Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf sieben Jahre herabgesetzt.
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der am 30.Jänner 1976 geborene Simon James Ga***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB (I) und der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 letzter Fall, Z 2 letzter Fall und Abs 2 Z 1 und 2 StGB (II) schuldig erkannt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat er
(zu I) in der Nacht zum 31.August 1996 in Raabau mit Gewalt gegen eine Person und unter Verwendung einer Waffe sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Barbara Gu***** einen Bargeldbetrag von 2.000 S, daher eine fremde bewegliche Sache mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz abgenötigt, indem er dem Herbert Gu***** eine gefüllte Ein-Liter-Glasflasche auf den Kopf schlug, ihm einen Faustschlag und Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht versetzte, ihn würgte, mehrfach zu Boden stieß und ankündigte, er werde ihn kalt machen, wobei er jeweils die Herausgabe von Geld forderte, und
(zu II) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch gefährliche Drohungen mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung des Herbert Gu*****, nämlich durch die wiederholten Ankündigungen, er werde Herbert Gu***** sonst wegen seines homosexuellen Kontaktes mit ihm (Simon James Ga*****) nachts zum 31.August 1996 anzeigen und ihn ins Gefängnis bringen und er werde dessen Homosexualität in der Öffentlichkeit publik machen, zu nachgenannten, am Vermögen schädigenden Handlungen, nämlich zur Herausgabe von Bargeld von insgesamt 4.500 S genötigt, wobei er die Erpressung gewerbsmäßig beging, durch längere Zeit hindurch fortsetzte und die Genötigten in einen qualvollen Zustand versetzte, und zwar
(1) am 31.August 1996 in Feldbach Herbert Gu***** zur Herausgabe von
1.500 S;
(2) am 31.August 1996 in Feldbach Herbert Gu***** zur Herausgabe von 400 S;
(3) am 1.September 1996 in Feldbach Herbert Gu***** zur Herausgabe von 1.600 S;
(4) am 8.September 1996 in Raabau Barbara Gu***** zur Herausgabe von 1.000 S.
Die Geschworenen bejahten die jeweils (anklagekonform) auf diese Delikte bezogenen Hauptfragen (fortl Zahl 1 und 4) stimmeneinhellig. Die in Richtung des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB sowie - insoweit verfehlt (siehe unten) - des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB gestellten Eventualfragen (fortl Zahl 2 und 3) zur Hauptfrage 1 blieben unbeantwortet.
Lediglich den Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB (Punkt I) bekämpft der Angeklagte mit auf die Z 6 des § 345 Abs 1 StPO und der "Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO" (gemeint wohl - wie sich einerseits aus dem Beschwerdevorbringen, andererseits aus dem Beschwerdeantrag "Freispruch" ergibt - Z 11 lit a und 12 des § 345 Abs 1 StPO) gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, die sich als nicht berechtigt erweist.
Rechtliche Beurteilung
Zu Unrecht moniert der Beschwerdeführer mit der Fragestellungsrüge (Z 6) die Unterlassung der Stellung einer (weiteren) Eventualfrage nach dem Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB zur (auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB gerichteten) Hauptfrage 1. Durch eine solche Schuldfrage ist zwar inbesondere auch einem Vorbringen in der Hauptverhandlung Rechnung zu tragen, welches indiziert, daß der einer vollendeten Straftat Angeklagte nur des Versuches schuldig sein könnte (§ 314 Abs 1 StPO). Die Möglichkeit des Entfalls bloß einer von der Anklage erfaßten Qualifikation kann hingegen nicht zur Stellung einer gesonderten Schuldfrage nach dem Grundtatbestand - dessen Verwirklichung ja auch für die Bejahung der Schuldfrage nach dem qualifizierten Delikt vorausgesetzt werden muß - Anlaß geben (die das vollendete Grunddelikt nach § 142 Abs 1 StGB betreffende Eventualfrage 3 war daher verfehlt). Eine gesonderte Fragestellung ist nur bei Beschränkung der Schuld-(Haupt- oder Eventual-)frage auf den Grundtatbestand und Beifügung einer (uneigentlichen) Zusatzfrage (§ 316 StPO) nach der Verwirklichung der Qualifikation zulässig.
