OGH 11Os89/83

OGH11Os89/8322.6.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Juni 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Eier als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Vergehens des Raufhandels nach dem § 91 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als JugendSchöffengericht vom 6.April 1983, GZ. 8 Vr 866/81-42, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Korn und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird, soweit sie auf Strafherabsetzung gerichtet ist, zurückgewiesen; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26.März 1964 geborene, zur Tatzeit jugendliche Maschinenschlosserlehrling Kurt A im zweiten Rechtsgang - abweichend von der in Richtung der §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1

und 2 Z 2 StGB erhobenen Anklage (ON 8) - des Vergehens des Raufhandels nach dem § 91 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 12. Oktober 1981 in Albertsham an einer Schlägerei oder einem Angriff mehrerer tätlich teilnahm, bei welcher Gelegenheit eine schwere Körperverletzung des Maximilian B, nämlich ein Ausbruch von Teilen der knöchernen Augenhöhlenwand (rechts in die Kieferhöhle), verursacht wurde.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, und zwar wegen Nichtanwendung des § 91 Abs. 2 StGB. Er habe in die Auseinandersetzung nur eingegriffen, um Max B von seinem (des Angeklagten) Bruder Johann abzulenken und diesem zu helfen. Da er sohin nicht beabsichtigte, sich an der Auseinandersetzung als Raufer zu beteiligen, sondern diese beenden wollte, könne ihm die Teilnahme daran nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesen Ausführungen kommt dem Beschwerdeführer indes die Bestimmung des § 91 Abs. 2 StGB nicht zustatten. Aus der Teilnahme am Raufhandel ist dem Täter kein Vorwurf zu machen, wenn er entweder in Ausübung der Notwehr oder der Nothilfe (§ 3 StGB), sohin gerechtfertigt handelt, oder in der irrigen Annahme einer Notwehrsituation in den Raufhandel eingreift (§ 8 StGB), sowie, wenn er nur bestrebt ist, den Streit (tätlich, - sonst läge keine Teilnahme am Raufhandel im Sinn des § 91 Abs. 1 StGB vor) zu beenden, indem er etwa Raufende voneinander trennt. Vor allem in der letzten Gruppe von Fällen liegt der Anwendungsbereich des vom Beschwerdeführer reklamierten § 91 Abs. 2 StGB (vgl. Tschulik, ZNStR II, 139 f.; Leukauf-Steininger2, RN 10, 11; vgl. auch Kienapfel BT I, RN 521 ff., je zu § 91 StGB).

Nach den auf der Verantwortung des Beschwerdeführers beruhenden erstgerichtlichen Feststellungen mengte er sich in die verfahrensgegenständliche tätliche Auseinandersetzung ein, als er bemerkte, daß sein - keine Hilfe benötigender (S 326) - Bruder Johann mit einem Mann raufte, und stieß diesen Mann weg, damit er von seinem Bruder ablasse (S 367). Entgegen den Beschwerdeausführungen kann darin keine die Strafbarkeit ausschließende, auf Beendigung des Raufhandels abzielende Tätigkeit des Beschwerdeführers erblickt werden. Kurt A griff nämlich in den Raufhandel nicht mit dem Bestreben ein, den Streit zu schlichten und zu beenden, sondern wurde auf der Seite seines Bruders, dem er 'helfen' wollte (vgl. S 327), gegen einen der anderen Teilnehmer am Raufhandel, den in der Folge schwer (vgl. 13 Os 54/83) verletzten Maximilian B, tätlich. Wer sich aber in einen Raufhandel lediglich einmengt, um nur einen der Teilnehmer zu unterstützen, kann aus diesem keineswegs streitschlichtenden und daher von der Rechtsordnung nicht erwünschten Vorgehen nicht den Anspruch auf Straflosigkeit (im Sinne des § 91 Abs. 2 StGB) ableiten, sondern ist selbst wegen tätlicher Teilnahme am Raufhandel zu bestrafen. Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher der Erfolg zu versagen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 91 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 11 JGG eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 60 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 30 Tagen.

Bei der Strafbemessung wertete es die Verletzung mehrerer Personen (im Zuge des Raufhandels) als erschwerend und berücksichtigte das Tatsachengeständnis des Kurt A demgegenüber als mildernd. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß dem § 43 Abs. 1

StGB. Im Gerichtstag beantragte er erstmals auch die Herabsetzung der Geldstrafe.

Das letztgenannte Begehren mußte als verspätet zurückgewiesen werden, weil ein solcher Antrag weder bei der Anmeldung noch in der schriftlichen Ausführung der Berufung gestellt wurde (§ 294 Abs. 2 StPO).

Dem (fristgerechten) Berufungsbegehren, die Strafe bedingt nachzusehen, konnte in Anbetracht einer einschlägigen Vorstrafe und der schon deswegen spezialpräventiv erforderlichen Effektivität der - ohnehin sehr milden -

Geldstrafe nicht entsprochen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte