European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129191
Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Oberlandesgericht Wien die Gebühren der Dolmetscherin Bozena K* für ihre Mitwirkung an der öffentlichen Auslieferungsverhandlung vor jenem Gericht als Beschwerdegericht, die am 21. Juli 2020 im Verhandlungssaal E des Justizpalastes stattfand, mit insgesamt 75 Euro. Ein Mehrbegehren von 6,20 Euro wies es mit der Begründung ab, es habe sich um keine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit gehandelt, die nach § 54 Abs 1 Z 3 GebAG eine Erhöhung der Gebühr für Mühewaltung begründet hätte. Daher gebühre für die Zuziehung zur Verhandlung (deren Dauer eine halbe Stunde nicht überstieg) nicht wie von der Dolmetscherin angesprochen 30,70 Euro, sondern 24,50 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Abweisung des Mehrbegehrens gerichtete Beschwerde ist nicht berechtigt.
Ihre Behauptung besonders schwieriger Dolmetschtätigkeit im Sinn des § 54 Abs 1 Z 3 GebAG begründete die Beschwerdeführerin mit „erschwerte[n] Bedingungen (COVID-19 Zuschlag)“.
Laut Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 22. April 2020, Zl 2020‑0.250.253, besteht – bis auf weiteres – für alle Personen in den parteiöffentlichen Teilen eines Gerichtsgebäudes die Pflicht zum Abstandhalten (mindestens 1 Meter, empfohlen werden aber 1,5 bis 2 Meter) sowie zum Tragen eines Mund‑ und Nasenschutzes (I.1.). Bei Verhandlungen (II.3.) gilt letzteres mit gewissen Einschränkungen, stets aber vorbehaltlich der Anordnungen im Rahmen der Sitzungspolizei (§ 233 StPO). Nach dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien erlassenen Zusatz zur Hausordnung für den Justizpalast (SARS‑CoV‑2) vom 9. April 2020 (der zum Verhandlungszeitpunkt in Geltung stand) sind auf „allen öffentlichen Verkehrsflächen im Justizpalast“ „Schutzmasken zu tragen“.
Im Verhandlungsprotokoll ist festgehalten, dass die Dolmetscherin „während des Gerichtstags durchgehend eine MN-Schutzmaske“ trug und „um Ablegung“ „nicht ersucht“ wurde (ON 4 S 2).
Die angesprochene Erhöhung des Betrags, der dem Dolmetsch für seine Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung gebührt (Gebühr für Mühewaltung), setzt nach § 54 Abs 1 Z 3 GebAG voraus, dass es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit handelt. Schon auf Basis des Gesetzeswortlauts ist auf eine besondere Schwierigkeit der (in concreto abverlangten) Dolmetschtätigkeit als solcher abzustellen (vgl auch § 54 Abs 1 Z 1 lit c GebAG zur Gebühr für Mühewaltung bei schriftlicher Übersetzung: „wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten“). Dieser Befund wird durch die Materialien zur GebAG-Novelle 1994, BGBl 1994/623 (mit der die in Rede stehende Bestimmung neu gefasst wurde), gestützt. Danach soll die Erhöhung – im Gleichklang mit § 34 Abs 2 letzter Satz GebAG idF BGBl 1994/623 zur Gebühr des Sachverständigen für Mühewaltung („besonders ausführliche wissenschaftliche Begründung“; „außergewöhnliche Kenntnisse auf wissenschaftlichem oder künstlerischem Gebiet“) – zum Tragen kommen, wenn gewisse „besondere Leistungen“ erbracht werden. Es müsse sich um eine besondere fachliche Schwierigkeit im konkreten Fall handeln; als Beispiel wird das Erfordernis genannt, eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen (RV 1554 BlgNR 18. GP 16; folgend Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG‑GebAG4 § 54 GebAG Anm 6).
Dagegen findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt für die Sicht, bei der betreffenden Beurteilung seien – über Aspekte fachlicher Natur hinaus – auch äußere Umstände zu berücksichtigen, die (bloß) die Ausübung einer (nicht schon an sich besonders schwierigen) Dolmetschtätigkeit erschweren. Das (sich aus zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergangenen Vorschriften ergebende) Erfordernis, dabei Schutzmasken zu tragen, stellt demnach keine besondere Schwierigkeit im Sinn des § 54 Abs 1 Z 3 GebAG dar.
Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)