OGH 11Os72/13t

OGH11Os72/13t18.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Wagner‑Haase als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martin L***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Dezember 2012, GZ 012 Hv 7/12b‑382a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, in der rechtlichen Qualifikation des Schuldspruchs nach § 148 zweiter Fall StGB sowie folglich im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin L***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien und anderen Orten zwischen Jänner 2008 und Juli 2011 teils alleine, teils mit einem bereits rechtskräftig verurteilten Mittäter in zahlreichen Fällen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Anderen unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung (teils) schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Ersturteil namentlich angeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, als langjährig erfolgreicher Finanzberater Darlehen privater Investoren im Betrag mehrerer hunderttausend bzw auch mehrerer Millionen Euro vermitteln zu können, zur Zahlung von im Ersturteil im Einzelnen angeführten, teilweise 3.000 Euro übersteigenden Geldbeträgen für die vermeintliche Darlehensvermittlung, sohin zu Handlungen verleitet (I., II., III.) und zu verleiten versucht (IV.), die diese Personen an ihrem Vermögen schädigten oder schädigen sollten, wobei der Schaden 50.000 Euro übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO.

In seiner Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer, es fehle dem Urteil an einer eindeutigen und faktenbezogenen Begründung für die festgestellten (US 18 ff) Täuschungshandlungen. Er übergeht dabei, dass die Tatrichter (von ihm unbestritten) von einer in allen Fällen völlig gleichartigen Vorgehensweise ausgingen (US 18), weshalb das illustrative Begründen durch einzelne Aussagen (wie die der vom Nichtigkeitswerber selbst genannten Zeugen N***** US 47, M***** und S***** US 51 sowie P***** US 55, aber auch etwa der Zeugen U***** und St***** US 43 f, Pa***** US 52 sowie T***** US 58) nach Lage des Falls die vorgebrachte Nichtigkeit nicht herstellt, zumal sich aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (an denen der Nichtigkeitswerber nicht das gebotene Maß nimmt ‑ RIS‑Justiz RS0119370, RS0116504) unter Bezug auf die Deponate der Geschädigten ergibt, dass keine einzige Finanzierung erfolgreich abgeschlossen, ja überwiegend trotz Kassieren der Provision im Vorhinein nicht einmal ernsthaft betrieben wurde (US 42 f); überdies verwerteten die Tatrichter die Belastung des Angeklagten durch den dafür bereits rechtskräftig verurteilten Mittäter auch im beanstandeten Punkt (US 37, 45 f).

Indem aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO nur das angebliche Fehlen aktenkundiger Beweisergebnisse für die Schuld des Angeklagten (hier hinsichtlich der Täuschungshandlungen in allen zur Verurteilung gelangten Fakten), nicht aber gegen dessen Schuld sprechende Tatumstände releviert werden, gelangt die Tatsachenrüge ‑ die teilweise durch Verweis auf das Vorbringen der Mängelrüge argumentiert (vgl zum Unterschied der beiden Nichtigkeitsgründe Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 471) ‑ nicht zu prozessförmiger Darstellung (13 Os 28/09f, 11 Os 127/09z ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof allerdings von einem ungerügt gebliebenen Rechtsfehler mangels Feststellungen zum Nachteil des Angeklagten (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 281 Abs 1 Z 10 StPO): Eine auf schwere (betragsqualifizierte) Betrügereien gerichtete gewerbsmäßige Tendenz (§ 70 StGB) ist in den Entscheidungsgründen nicht festgestellt (US 20 f, 60); die Erwähnung im Spruch (US 2) genügt für die Subsumtion unter § 148 zweiter Fall StGB nicht (RIS‑Justiz RS0099791).

Es musste daher wie aus dem Spruch ersichtlich vorgegangen werden (§ 285e StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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