OGH 11Os68/05t

OGH11Os68/05t26.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Francisc S***** wegen mehrerer Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG sowie anderer strafbarer Handlungen, AZ 35 Hv 32/05h des Landesgerichtes Innsbruck, über die vom Generalprokurator gegen das Urteil vom 24. März 2005 (ON 27) und die unter einem gefassten Beschlüsse nach § 494a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Mag. Fuchs, und des Verteidigers Dr. P***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Francisc S*****, AZ 35 Hv 32/05h des Landesgerichtes Innsbruck. verletzt das Urteil dieses Gerichtes als Schöffengericht vom 24. März 2005 (ON 27) durch den nachträglichen Strafausspruch (§ 15 Abs 1 JGG) zum Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. März 2003, GZ 23 Hv 24/03s-19, das Gesetz in dem im XX. Hauptstück der StPO verankerten Grundsatz der Bindungswirkung gerichtlicher Entscheidungen.

Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch sowie demzufolge auch die unter einem gefassten Beschlüsse nach § 494a StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck zurückverwiesen.

Die Anträge der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 18. Jänner 2005 und vom 24. März 2005 auf nachträglichen Strafausspruch zum Verfahren AZ 23 Hv 24/03s des Landesgerichtes Innsbruck werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem (gemäß § 488 Z 7 iVm § 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. März 2003, GZ 23 Hv 24/03s-19, wurde der am 27. Dezember 1987 geborene Francisc S***** - unter gemäß § 13 Abs 1 JGG erfolgtem Vorbehalt der Strafe (Probezeit zwei Jahre) - des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Am 24. Mai 2004 erfolgte zu GZ 3 U 189/03s-25 des Bezirksgerichtes Schwaz aufgrund mehrerer, im Zeitraum von Oktober 2002 bis 20. November 2003 begangener Taten ein (mittlerweile ebenfalls rechtskräftiger) Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen, wofür Francisc S***** unter Einbeziehung des Schuldspruchs des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. März 2003 zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt wurde, wobei das Gericht gemäß § 494a Abs 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO aussprach, dass im Verfahren AZ 23 Hv 24/03s des Landesgerichtes Innsbruck ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt.

Mit am 30. März 2005 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 24. März 2005 (GZ 35 Hv 32/05h-27) wurde Francisc S***** (richtig:) mehrerer im Zeitraum Dezember 2003 bis 19. Oktober 2004 begangener Verbrechen nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG sowie mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen:) erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt und hiefür unter (nochmaligem) nachträglichem Strafausspruch zum Schuldspruch des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. März 2003, GZ 23 Hv 24/03s-19, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf der zu AZ 3 U 189/03s des Bezirksgerichtes Schwaz gewährten bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre abgesehen und erneut ausgesprochen, dass ein nachträglicher Strafausspruch zum Verfahren AZ 23 Hv 24/03s des Landesgerichtes Innsbruck nicht mehr in Betracht kommt.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht der (abermalige) nachträgliche Strafausspruch zum Schuldspruch des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. März 2003 durch das Urteil dieses Gerichtes als Schöffengericht vom 24. März 2005, GZ 35 Hv 32/05h-27, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die - im Übrigen zum Zeitpunkt der Urteilsfällung bereits rechtskräftige und aktenkundige - Entscheidung vom 24. Mai 2004 über den nachträglichen Strafausspruch (§ 15 Abs 1 JGG) entfaltete seit der Übergabe an die Gerichtskanzlei eine Bindungs-(Sperr-)wirkung (SSt 51/5, SSt 54/57). Es durfte daher weder das erkennende noch ein anderes Gericht ohne vorangegangene prozessordnungsgemäße Kassation dieser Entscheidung über deren Gegenstand neuerlich absprechen (EvBl 1989/64, 11 Os 65/04).

Da der zweimalige nachträgliche Strafausspruch eine Doppelbestrafung darstellt, war die Feststellung der Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte