Spruch:
Bernhard Lothar G***** wurde in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Gegen Bernhard Lothar G***** wird beim Landesgericht Wels zum AZ 7 Vr 123/99 Voruntersuchung wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, teilweise als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB, geführt. Ihm liegt zur Last, er habe in der Zeit von 1994 bis Mai 1997 in verschiedenen Orten Österreichs, der Tschechischen und der Slowakischen Republik sowie in Polen als Geschäftsführer der ILG-A und als Gründungsgesellschafter der ILG-CZ s.r.o. und der ILG-PL Sp.z.o.o. im Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Peter K***** jun., Ernst G*****, Alfred F*****, Wolfgang und Helga S***** sowie seinem mit Generalvollmacht ausgestatteten Nachfolger Michal B***** zur betrügerischen Initiierung bzw Förderung des Lottosystems "EURO-LIGTH - das intelligentere Lotto" dadurch mitgewirkt bzw beigetragen, daß er von Spielteilnehmern in mehrstelliger Millionenhöhe eingezahlten Einlagebeträge entgegen den Zusagen an die Kunden nur zu einem geringen Teil in das staatliche Lottospiel des jeweiligen Landes eingesetzt, zum größten Teil jedoch über ein Firmengeflecht im In- und Ausland verteilt und in Form von Provisionen und Gewinnausschüttungen an die verdächtigen (Mit-)Täter und sich selbst ausbezahlt hat.
Bernhard Lothar G***** befindet sich seit 3. März 1999 aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1, Z 3 lit a und b StPO in Untersuchungshaft. Davor befand er sich ab 22. Mai 1997 in Spanien zu diesem Verfahren in Auslieferungshaft.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Linz der Beschwerde des Beschuldigten gegen die Beschlüsse auf Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht Folge und ordnete deren Fortdauer bis längstens 31. Mai 1999 an.
Der dagegen von Bernhard Lothar G***** erhobenen Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Beschwerdeführer "den Inhalt seiner Haftbeschwerde, gerichtet an das OLG Linz wiederholt" somit auf diese verweist, wird die Beschwerde dem Gebot "auf einem für ein Höchstgericht angemessenen Argumentationsniveau" zu begründen, worin er die Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit erblickt, nicht gerecht. Mangels Ausrichtung der Beschwerde auf die bekämpfte Entscheidung ist sie insoweit einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich (Hager/Holzweber GRBG § 3 E 2 bis 6). Im weiteren verkennt der Beschuldigte, daß der Oberste Gerichtshof auch im Grundrechtsbeschwerdeverfahren keine Tatsacheninstanz ist, sondern auf Grund der Aktenlage zu entscheiden hat, wobei Neuerungsverbot besteht (Mayrhofer/Steininger GRBG § 3 Rz 9 f, § 7 Rz 29). Die Anträge auf Beischaffung von Unterlagen sind daher unbeachtlich.
Nicht grundrechtsrelevant, aber auch unrichtig ist der Einwand, der festgenommene Beschwerdeführer sei nicht über die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen informiert worden. Abgesehen davon, daß er im Auslieferungsverfahren mit dem gegen ihn vorliegenden Tatverdacht konfrontiert worden war, hat ihn auch der Untersuchungsrichter anläßlich der ersten Vernehmung nach Einlieferung in die Justizanstalt Wels über die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen unterrichtet und ihn über seine Rechte belehrt (S 495 Band 43). Der Beschuldigte wollte jedoch vor Rücksprache mit seinem Verteidiger weder zur Person noch zur Sache Angaben machen.
Eine Vorbereitungsfrist des Verteidigers auf die Haftverhandlung ist insbesondere im Hinblick auf die fristgebundene Dringlichkeit der Überprüfung der Haft im Gesetz nicht vorgesehen (Hager/Holzweber GRBG § 2 E 67). Daß dem Verteidiger eine Besprechung mit seinem Klienten vom Richter verweigert worden wäre, wird nicht behauptet. Die im übrigen nach Durchführung der Haftverhandlung erfolgte Verlegung des Beschuldigten von der Justizanstalt Wels in die Justizanstalt Linz stellt - auch wenn dadurch der Verkehr zwischen dem Untersuchungshäftling und seinem Verteidiger erschwert werden könnte - keine unrichtige Gesetzesanwendung durch einen Richter dar, weil es sich hiebei ausschließlich um eine rein organisatorische interne Anordnung der Justizanstalten handelte.
