Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben dem am 25.Mai 1953 geborenen beschäftigungslosen Franz P***) die am 7.März 1954 geborene Prostituierte Margarete P*** des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Nach den Urteilsannahmen hatte Margarete P*** in der Zeit von 22.Juli 1980 bis Ende September 1981 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung durch Vortäuschung ihres Zahlungswillens und ihrer Zahlungsfähigkeit in sechs Fällen die Überlassung von Waren erschlichen und infolge Nichtbezahlung der aushaftenden Kaufpreise ihren Vertragspartnern einen 100.000 S übersteigenden Schaden zugefügt. Im einzelnen handelt es sich um folgende Geschäftsfälle (Schuldspruchfakten I 1 bis 6):
1./ Kauf von Möbeln von der Firma N*** am 22.Juli 1980 zum Preis von 1.500 S sowie unter der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreisrestes von 31.500 S in zwei Raten bis zum 15.September 1980 (Bd. III S 190 dA);
2./ Kauf eines Badeofens und eines Drahtgeflechtes von Wilhelm S*** am 16. bzw. 18.August 1980 unter Zusage der Zahlung des Preises von rund 11.077 S noch im laufenden Monat (Bd. III S 191 dA);
3./ Kauf zweier Fernsehapparate und elektrischer Kleingeräte von Hermann H*** am 30.Dezember 1980 unter der Verpflichtung, den Preis von 29.131 S bis Ende Jänner 1981 zu bezahlen (Bd. III S 192 dA);
4./ Kauf von Möbeln von der Firma WOHN-WELT am 24.Juni 1981 unter der Zusage der Bezahlung des bei Lieferung fälligen Preises von rund 122.516 S (richtig: 122.519 S - vgl. Bd. II S 117, 121 dA);
5./ Kauf eines Notstromaggregates von der Firma H*** am 27. Juli 1981 unter der Verpflichtung zur Bezahlung des innerhalb Monatsfrist ab Lieferung fälligen Preises von rund 81.402 S (Bd. III S 195 f dA);
6./ Kauf eines Fernsehapparates im Wert von 17.675 S von der Firma R***-V***-LEASING Ende September 1981 unter der Zusage der Zahlung des sofort fälligen Preises.
Außer der im Fall 1 gegebenen Anzahlung von 1.500 S leistete die Beschwerdeführerin keine weitere Zahlung. Von den gekauften Waren wurden jene, die den Gegenstand der ersten beiden Geschäftsfälle bilden, zumindest bis zum 1.Juni 1981, jene der Geschäftsfälle 4 und 6 mindestens bis Ende 1982 nicht zurückgestellt (Bd. III S 192 und 197 dA). Die am 30.Dezember 1980 verkauften Fernsehapparate erhielt Hermann H*** (Fall 3) etwa im Mai 1981 zurück. Das Notstromaggregat (Fall 5) wurde vom Gatten der Beschwerdeführerin, dem Mitangeklagten Franz P*** (der deswegen laut rechtskräftigem Schuldspruch B II Hehlerei zu verantworten hat), Ende des Jahres 1981 in unbrauchbarem Zustand verkauft (Bd. III S 196 dA). Franz P*** liegen neben der erwähnten Hehlerei Beitragstäterschaft zum Schuldspruchfaktum I 1, ein Einmietbetrug, verübt am 14.Jänner 1982 zum Nachteil des Gastwirtes Josef P*** (Schaden ca. 800 S), und die Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber seiner am 15.April 1983 geborenen außerehelichen Tochter Nicole S*** in der Zeit vom 3.Oktober 1985 bis 4.Mai 1987 (§ 198 Abs 1 StGB) zur Last.
Die Angeklagte Margarete P*** bekämpft das Urteil im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, und im Strafausspruch - ebenso wie Franz P*** - mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Die Beschwerdeausführungen zu allen drei Nichtigkeitsgründen verkennen, daß die für die Schadenshöhe beim Betrug bedeutsame sogenannte Schadenskompensation (unter Berücksichtigung opferbezogener Schadensfaktoren) nur dann von Relevanz ist, wenn und insoweit der Verlust, den der Vermögensinhaber durch die irrtumsbedingte Vermögensverfügung erlitten hat, durch einen ihm im unmittelbaren Ausgleich zugeflossenen (äquivalenten) Gegenwert gemindert wird. Maßgebender Zeitpunkt für den Vergleich von Leistung und Gegenleistung ist immer die Vornahme der kritischen Verfügung (vgl. Kienapfel, BT II, RN 160 ff, 173 zu § 146 StGB ua). Die Schadenskompensation setzt bei geleisteten Anzahlungen und von vornherein gewährten Sicherheiten (wie etwa Pfandrechten, Kautionen, Bürgschaften) ein, nicht aber bei bloß nachträglicher Rückstellung von Gebrauchsgütern, die durch betrügerischen Kauf erlangt wurden und - wie hier - einer erheblichen Wertminderung unterliegen, mögen sich die Veräußerer auch das Eigentumsrecht vorbehalten haben. Solchen Rückstellungen kommt grundsätzlich nur noch der Charakter nachträglicher teilweiser Schadensgutmachung zu. Sie können für die Straffrage, nicht aber für die Tatbildlichkeit oder für eine strafsatzbegründende Qualifikation des dem Täter zur Last liegenden Verhaltens im Sinn des Betruges maßgebend sein, der vollendet ist, wenn das Opfer den durch die vom Täter verursachte irrtumsbedingte Vermögensverfügung eintretenden Vermögensverlust effektiv erleidet, und der auch nicht voraussetzt, daß der zugefügte Schade für immer fortdauert (vgl. Leukauf-Steininger2, RN 33 zu § 146 StGB). Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die geschädigten Unternehmer im Rahmen ihres wirtschaftlichen Konzepts ausnahmsweise eine - durch den Eigentumsvorbehalt allenfalls mögliche - Rücknahme und abermalige Veräußerung der Waren in weit vermindertem Verkehrswert vorgesehen hätten, ergab das Beweisverfahren nicht. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes ist daher vorliegend auch nach Maßgabe der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise und unter Berücksichtigung opferbezogener Schadensfaktoren ohne Einfluß auf die strafrechtlich relevante Schadenshöhe (vgl. EvBl 1985/7). Der von der Beschwerdeführerin gerügte Mangel von Feststellungen zum Wert der herausgelockten Sachen im Zeitpunkt ihrer Rückstellung begründet daher keine Nichtigkeit des Urteiles (iS der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO).
