Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef D***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (1./ bis 8./) schuldig erkannt.
Danach hat er in S***** als Bürgermeister, sohin als Beamter (§ 74 Abs 1 Z 4 StGB), mit dem Vorsatz, diese Gemeinde an ihrem Recht auf Festsetzung und Einhebung der Bauabgabe gemäß § 15 Stmk Baugesetz iVm § 156 Abs 1 und Abs 2 Stmk Landesabgabenordnung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er es unterließ, bei nachstehenden Bauvorhaben die Bauabgabe einzuheben bzw diese anlässlich der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreiben und die unterlassene Vorschreibung bis Beginn der Verjährungsfrist bzw zum Ende seiner Amtszeit nachzuholen, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen wären, und zwar
1./ von 15. Oktober 1995 bis 31. Dezember 2000 zu GZ 131-9-16/1995 (Bauvorhaben Gerhard und Theresia W*****);
2./ von 16. Oktober 1996 bis 31. Dezember 2000 zu GZ 131-9-14/1995 (Bauvorhaben Walter T*****);
3./ von 20. August 1997 bis 31. Dezember 2002 zu GZ 131-9-9/1997 (Bauvorhaben Alfred und Christine U*****);
4./ von 7. November 1997 bis 31. Dezember 2002 zu GZ 131-9-11/1997 (Bauvorhaben Anton und Helma K*****);
5./ von 13. November 2001 bis Frühjahr 2005 zu GZ 131-9-2/2001 (Bauvorhaben Sabine M*****);
6./ von 17. Oktober 2001 bis Frühjahr 2005 zu GZ 131-9-11/2001 (Bauvorhaben Norbert V*****);
7./ von 26. April 2004 bis Frühjahr 2005 zu GZ 131-9-3/2002 (Bauvorhaben Hubert F*****);
8./ von 2. Dezember 2003 bis Frühjahr 2005 zu GZ 131-9-12/2003 (Bauvorhaben Alois P*****).
Rechtliche Beurteilung
Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die fehlschlägt.
Dem Einwand einer Undeutlichkeit der Entscheidungsbegründung (Z 5 erster Fall) zuwider hat das Schöffengericht das Wissen des Angeklagten darum, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Bauobjekten nicht um abgabenbefreite Nebengebäude „im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes“ - mithin der in § 4 Z 43 leg cit enthaltenen Begriffsbestimmung (US 20) - handelte, dezidiert festgestellt (US 21). Die solcherart konstatierte Kenntnis des Angeklagten vom Gegenstand des in Rede stehenden Legalbegriffs „Nebengebäude“ haben die Tatrichter - entgegen der Behauptung einer fehlenden Begründung (Z 5 vierter Fall) - aus den Aussagen der Zeugen Thomas U***** und Werner T*****, der Verantwortung des Angeklagten und dem Verweis auf die konkret verwirklichte Abgabepflicht in entsprechenden Baubewilligungsbescheiden im Zusammenhalt mit der allgemeinen Lebenserfahrung logisch und empirisch einwandfrei erschlossen (US 17 f).
Auch versagen sämtliche aus § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO vorgebrachten Beschwerdeeinwände:
Die Verantwortung des Angeklagten, er habe in Betreff der Bauabgabe hinsichtlich des Bauvorhabens der Sabine M***** (Schuldspruch 5./) mit einer Referentin der Steiermärkischen Landesregierung Rücksprache gehalten, haben die Tatrichter sehr wohl erörtert (US 18 f). Verfahrensergebnisse zum - für die vorliegend allein entscheidende Frage des Wissens des Angeklagten belanglosen - Kenntnisstand anderer Gemeindeorgane zu rechtlichen Gesichtspunkten der Verpflichtung zur Vorschreibung der Bauabgabe bedurften - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat (US 19) - keiner besonderen Erörterung.
Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 1. April 1992 über die Gewährung von Förderungen an Bauwerber haben sich die Tatrichter - der Beschwerde zuwider - sehr wohl auseinandergesetzt, aber aus den Angaben der Zeugen Thomas U*****, Alois G*****, Roswitha P***** und Annemarie T***** mängelfrei erschlossen, dass diese - demnach nur für eine (hier nicht verfahrensgegenständliche) (Neu-)Errichtung von Wohnhäusern zu gewährende - Bauförderung für den Bestand und die Höhe der konkret vorzuschreibenden Bauabgaben in den inkriminierten Fällen ohne Belang war (US 14; 15 f, 19). Eine pflichtgemäße Vorschreibung der Bauabgabe in anderen Fällen durch den Angeklagten berührt die Schuldsprüche nicht und war daher nicht erörterungsbedürftig.