Die Kritik am dringenden Tatverdacht setzt sich nicht mit der ausführlichen Begründung des angefochtenen Beschlusses (S 5 bis 8) auseinander, sondern leugnet nur diesen Verdacht und behauptet einen "Erkundungsbeweis". Damit unternimmt der Beschwerdeführer aber nicht einmal den Versuch, jene Tatumstände ausdrücklich oder durch deutliche Hinweisung anzuführen, welche nach seiner Ansicht gegen die aktenmäßig gedeckte Begründung des Oberlandesgerichtes sprechen.
Soweit er am Ende seiner Beschwerdeschrift wahllos und ohne konkreten Bezug auf eine bestimmte Sachverhaltskomponente konkrete Einwände erhebt, sind sie zum Teil unrichtig, zum Teil betreffen sie keine Tatsachen, die für die Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind. So erfolgte die vom Gerichtshof zweiter Instanz angeführte Überweisung von 30.000 DM nicht wie der Beschwerdeführer vermeint am 22. Mai 1997, sondern bereits am 16. Mai 1997, also zu einem Zeitpunkt, als er sich noch auf freiem Fuß befand; nur der diesbezügliche Bankauszug stammt erst vom 22. Mai 1997. Ob der Beschuldigte - entgegen dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H***** (S 415 Band 40) - nicht Geschäftsführer der Firma ILG-SK war, sondern - wie die Beschwerde vorbringt - "lediglich" 80 %iger Gesellschafter, ist für den auf zahlreiche andere Umstände, insbesondere Belastungen durch Mitbeschuldigte und Zeugen sowie die nachvollzogenen Geldflüsse gegründeten dringenden Tatverdacht nicht von entscheidender Bedeutung.
Die Kritik an der angenommenen inländischen Gerichtsbarkeit übergeht die zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichtes (Beschlußseite 8), wonach der Beschuldigte bereits als Beteiligter an einer Inlandsstraftat gemäß § 64 Abs 1 Z 8 StGB in Österreich strafbar ist. Daß auch im Ausland gegen ihn ein Verfahren eingeleitet wurde, ist nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit im Inland, vielmehr genügt es gemäß § 65 Abs 1 Z 1 StGB, daß die vorgeworfenen Taten auch durch die Gesetze des Tatorts mit Strafe bedroht sind. Mit ihrer bloßen Bestreitung dieses Umstands hinsichtlich der dem Beschuldigten angelasteten Handlungen wird aber die Beschwerde den Begründungserfordernissen des § 3 Abs 1 GRBG nicht gerecht. Ob in Tschechien bereits ein denselben Sachverhalt betreffendes Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt worden ist und damit allenfalls die Strafbarkeit diesbezüglich im Inland aufgehoben wäre (§ 65 Abs 4 Z 2 StGB), wird noch im Rahmen der Voruntersuchung zu klären sein, ist aber für die Haftentscheidung im Hinblick auf die Straftaten in den anderen Ländern und die Beteiligung an in Österreich begangenen strafbaren Handlungen nicht entscheidungswesentlich.
Eine Verletzung des Grundsatzes der Spezialität der Auslieferung liegt ebenfalls nicht vor, weil die Auslieferung eben wegen der dem Beschuldigten nunmehr im Rahmen der Voruntersuchung angelasteten strafbaren Handlungen erfolgte (S 59 ff Band 46).
Da der Beschwerdeführer den Haftgrund der Fluchtgefahr nicht bekämpft und das Vorliegen eines einzigen Haftgrundes zur Rechtfertigung der Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft ausreicht, gehen die gegen die Begründung der Tatbegehungsgefahr gerichteten Einwände, er hätte mit der Gründung der Firma "M*****" nichts zu tun, ins Leere.
Im Hinblick auf die Strafdrohung der §§ 147 Abs 3 bzw 148 zweiter Strafsatz StGB (Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren) war die vom Beschuldigten bis zur angefochtenen Entscheidung in Untersuchungshaft verbrachte Zeit (unter Berücksichtigung der auf die Strafe anzurechnenden Auslieferungshaft) noch nicht unangemessen. Ein Vergleich mit anderen Beschuldigten versagt; denn deren Untersuchungshaft unterliegt zum einen nicht der Prüfung durch diese Entscheidung, zum anderen bei jedem Beschuldigten gesondert die Dauer der von ihm in Haft verbrachten Zeit mit dem Gewicht der ihm jeweils spezifisch angelasteten Taten in Relation zu setzen.
Durch den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz wurde somit der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Beschwerde war demnach ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)