OGH 11Os86/95

OGH11Os86/9522.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.August 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Tschugguel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert Karl Maria H***** und einen anderen wegen des Vergehens des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Herbert Karl Maria H***** und Benno U***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 8.November 1994, GZ 30 f Vr 14.413/93-85, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tiegs, der beiden Angeklagten sowie der Verteidiger Dr.Margula und Dr.Sandner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Herbert Karl Maria H***** und Benno U***** von der wider sie erhobenen Anklage, es hätten

1./ Benno U***** zwischen 13.Juli und 7.Oktober 1992 dadurch, daß er die in der Sicherstellungsniederschrift der Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbüro, vom 7.Oktober 1992, S 313 verso bis 315 verso des Aktes angeführten Kampfmittel, Waffen, Waffenbestandteile, Magazine und Munition, aus welchem Material bereits mindestens 62 zur Abgabe scharfer Schüsse taugliche Faustfeuerwaffen PA-63 durch Zusammenbau und Umrüstung von ihm hergestellt wurden, die in der Folge jedoch von ihm wieder zerlegt wurden und welche daher damals teilweise als vollständige Faustfeuerwaffen in seinem Besitz waren, in seiner Verfügungsgewalt hatte, einen Vorrat von Waffen, Schießbedarf und Kampfmitteln angesammelt und bereitgehalten, der nach Art und Umfang geeignet ist, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten;

2./ Herbert Karl Maria H*****

2.1. zwischen 13.Juli 1992 und Anfang Oktober 1992 Benno U*****, indem er ihm das unter Punkt 1./ angeführte Material zur Verfügung stellte und ihn aufforderte, gegen Entgelt den Zusammenbau bzw auch die Umrüstung einer Vielzahl von Gaspistolen in zur Abgabe scharfer Schüsse taugliche Faustfeuerwaffen vorzunehmen, zur Ausführung der unter Punkt 1./ genannten Straftat bestimmt;

2.2. Anfang Oktober 1992, indem er (dem abgesondert verfolgten) Heinz Gerhard D***** insgesamt 62 Stück durch Umrüstung zur Abgabe scharfer Schüsse tauglich gemachte Pistolen PA-63, Cal. 9 mm, samt je einem Reservemagazin und je 50 Schuß Munition zwecks Auffindigmachens von Kaufinteressenten und zur Veräußerung überließ, zur Ausführung dazu, daß Heinz Gerhard D***** zwecks illegaler Weiterveräußerung die genannten Gegenstände bei sich hatte und sohin einen Vorrat von Waffen und Schießbedarf bereitgehalten hat, der nach Art und Umfang geeignet ist, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, beigetragen;

2.3. jeweils im Bewußtsein, daß die Kampfmittel illegal zur Ausrüstung kämpfender Verbände in das Kriegs- bzw Krisengebiet verbracht werden, zur Ausführung von Straftaten bisher nicht ausgeforschter Täter, nämlich zweier Kroaten und eines Bosniers, die zwischen Anfang August 1992 und Mitte September 1992 jeweils wissentlich im Inland während eines Krieges, zumindest jedoch während eines bewaffneten Konfliktes, an dem die Republik Österreich nicht beteiligt ist, nämlich angesichts auf dem Territorium der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) zwischen Kriegs- bzw Konfliktparteien ausgetragener bewaffneter Auseinandersetzungen, für eine der Parteien durch Umbau zur Abgabe scharfer Schüsse tauglich gemachter Faustfeuerwaffen (PA-63) samt Reservemagazinen und Munition, sohin Kampfmittel, entgegen den bestehenden Vorschriften aus dem Inland in einen in einem Nachfolgestaat der SFRJ gelegenen Bestimmungsort ausführten, beigetragen, und zwar

2.3.1. Anfang August 1992 dadurch, daß er einem namentlich nicht aktenkundigen Kroaten 10 Stück dieser Faustfeuerwaffen samt Reservemagazinen und jeweils 50 Schuß Munition um 20.000 S verkaufte;

2.3.2. Anfang September 1992 dadurch, daß er (weitere) 10 Stück dieser Faustfeuerwaffen mit jeweiligen Reservemagazinen und jeweils 50 Stück Munition an einen weiteren, namentlich nicht aktenkundigen Kroaten veräußerte;

2.3.3. Mitte September 1992 dadurch, daß er 20 Stück dieser Faustfeuerwaffen samt jeweiligen Reservemagazinen und jeweils 50 Stück Munition an einen namentlich nicht aktenkundigen Bosnier um 40.000 S veräußerte,

gemäß § 336 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen, im Punkt 1./ detailliert die inkriminierten Kampfmittel, Waffen, Waffenbestandteile, Magazine und Munition anführenden Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft Wien mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 8 und 11 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch nicht berechtigt ist.

In der Instruktionsrüge (§ 345 Abs 1 Z 8 StPO), derzufolge die Rechtsbelehrung nähere Ausführungen in Richtung des § 9 Abs 2 und 3 StGB hätte enthalten müssen, wird zunächst nicht dargetan, welche über die Erläuterungen in S 3 f der Rechtsbelehrung hinausgehenden Ausführungen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft noch erforderlich gewesen wären. Vor allem aber ist die Anfechtung der Rechtsbelehrung nur hinsichtlich solcher Fragen zulässig, die den Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (Mayerhofer/Rieder StPO3 ENr 20 und 23 a zu § 345 Abs 1 Z 8 StPO). Im gegenständlichen Fall ist jedoch eine Zusatzfrage in Richtung des allfälligen Vorliegens eines Verbotsirrtums (§ 9 StGB) vom Gericht nicht gestellt (und im übrigen von der Staatsanwaltschaft auch nicht beantragt) worden, sodaß die Instruktionsrüge in diesem Punkt schon deshalb ins Leere geht.

Verfehlt ist die Rüge aber auch in ihrem Vorbringen, die Niederschrift der Geschworenen (zu den Hauptfragen A./ und B./1./) zeige, daß die Rechtsbelehrung zu § 12 (gemeint wohl: § 280) StGB sichtlich unzureichend gewesen sei, weil es bei der Verwirklichung des Tatbestandes des Ansammelns von Kampfmitteln nicht auf das Eigentum an den inkriminierten Materialien ankomme und (auch) ein bloßes Durchführen mechanischer Arbeiten den Tatbestand begründen könne, sofern die Tätigkeit eine der im Tatbestand aufgezeigten Handlungen oder Unterlassungen an sich darstelle. Werden - wie dies in S 10 bis 16 der Belehrung in ausführlicher Weise geschehen ist - die Tatbestandsmerkmale und die allfälligen weiteren in den Fragen vorkommenden Rechtsbegriffe zutreffend dargelegt und interpretiert (§ 321 Abs 2 StPO), dann bedarf es nämlich keines ergänzenden Hinweises der Rechtsbelehrung darauf, daß zusätzliche Merkmale weder zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlich sind (Eigentum am Kampfmittelvorrat) noch der Annahme der Deliktsverwirklichung entgegenzustehen vermögen (Durchführung bloß mechanischer Arbeiten). Auf hierauf bezügliche Verfahrensergebnisse einzugehen, ist nicht Aufgabe der schriftlichen Rechtsbelehrung, sondern (erforderlichenfalls) der vom Vorsitzenden mit den Geschworenen gemäß § 323 Abs 2 StPO abzuhaltenden Besprechung (Mayerhofer/Rieder aaO, ENr 14 f und 18 sowie Foregger/Kodek StPO6 Anm zu § 345 Abs 1 Z 8).

Der überdies herangezogene Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO kommt schließlich nur dann in Betracht, wenn die durch die Bejahung der Tatfrage festgestellten Tathandlungen rechtsirrig als eine in die Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung angesehen oder nicht angesehen werden. Wurde - wie im vorliegenden Fall - die Hauptfrage jedoch verneint, dann fehlt es an solchen Sachverhaltsannahmen. Die rechtlichen Erwägungen der Geschworenen, die zu einem solchen Wahrspruch führten, können daher nicht nach § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO gerügt werden, vielmehr kommt ihnen lediglich die Bedeutung eines Motivs zu, das aus der (an sich nicht anfechtbaren) Niederschrift ersichtlich geworden ist (Mayerhofer/Rieder aaO ENr 8 zu § 345 Abs 1 Z 11 lit a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

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