OGH 11Os81/85

OGH11Os81/854.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Juni 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mader als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dragomir A wegen des Vergehens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1, erster Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 13.März 1985, GZ 22 Vr 345/85-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der jugoslawische Staatsbürger Dragomir A, geboren am 8.Februar 1956, des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, erster Fall, StGB schuldig erkannt. Darnach setzte er in Landeck nachstehend angeführte Personen dadurch der Gefahr der behördlichen Verfolgung aus, daß er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 StGB falsch verdächtigte, wobei er wußte (§ 5 Abs. 3 StGB), daß die Verdächtigung falsch war, und zwar 1. am 8.August 1984 den Radovan B durch seine vor dem Bezirksgericht (in anderer Sache) abgelegte Beschuldigtenaussage: 'Ich weiß ganz sicher, daß er dort die Toten beraubt. Er nimmt ihnen die Goldzähne heraus. Er hat bestimmt an die 2 kg Gold zu Hause in Innsbruck' und 2. (seinen Onkel) Vlademir A durch die vor dem Bezirksgericht (in dieser Sache) gewählte Beschuldigtenverantwortung: 'Vielmehr bleibe ich dabei, daß Radovan B ebenso wie mein Onkel in Innsbruck Goldzähne der Toten an sich nehmen'.

Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer nur auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, indem er behauptet, das Gericht habe für die entscheidenden Tatsachen nur unzureichende Gründe angegeben, 'allenfalls' auch eine Scheinbegründung, wobei alles Ungeklärte zu seinem Nachteil verwendet worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Wenn der Beschwerdeführer den - für die Beweiswürdigung unverwertbaren (RZ 1976/7) - Umstand, daß sein Onkel sich in der Hauptverhandlung gemäß § 152 StPO der Zeugenaussage entschlug und daß er ihm gegenüber keine Rachegefühle hege, als Indiz für die Richtigkeit seiner Verdächtigungen und damit auch seiner Verantwortung reklamiert, trägt er den verwertbaren und vom Erstgericht verwerteten, in der Urteilsbegründung auch dargelegten Beweisen nicht Rechnung. Es deponierte nämlich auch der (in der Hauptverhandlung zufolge Entschlagung nicht vernommene) Zeuge Vlademir A bei seiner polizeilich protokollierten Vernehmung, die in der Hauptverhandlung verlesen wurde (S 46 in Verbindung mit S 55), daß er niemals aus eröffneten Gräbern Schmuck wegnahm und seinem Neffen (dem Angeklagten) auch nie solchen Schmuck zeigte (S 43), was das Gericht ausdrücklich zur Begründung heranzog (S 64). Auch wurde dem Beschwerdeführer nicht unterstellt, gegenüber seinem Onkel aus Rache gehandelt zu haben, sondern unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß dieses Motiv nur gegenüber B vorlag (S 64 unten, 65 oben). Es ist daher kein logischer Fehler in der vom Erstgericht aus den mit aktengetreuer Begründung als glaubwürdig beurteilten Aussagen dieser beiden Zeugen und der Diskrepanz zur Verantwortung des Angeklagten (der sich seinerseits auf diese beiden Zeugen beruft) abgeleiteten Schlußfolgerung zu sehen, daß eine wissentliche Falschbezichtigung auf der Hand liegt. Diesen demnach nachvollziehbar in der Urteilsbegründung dargelegten Akt der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) als Scheinbegründung zu deklarieren, kann nur einem Mißverständnis des Begriffes der formal unzureichenden Urteilsbegründung entspringen; das Vorbringen stellt sich in Wahrheit nur als der im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässige Versuch dar, die freie Beweiswürdigung anzufechten. Wenn die Beschwerde aber meint, bei der gegebenen Beweislage hätte auf jeden Fall der Leiter der Städtischen Friedhofsverwaltung Oberamtsrat C - der im übrigen die Vorwürfe mangels Gelegenheit als unmöglich hinstellte (S 19) - in der Hauptverhandlung persönlich vernommen werden müssen, bringt sie auch damit nicht den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zur gesetzmäßigen Darstellung, weil nicht die mangelnde Würdigung vorliegender Beweisergebnisse, sondern lediglich die Unvollständigkeit des Verfahrens behauptet wird, die nur unter der (hier nicht gegebenen) Voraussetzung einer entsprechenden Antragstellung unter dem Gesichtspunkt der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO Nichtigkeit des Urteils bewirken könnte (Mayerhofer-Rieder, E 82, 83, 84 zu § 281 Z 4 StPO).

Die Beschwerde war daher gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Mangels Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde fehlt es aber an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung (EvBl. 1981/46 u. v.a.). über sie wird das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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