OGH 11Os89/04

OGH11Os89/0428.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz G***** wegen des Verbrechens nach § 31 Abs 2 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Mai 2004, GZ 043 S Hv 29/04d-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz G***** (richtig:) der Verbrechen nach § 31 Abs 2 zweiter und vierter Fall SMG (A) sowie der Vergehen nach §§ 27 Abs 1 (B) und 30 Abs 1 SMG (C) schuldig erkannt. Danach hat er in Wien

(A) den bestehenden Vorschriften zuwider einen psychotropen Stoff in einer großen Menge (§ 31 Abs 3 SMG) in Verkehr gesetzt und andere zur Ein- und Ausfuhr bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), indem er (I) ab August 2002 bis zum 17. Jänner 2004 Aladar B*****, Frantisek F***** jun und Frantisek F***** sen in wiederholten Angriffen beauftragte, ca 25.000 Stück Rohypnol bei ca 30 Fahrten von der Slowakei aus- und nach Österreich einzuführen;

(II) an unbekannte Abnehmer Rohypnoltabletten verkaufte, und zwar

1) ab ca August 2002 bis ca Jahresende von der von Sandor K***** erworbenen Menge von ca 700 Stück Rohypnol zumindest 600 Stück Rohypnol;

2) ab ca Jahresanfang 2003 bis ca Mitte Jänner 2004 von der unter A I angeführten, von ihm erworbenen Menge von ca 25.000 Stück Rohypnol zumindest 24.000 Stück Rohypnol;

(B) ab ca Mitte September 2001 (letzter Strafvollzug bis 13. September 2001) bis zum 19. Jänner 2004 den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich täglich ca ½ - 1 Gramm Kokain, von ihm unbekannten Dealern für den Eigenbedarf erworben.

(C) am 7. Dezember 2003 den bestehenden Vorschriften zuwider einen psychotropen Stoff anderen überlassen, indem er dem Johann Ke***** 20 Stück Praxiten verkaufte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher indes keine Berechtigung zukommt. Soweit die Beschwerde die Schuldspruchfakten B und C bekämpft, war sie bereits mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung der diese Schuldsprüche betreffenden Beschwerdepunkte zurückzuweisen. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Der auf die "nicht zielführende" Heranziehung der Aussage des Zeugen Aladar B***** vor der Gendarmerie gestützte Einwand fehlender oder unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der "Vorsatzformen in Hinblick auf die objektive und subjektive Tatseite" übergeht jene Beweiserwägungen, in denen das Erstgericht - logisch und empirisch einwandfrei - den kritisierten Urteilsannahmen die Angaben dieses Zeugen über die Mengen des bezogenen Suchtmittels und die Regelmäßigkeit des Schmuggels (alle zwei Wochen mit Ausnahme jener drei Monate, in denen der Angeklagte im Gefängnis war - US 8) zugrunde legte.

Dass das erkennende Gericht diesen Angaben auch zur Frage der Menge (ca 25.000 Stück Rohypnol) folgte und die die Anzahl der Schmuggelfahrten wechselnd darstellenden Depositionen der Zeugen Frantisek F***** senior und junior sowie des Angeklagten verwarf (US 7 f), erweist sich als Akt der freien Beweiswürdigung unter diesem Nichtigkeitsgrund als unanfechtbar.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die bekämpfte Deliktsqualifikation und die ihr zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen bei der hier maßgebenden Fallkonstellation - von der Beschwerde übergangen - schon deshalb außer Frage stehen, weil selbst eine isolierte Beurteilung der vom Beschwerdeführer in der Rechtsmittelschrift zugestandenen Mindestmenge an 5.000 Rohypnol-Tabletten (siehe jedoch dessen Angaben vor der Sicherheitsbehörde S 205 f/I - 8.350 Stück) zu dem Ergebnis einer Tatbegehung mit Beziehung auf eine ein Mehrfaches der Grenzmenge des § 31 Abs 3 SMG (von 0,4 Gramm Flunitrazepam, sohin bei 1 mg/Stück von 400 Stück Rohypnol - siehe S 281/I;

Psychotropen-Grenzmengenverordnung - PVG, BGBl II 378/1997;

Arzneimittelliste des Einführungserlasses zum SMG, JMZ 703.028/5-II.2/1997) ausmachende Psychotropenstoffmenge führt. Schon diese - durch das Geständnis des Angeklagten in Verbindung mit den sicherheitsbehördlichen Erhebungsergebnissen umfassend fundierte - Tatsachengrundlage macht die von der Beschwerde bezweifelten Feststellungen zur exakten Anzahl der weiters tatverfangenen Tabletten entbehrlich, weil die gemäß § 31 Abs 2 SMG qualifizierte Übermenge von 0,4 Gramm Flunitrazepam hier mit Sicherheit überschritten wurde, ohne dass es dabei entscheidend auf den zusätzlichen Additionseffekt weiterer Tabletten ankäme. Infolge Nichtbeachtung des solcherart unproblematischen Kernbereichs der bekämpften Qualifikation können die erhobenen Einwendungen auf sich beruhen. Auf die rechnerisch unrichtige Darlegung des Tatzeitraumes war daher gleichfalls nicht einzugehen.

Dies gilt - wie bereits ausgeführt - auch für die inhaltsgleiche Tatsachenrüge (Z 5a), lässt doch die Behauptung der Unsicherheit der "Hochrechnung" allein schon wegen des Zugeständnisses der Aus- und Einfuhr sowie des Verkaufs von 5.000 Stück Tabletten keine andere Subsumtion des Sachverhaltes zu. Die Anzahl der begangenen Verbrechen ist für die Erledigung der Beschwerde schon insoweit ohne Bedeutung, als das Erstgericht lediglich von "einem" Verbrechen und der "Vielzahl" von Angriffen ausgegangen ist, sodass die nicht subsumtionsrelevante Anzahl der Tabletten lediglich mit Strafberufung angefochten werden kann (Ratz WK-StPO § 295 Rz 16 ff). Mangels Orientierung an sämtlichen wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen (US 4, 5 unten, 7 f) erweist sich die eine Tatbeurteilung (hinsichtlich 20.000 Stück Tabletten) nach § 31 Abs 2 SMG bestreitende Rechtsrüge (Z 9 lit a), aber auch die (einen nicht nachvollziehbar hohen Eigenverbrauch von 10 Stück Tabletten täglich behauptende) Subsumtionsrüge (Z 10) als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Der Strafbemessungsrüge (Z 11) zuwider war auf das am 20. Februar 2004 rechtskräftig gewordene Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, AZ 112 U 118/03b, nicht gem §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen, weil das Urteil in erster Instanz bereits am 2. Dezember 2003 gefällt wurde, die nunmehr verfahrensgegenständlichen Taten zum überwiegenden Teil aber erst nach diesem Zeitpunkt begangen wurden und es daher an den zeitlichen Voraussetzung für die Anwendung der zitierten Vorschriften gebricht.

Die dem erstgerichtlichen Strafausspruch hingegen tatsächlich anhaftende, in der Heranziehung eines durch § 39 erweiterten Strafrahmens von 6 Monaten bis siebeneinhalb Jahren begründete, jedoch nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO (Ebner in WK² § 32 Rz 55, § 33 Rz 8) zwingt zu keiner amtswegigen Maßnahme nach § 290 StPO, weil diesem Umstand auch bei Erledigung der Strafberufung Rechnung getragen werden kann. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzesgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits bei einer nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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