Aus diesem Grund erübrigte sich auch die vom Verteidiger der Angeklagten in der Hauptverhandlung beantragte zeugenschaftliche Vernehmung von informierten Vertretern der Verkäufer in den Fällen I 1 bis 4 und 6 des Schuldspruches darüber, daß "im Hinblick auf die vom (gemeint: von der) Angeklagten geleistete Anzahlung und die Retourlieferung der Ware zum Teil überhaupt kein Schaden entstanden ist bzw. der Gesamtschade sich unter 100.000 S beläuft, und zwar zum Zeitpunkt der Rücklieferung der Ware" (Bd. III S 177 dA). Demnach geht die Verfahrensrüge fehl, die sich gegen jenes Zwischenerkenntnis wendet, mit dem der genannte Beweisantrag abgelehnt wurde (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO), wobei der Vollständigkeit halber zu bemerken ist, daß die im Fall I 1 des Schuldspruches geleistete Anzahlung von 1.500 S entsprechend der Verantwortung der Beschwerdeführerin (Bd. III S 154 ff dA) ohnedies bei der Ermittlung der Höhe des Schadens in Abzug gebracht ist.
Gleiches gilt für die Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO), soweit darin in bezug auf die Fakten I 1 und 2 eine Erörterung eines vereinbarten Eigentumsvorbehaltes unter dem Gesichtspunkt des Schädigungsvorsatzes vermißt wird, sowie für die gegen die Qualifikation nach dem § 147 Abs 3 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO):
Daß sich der Vorsatz der Angeklagten (§ 5 Abs 1 StGB) - die im Fall 1 (und zunächst auch im Fall 3) die Herausgabe der Sachen sogar verweigerte (Bd. III S 191 und 192 dA) - von vornherein nur auf einen um die jeweiligen Restwerte verminderten Schaden bezogen haben sollte, ist ihrer Verantwortung nicht zu entnehmen. Das Erstgericht hatte daher keinen Anlaß, diese Möglichkeit im Urteil besonders zu erörtern. Die (gegenteilige) in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) getroffene Feststellung (Bd. III S 203 f dA), wonach die Beschwerdeführerin von Anfang an nicht damit rechnete, die Gegenstände wieder herauszugeben, sondern beabsichtigte, sie so lange als möglich zu behalten, wobei ihr bewußt war, daß der Schade unter Umständen die volle Kaufpreishöhe erreiche, wird im übrigen in der Beschwerde - in Richtung eines Begründungsmangels - gar nicht bekämpft.
Die Rechtsrüge hinwieder läßt die Urteilsfeststellungen zum Umfang des Schädigungsvorsatzes (Bd. III S 204, 210 dA) außer acht und gelangt mithin nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Dem übrigen Vorbringen der Rechtsrüge zuwider legte das Erstgericht aber im Sinn obiger Erwägungen der Schadensberechnung zutreffend die aushaftenden Kaufpreise zugrunde.
Auch mit ihrem sonstigen Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin nicht durchzudringen:
Entgegen der in der Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) vertretenen Auffassung lehnte das Erstgericht die Vernehmung der Zeugin Herta M*** (Bd. III S 177 dA) im Ergebnis ebenfalls ohne Verletzung der Verteidigungsrechte ab. Ob nämlich, worauf sich der Beweisantrag bezieht, in dem von der Angeklagten und ihrem Ehemann zur Zeit der Anschaffung des Stromaggregates (Faktum I 5) bewohnten Objekt ein Stromanschluß vorhanden war oder nicht, ist für die innere Tatseite des Betruges (Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz im Sinn des § 5 Abs 1 StGB) unerheblich. Die Behauptung einer von der Angeklagten angenommenen Verpflichtung der Vermieterin (M***) zur Übernahme der Kosten der Anschaffung des Aggregates ist aus den Einlassungen der Beschwerdeführerin (vgl. Bd. III S 162 dA: "... Vielleicht (!) hätte es auch die Hausbesitzerin zahlen müssen ...") nicht zu ersehen. Deshalb geht auch der hiezu erhobene Einwand einer Unvollständigkeit der Begründung (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) nicht von der Aktenlage aus, womit in diesem Punkt auch die Mängelrüge einer dem Gesetz gemäßen Ausführung entbehrt.
Als nicht stichhältig erweist sich überdies, was letztlich als Mängelrüge zu den Fakten I 3 und 4 ins Treffen geführt wird:
Das Erstgericht versagte in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) der (leugnenden) Verantwortung der Beschwerdeführerin insgesamt den Glauben. Im Rahmen der vom Gesetz (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) gebotenen gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe war es weder erforderlich noch möglich, zu jedem Detail der Verantwortung, auf die sich Einreden in der Nichtigkeitsbeschwerde stützen, schon im voraus Stellung zu nehmen. Daher war das Erstgericht auch nicht gehalten, speziell auf die Verantwortung der Beschwerdeführerin einzugehen, sie habe einen der beiden von Hermann H*** gekauften Fernsehapparate (Schuldspruch I 3) mit einem von Irene R***, der damaligen Freundin ihres Mannes, aufzunehmenden Kredit bezahlen wollen (Bd. III S 157 dA). Zu einer besonderen Erörterung unter dem Aspekt der subjektiven Tatseite bestand umso weniger Anlaß, als sich aus der Angeklagten-Verantwortung keinerlei Hinweis ergibt, daß der damals erst 16-jährigen R*** ein solcher Kredit zugesichert worden wäre oder die Beschwerdeführerin eine solche Zusicherung realistischerweise auch nur erwartet hätte. Daß nach den zeugenschaftlichen Aussagen der Irene R*** das - übrigens abgelehnte - Kreditansuchen (unter falschen Angaben) erst nach dem Kauf des Fernsehapparates gestellt wurde (Bd. III S 174 dA), sei nur am Rand erwähnt.
Schließlich liegt auch darin kein Begründungsmangel, daß das Erstgericht nicht im besonderen auf die Verantwortung der Beschwerdeführerin zum Faktum I 4 (Möbelkauf zum Preis von rund 122.000 S) Bezug nahm, wonach sie in diesem Fall ein Freund finanziell hätte unterstützen sollen (Bd. III S 158 ff dA). Inhaltlich dieser Verantwortung wäre Voraussetzung für die Tragung des Kaufpreises durch den angeblichen (nicht namentlich genannten) Freund die Aufnahme einer Lebensgemeinschaft mit ihm gewesen, was die Angeklagte selbst aber gar nicht gewollt habe (Bd. III S 159 dA). Ihre Beschwerdebehauptung, sie habe im Zeitpunkt der Bestellung der Waren angenommen, ihr Freund werde im Fall der Nichterfüllung ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Firma WOHN-WELT für sie "einspringen", entspricht sohin nicht ihrer eigenen Verantwortung, weshalb die Mängelrüge auch in diesem Belang der erforderlichen Aktentreue entbehrt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten Freiheitsstrafen, und zwar über Margarete P*** nach dem § 147 Abs 3 StGB im Ausmaß von zwölf Monaten und über Franz P*** nach dem § 147 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB in der Dauer von sechs Monaten.
Als erschwerend wurden bei beiden Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen, darüber hinaus bei Margarete P*** die mehrfache Tatwiederholung und bei Franz P*** der überaus rasche Rückfall im unterhaltsrechtlichen Bereich gewertet. Mildernd war bei Margarete P*** die teilweise objektive Schadensgutmachung und das lange Zurückliegen der Taten, bei Franz P*** dessen teilweises Geständnis.
Die Berufung der Erstangeklagten zielt auf eine Strafermäßigung ab, der Zweitangeklagte strebt die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.
Beide Berufungen sind nicht berechtigt.
Das in erster Instanz für Margarete P*** als angemessen erkannte Strafmaß - die Untergrenze des im Gesetz für das Verbrechen des schweren Betruges mit einem 100.000 S übersteigenden Schaden vorgesehenen Strafrahmens - berücksichtigt in Anbetracht der deutlich über der Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB liegenden Schadenshöhe und der Zahl der Fakten bereits ausreichend das lange Zurückliegen der Taten und kann so nicht weiter reduziert werden. Dem Zweitangeklagten Franz P*** ist zu erwidern, daß schon die neuerliche Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB für sich allein einer Anwendung des § 43 Abs 1 StGB aus spezialpräventiven Erwägungen entgegensteht, blieb doch die Verurteilung des Bezirksgerichtes Villach vom 3. Oktober 1985 (AZ 3 U 59/85) zu einer einmonatigen, unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe wegen des gleichen Deliktes auf ihn ohne die erwünschte bessernde Wirkung, wie die Tatsache zeigt, daß er sein deliktisches Verhalten im Bereich der Unterhaltspflicht unmittelbar darnach über einen langen Zeitraum fortsetzte.
Somit konnte auch den Berufungen kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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