Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche von angeklagter Verwaltigung und geschlechtlicher Nötigung in den Jahren 2006 und 2007 enthält - wurde Martin K***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) und des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in Tösens und an anderen Orten
I. in der Zeit zwischen 2002 und 20. Dezember 2004 mit der am 21. Dezember 1990 geborenen Patrizia A*****, sohin mit einer unmündigen Person, eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er mit seinen Fingern in deren Scheide eindrang;
II. in der Zeit zwischen 2002 und 20. Dezember 2004 außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an der am 21. Dezember 1990 Patrizia A*****, sohin an einer unmündigen Person, vorgenommen, indem er sie mehrfach unter ihrer Kleidung an der Brust abgriff.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte erhebt gegen den Schuldspruch I Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO.
Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf „ergänzende kontradiktorische Einvernahme der Zeugin Patrizia A*****" (S 141 ff). Die Genannte war im Vorverfahren kontradiktorisch als Zeugin vernommen worden (ON 3) und hatte dabei nach entsprechender Belehrung erklärt, in einer allfälligen Hauptverhandlung nicht mehr aussagen zu wollen (S 59).
Hat ein Zeuge - wie hier - rechtmäßig von seinem Recht auf Befreiung von weiteren Aussagen Gebrauch gemacht (nunmehr § 156 Abs 1 Z 2 zweiter Fall StPO), ist eine neuerliche Vernehmung ohne dessen Zustimmung nicht möglich. Dass sich im Gegenstand die Zeugin A***** entgegen ihrer ausdrücklichen Erklärung doch zu einer Aussage in der Hauptverhandlung bereit finden werde, wurde im Beweisantrag nicht einmal behauptet. Dieser verfiel daher zu Recht der Abweisung (vgl RIS-Justiz RS0117928, unter anderem 14 Os 7/06w, EvBl 2006/86, 464, zuletzt 13 Os 113/07b; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331). Undifferenziert aus Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO bringt der Beschwerdeführer im Sinne seiner Einlassung im Erkenntnisverfahren vor, er habe die inkriminierte digitale Penetration nicht vor Erreichen des 14. Lebensjahres des Tatopfers durchgeführt. Übergangene Beweisergebnisse oder sonstige mit Mängelrüge fassbare Formalgebrechen vermag er allerdings keine zu nennen. In der Tatsachenrüge behauptet er, „das Beweistagsatzungsprotokoll über die kontradiktorische Einvernahme der Zeugin A***** (ON 3, S 57) lässt jede zeitliche Konkretisierung vermissen, die eine Feststellung rechtfertigen würde, dass der Angeklagte das Faktum I zu einem Zeitpunkt begangen hat, als die Zeugin noch unmündig war". Weder der Hinweis auf eine Passage der Vernehmung des Mädchens vor der Polizei (in der sie keine konkreten Erinnerungen hinsichtlich Tathandlungen und deren Zeitpunkten anzugeben vermochte - S 31) noch die subjektiv-spekulative Analyse der kontradiktorischen Vernehmung durch den Nichtigkeitswerber erweckt allerdings beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die den Schuldspruch I tragenden Feststellungen.
Dem Protokoll (S 59 f) ist vielmehr zu entnehmen, dass zu Beginn der Befragung lediglich Vorfälle vor Erreichen des 14. Lebensjahres des mutmaßlichen Opfers thematisiert wurden und die Zeugin diesbezüglich - dem Rechtsmittelstandpunkt zuwider - unmissverständlich ein Eindringen der Finger des Angeklagten in ihre Scheide deponierte. Die (Aufklärungs-)Rüge angeblich ungenügender Hinterfragung versäumt die Darlegung, wodurch der Angeklagte an diesbezüglicher Problematisierung gehindert gewesen wäre (RIS-Justiz RS0114036), zumal er ohnedies von seinem Fragerecht Gebrauch gemacht hatte (s S 75).
Ob es digitale Penetrationen auch nach dem 20. Dezember 2004 gegeben hat (S 65 f), betrifft gegenständlich keine entscheidenden Tatsachen (mehr).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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