält.

Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte einen Kredit aufgenommen und Josef F***** daraus befriedigt. Josef F***** mußte aber für den Kredit bürgen. Demgemäß wäre der Schaden nur dann gutgemacht, wenn der Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kredites eingehalten hätte. Da er dieser Verpflichtung aber nicht nachkam, muß Josef F***** (auf Grund der übernommenen Bürgschaft) den Kredit zurückzahlen. Aus welchem Grund die Vereinbarung nicht eingehalten wurde, ob vom Täter verschuldet oder aus Umständen, die er nicht zu vertreten hat, ist für die neuerliche Strafbarkeit ohne Bedeutung (Leukauf/Steininger Komm3 RN 47 zu § 167).

Die Ausführungen der Mängelrüge (Z 5) zum Faktum II/4 stehen mit dem Akteninhalt nicht im Einklang. Der Zeuge DI.D***** hat nämlich von einem Wert des Tabernakelschrankes von 260.000 S bis 270.000 S gesprochen (AS 200/II). Der Sachverständige Josef M***** hat den Liquidationswert mit 250.000 S beziffert, den Verkehrswert mit rund 400.000 S und den Handelswert mit etwa 600.000 S (AS 393/II). Dem Erstgericht ist daher bei der Feststellung des Wertes mit 250.000 S kein Begründungsmangel unterlaufen.

Auch die gegen den Schuldspruch II/5 erhobene Mängelrüge (Z 5) stellt eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar, weil der Beschwerdeführer lediglich versucht, den festgestellten Vorsatz (US 43 f) zu bestreiten und seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen.

Berechtigt ist allerdings die gegen das Faktum II/9 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde.

Hiezu hat das Erstgericht lediglich festgestellt, daß Barbara K***** drei Nähtische zum Angeklagten brachte, damit dieser sie restauriere. Ein Tischchen hat der Angeklagte an die Firma A***** zur Durchführung der Arbeiten weitergegeben, es von dort nach Fertigstellung aber nicht zurückgeholt. Weitere Feststellungen, zur subjektiven Tatseite, insbesondere in Richtung eines Handelns mit Bereicherungsvorsatz, hat das Erstgericht nicht getroffen. Wenn der Angeklagte aber ein ihm übergebenes Werkstück gleichsam an ein Subunternehmen zur Durchführung der Arbeiten weitergibt, ist damit allein der Tatbestand der Veruntreuung noch nicht verwirklicht. Da auf Grund der Aktenlage auch hier in einem erneuerten Verfahren Feststellungen über ein Handeln des Angeklagten mit Bereicherungsvorsatz auch nicht zu erwarten sind, war zu diesem Faktum sogleich mit einem Freispruch nach § 259 Z 3 StPO vorzugehen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der Täuschung:

Die dazu erhobene Strafzumessungsrüge (Z 11) ist nicht berechtigt.

Auf ein früheres Urteil ist nämlich gemäß §§ 31 Abs 1, 40 StGB nur dann Bedacht zu nehmen, wenn alle in einem Urteil abgeurteilten Taten vor dem Urteil, auf das Bedacht genommen werden soll, begangen wurden und gleichzeitig schon in diesem hätten abgeurteilt werden können.

Da hier jedoch zahlreiche Fakten erst nach der Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 22. September 1993 begangen wurden, hat das Schöffengericht zu Recht auf dieses Urteil nicht (gemäß §§ 31 Abs 1, 40 StGB) Bedacht genommen. Dem Erstgericht ist daher kein mit Nichtigkeit bedrohter Fehler in der Strafbemessung unterlaufen.

Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, teils aus deren Anlaß (§ 290 Abs 1 StPO) war das Urteil in den Schuldsprüchen I/13 und 21, II/9 sowie im Strafausspruch aufzuheben und der Angeklagte in diesem Umfang gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen. Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde aus den dargelegten Gründen zu verwerfen.

Bei der durch die Aufhebung auch des Strafausspruches notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe war als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit drei Vergehen, der lange Tatzeitraum, die Wiederholung der Straftaten und die einschlägige Vorbelastung des Angeklagten, als mildernd hingegen kein Umstand zu werten.

Davon ausgehend erwies sich eine Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und zehn Monaten als schuldangemessen und tätergerecht.

Angesichts der Erfolglosigkeit der Vielzahl bisheriger Sanktionen war zudem der Widerruf der dem Angeklagten in den Verfahren zum AZ 6 f Vr 14501/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und AZ U 296/93 des Bezirksgerichtes Hollabrunn jeweils (trotz mehrerer vorangegangener Verurteilungen) gewährten bedingten Strafnachsicht zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung geboten (§ 53 Abs 1 StGB), um Franz H***** doch noch von weiterer Delinquenz abzuhalten.

Der Angeklagte mit seiner Berufung und Beschwerde und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung waren auf die getroffene Sachentscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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