Gemäß § 317 Abs 2 StPO bleibt es der Beurteilung des Schwurgerichtshofes anheimgestellt, ob ein strafsatzändernder Umstand in die Hauptfrage aufzunehmen oder zum Gegenstand einer besonderen Frage zu machen ist. Bei Wahl ersterer - in der Regel zweckmäßiger (vgl Mayerhofer StPO4 § 316 E 9) - Fragestellungsart sind allerdings die Geschworenen auf die Möglichkeit, die Hauptfrage unter Beifügung einer entsprechenden Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) zu bejahen, hinzuweisen (vgl Mayerhofer aaO E 8).
Im vorliegenden Falle wurde den Geschworenen ohnedies eine (Eventual-)Frage nach dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB gestellt. Auf die Möglichkeit ihrer Beantwortung mit einer dem Standpunkt des Beschwerdeführers entsprechenden Einschränkung wurden sie in der allgemeinen Rechtsbelehrung (RMB 1, welche im Beratungszimmer auflag - siehe Rechtsmittelbelehrung S 2, erster Absatz) und im Formblatt über die Fragen an die Geschworenen (StPO Form.Prot 15) ausdrücklich hingewiesen.
Mit dem Vorbringen in der Subsumtionsrüge (Z 11 a und 12), das zu Punkt I des Schuldspruches inkriminierte Verhalten sei - wenn überhaupt - nur als Erpressung oder als versuchter "einfacher" Raub strafbar, setzt sich die Beschwerde über die Feststellungen im Wahrspruch hinsichtlich des beim Angeklagten schon bei der Führung des Schlages mit der vollen Literflasche vorgelegenen Bereicherungsvorsatzes und der tatsächlich hiedurch erfolgten Abnötigung von 2.000 S hinweg. Damit bringt er aber mangels Festhalten am Tatsachensubstrat den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe und wertete als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die mehrfache Qualifikation beider Verbrechen, die drei einschlägigen von insgesamt fünf Vorstrafen, wobei zwei Vorstrafen zueinander im Verhältnis gemäß §§ 31, 40 StGB stehen, die besondere Brutalität beim Raub, den raschen Rückfall, die mehrfache Begehung der Tat bei der Erpressung trotz der Gewerbsmäßigkeit sowie das Tatverhalten in übergeordner Rolle; als mildernd das Teilgeständnis sowie das Alter unter 21 Jahren.
Weiters faßte es gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO den Beschluß auf Widerruf der im Verfahren zum AZ 4 E Vr 1274/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz und zum AZ U 303/95 des Bezirksgerichtes Feldbach bedingt nachgesehenen dreimonatigen sowie einmonatigen Freiheitsstrafe und der zum AZ 2 BE 482/96 gewährten bedingten Entlassung einer restlichen Freiheitsstrafe von fünfzehn Tagen.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Entgegen der Argumentation des Berufungswerbers sieht § 33 Z 4 StGB als besonderen Erschwerungsgrund (unter anderem) den Umstand an, wenn der Täter der Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung oder an einer solchen Tat führend beteiligt gewesen ist. Dies trifft im gegenständlichen Fall auf den Angeklagten zu, sodaß dieser Umstand vom Geschworenengericht mit Recht als erschwerend zugerechnet worden ist. Im Recht ist die Beschwerde jedoch mit dem Einwand, daß das Geständnis zum Verbrechen der schweren Erpressung und das Alter unter 21 Jahren vom Geschworenengericht nicht entsprechend bei der Strafbemessung berücksichtigt worden sind. Unter zutreffender Gewichtung dieser Milderungsgründe ist die Reduktion der Freiheitsstrafe - auch unter Berücksichtigung des erheblichen Aggressionspotentials des Täters ebenso wie der ablehnenden Einstellung gegen Eigentumswerte und seinem nicht unerheblichen Verschulden - geboten, um unter richtiger Bewertung des sozialen Störwerts der Tat die Sanktion dem Unrechtsgehalt anzupassen.
Der Widerruf der dem Angeklagten gewährten bedingten Strafnachsichten bzw bedingten Entlassungen gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO war jedoch - wie das Geschworenengericht richtig ausgeführt hat - zusätzlich zu seiner nunmehr neuerlichen Verurteilung erforderlich, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB), weil die Aufrechterhaltung der bloßen Androhung des Vollzuges der Strafen bzw Strafreste trotz schwerster abermaliger Delinquenz innerhalb der Probezeit in der Tat nicht geeignet erscheinen, die damit anzustrebende spezialpräventive Effizienz zu entfalten.
Der (implizierten) Beschwerde gegen den Widerruf muß daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.
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