OGH 11Os83/95

OGH11Os83/9520.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Prof.Dr.Hager, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Radichevich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef A***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30.November 1994, GZ 12 b Vr 873/90-222, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef A***** der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 161 Abs 1 StGB (A/I und II), des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (A/III) und des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG (B) schuldig erkannt.

Nach den ausschließlich angefochtenen Schuldspruchfakten zu A liegt ihm zur Last,

im Zeitraum vom 25. Jänner 1984 bis zum 24. September 1989 als leitender Angestellter der P***** GmbH, die Schuldner mehrerer Gläubiger war,

I. von Februar 1984 bis Ende 1986 fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der P***** GmbH herbeigeführt zu haben, indem er nur 25 % der tatsächlichen Umsätze der Gesellschaft in den Geschäftsbüchern verzeichnen ließ und unverhältnismäßig Entnahmen tätigte;

II. von Anfang 1987 bis zum 24. September 1989 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der P***** GmbH fahrlässig die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger geschmälert zu haben, indem er Schulden zahlte und neue Schulden einging und

III. von Anfang 1988 bis Mitte September 1989 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Peter Hans Werner W***** als Mittäter in mehrfachen Tathandlungen vorsätzlich das Vermögen der P***** GmbH wirklich verringert zu haben, indem er Geldeingänge der P***** GmbH, die auf Grund erbrachter Leistungen auf Konten dieser Gesellschaft überwiesen worden waren, in der Gesamthöhe von 11,463.779,73 S nicht zur Gänze für Zwecke der P***** GmbH verwendete, wodurch die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger geschmälert wurde und der durch die Tat herbeigeführte Schaden zumindest 1,417.000 S beträgt und damit 500.000 S übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete, auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teils unbegründet, teils nicht prozeßordnungsgemäß zur Darstellung gebracht.

Zunächst vermag der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) unter keinem der angeführten Aspekte einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteiles darzutun.

Weder leidet die Urteilsbegründung an der behaupteten Undeutlichkeit in Ansehung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale (ersichtlich betreffend das Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB), weil das erkennende Gericht zwar - dem Gesetzestext folgend - die beiden rechtlich gleichwertigen Varianten dieses Tatbestandes, nämlich die Tathandlung in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit angeführt, dann aber ausdrücklich festgestellt hat, daß "der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Ende 1986 für den Angeklagten Josef A***** auf Grund der damals einsetzenden Exekutionsmaßnahmen von betreibenden Gläubigern eindeutig erkennbar war" (US 16), noch ist sie unvollständig. Das angefochtene Urteil setzt sich nämlich entgegen dem Beschwerdevorbringen sowohl mit der Aussage des Zeugen K***** (US 18) auseinander, als auch mit der Verantwortung des Angeklagten, er habe ordnungsgemäß Honorarnoten über seine erbrachten Leistungen an die Firma P***** GmbH gelegt (US 14).

Die behaupteten Mängel in der Bedeutung einer fehlenden oder offenbar unzureichenden Urteilsbegründung liegen ebenfalls nicht vor. So hat das Erstgericht seine Feststellung, wonach der Zeuge Leopold W***** lediglich Treuhänder für den Angeklagten gewesen ist, mit dem Hinweis auf die Aussage dieses Zeugen in ON 199/401 f hinreichend begründet (US 18). Soweit die Feststellung, die Tätigkeit des Angeklagten W***** habe sich vorwiegend auf Formalakte bzw die Entnahme von Geldern beschränkt, überhaupt als entscheidungswesentlich in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 5 StPO zu beurteilen wäre, wurde auch dazu eine ausführliche Begründung gegeben (US 8 iVm US 17), vor allem unter Bezugnahme auf die Depositionen des abgesondert verfolgten Peter Hans Werner W***** selbst. Schließlich ist die festgestellte "unveränderte Fortführung" der Firma nach Übertragung der Geschäftsanteile an jugoslawische Staatsangehörige mit dem Hinweis darauf ausreichend begründet, daß der Angeklagte Josef A***** gerade für diesen Fall dadurch vorgesorgt hatte, daß er über Blankogeschäftspapiere der Firma P***** GmbH verfügte, die von der "Geschäftsführerin" unterzeichnet worden waren, die auch zahlreiche Blankoschecks gefertigt hatte, so daß der Angeklagte weiterhin über die Firmenkonten verfügen konnte (US 10).

Eine Aktenwidrigkeit schließlich läge nur vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (Mayerhofer/Rieder, StPO3, E 185 zu § 281 Z 5). Nichts davon vermag der Beschwerdeführer darzutun, der mit seinen Ausführungen unter dem Punkt "Aktenwidrigkeit", wie in der Mängelrüge insgesamt, nur die Schlußfolgerungen der Tatrichter in Frage zu stellen versucht und damit auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Weise nach Art einer Schuldberufung deren Beweiswürdigung angreift, ohne Begründungsmängel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzeigen zu können. Das Erstgericht hat vielmehr über seine sich aus § 270 Abs 2 Z 5 StPO ergebende Pflicht zu einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe hinaus die Beweisergebnisse erschöpfend erörtert und daraus im Einklang mit den Denkgesetzen seine Schlußfolgerungen gezogen.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, die Beschwerdepunkte entweder bei der Anmeldung oder Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde deutlich und bestimmt zu bezeichnen (§ 285 a Z 2 StPO), teilweise nicht nachgekommen ist, weil sich nicht schon aus seinem Vorbringen, sondern erst mit Hilfe verschiedener Deduktionen erschließen läßt, auf welche Schuldspruchfakten es sich bezieht, teils berühren die Beschwerdeausführungen keine entscheidungswesentlichen Tatsachen.

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht der Beschwerdeführer schließlich die Urteilsannahmen sowohl zur objektiven als auch zur subjektiven Tatseite des Verbrechens der betrügerischen Krida, weil im Urteil ausdrücklich festgehalten ist, daß dem Angeklagten zumindest in den Jahren 1988 und 1989 bewußt war (er es also nicht nur ernstlich für möglich hielt), daß die Entnahme von Geldmitteln in dieser Höhe eine Schmälerung der Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zur Folge haben wird und daß er sich mit der Schädigung der Gesellschaftsgläubiger zumindest billigend abfand, diesen Erfolg schließlich sogar gewollt hat (US 12). Zuletzt wird die ausdrücklich und mängelfrei begründete Urteilsannahme, daß der Angeklagte Josef A***** "die gegenständliche Firma als faktischer Geschäftsführer" geführt hat (US 19), übergangen, weswegen die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist (Mayerhofer-Rieder aaO E 26 zu § 281).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben wird (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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