Mit einer im Übrigen eigenständigen Erörterung von Verfahrensergebnissen ohne konkrete Behauptung von Begründungsmängeln unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung verfehlt der Beschwerdeführer die gesetzmäßige Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag auf der Aktengrundlage beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zum Wissen des Angeklagten um seine von einer allfälligen Realisierung der betreffenden Bauprojekte unabhängige Verpflichtung zur Vorschreibung und Einhebung der Bauabgabe (US 10) hervorzurufen. Denn Verfahrensergebnisse dahin, dass schon vor der - nach dem Ausscheiden des Angeklagten aus dem Amt erfolgten und daher, von den Tatrichtern zutreffend erkannt (US 19), bedeutungslosen - Erteilung einer Rechtsauskunft durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung am 6. Dezember 2006 „immer wieder mündliche Auskunftsersuchen der Baubehörde“ an die Aufsichtsbehörde herangetragen worden wären, werden in der Beschwerde nicht einmal behauptet. Mit der isolierten Betrachtung eines einzelnen Beweisergebnisses unterlässt es der Nichtigkeitswerber im Übrigen, ins Treffen geführte aktenkundige Beweismittel in Hinsicht auf ihre Eignung, erhebliche Bedenken hervorzurufen, an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Schöffengerichts zu messen, und bringt solcherart den Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt zur Gänze die Ausrichtung am Verfahrensrecht.
Die Beschwerde behauptet zunächst, die in den Schuldsprüchen 1./, 5./ und 8./ unterbliebene Bauführung hindere die Verpflichtung des Angeklagten zur Vorschreibung bzw Einhebung der Bauabgabe, weil nach § 31 Steiermärkisches Baugesetz die Baubewilligung erlischt, wenn mit dem Vorhaben nicht binnen fünf Jahren nach Rechtskraft der Bewilligung begonnen wird, und damit „der Anlass für die Abgabenvorschreibung hinweggefallen“ sei. Diese Argumentation übergeht zum einen die dezidierte Feststellung (nicht aber, der Beschwerde zuwider, Rechtsausführung) des Ersturteils, wonach der Angeklagte „mit Ausnahme des Bauvorhabens M*****, wo zunächst die Bauabgabe vorgeschrieben, aber am 13. November 2001 contra legem gestundet wurde, gar nicht beabsichtigte, den Bauwerbern die Bauabgabe tatsächlich vorzuschreiben“ (US 22). Zum anderen vernachlässigt der Nichtigkeitswerber - die gebotene methodengerechte Ableitung der Rechtsfolgenbehauptung aus dem Gesetz verfehlend (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588) - § 15 Abs 1 letzter Satz Steiermärkisches Baugesetz, wonach die vorgeschriebene Bauabgabe, wenn von der Baubewilligung nicht Gebrauch gemacht wird, bei späteren Baubewilligungen auf demselben Grundstück anzurechnen ist, und solcherart die an die Erteilung der Baubewilligung geknüpfte Abgabenpflicht (und damit die Verpflichtung der Abgabenbehörde zur Vorschreibung und Einhebung der Bauabgabe) vom Fortbestand einer (recte erteilten, nicht ex tunc wegfallenden) Baubewilligung unabhängig ist (vgl VwGH 28. August 2007, 2007/17/0084).
Zum Beschwerdeeinwand eines Fehlens von Urteilskonstatierungen zum Wissen des Angeklagten um den Gegenstand des (in § 4 Z 43 Steiermärkisches Baugesetz definierten) Begriffs „Nebengebäude“ kann auf die - solcherart von der Beschwerde vernachlässigten - bereits zur Mängelrüge (Z 5 erster Fall) erörterten Urteilsfeststellungen verwiesen werden.
Mit der Behauptung eines Irrtums, dass „die Bauabgabe erst mit Baubeginn vorzuschreiben ist“ und „der Ausnahmetatbestand des § 15 Abs 8 Z 2 Steiermärkisches Baugesetz [Abgabenbefreiung hinsichtlich von Nebengebäuden] vorliegt“, bestreitet die Beschwerde die das jeweils gegenteilige Wissen des Angeklagten konstatierenden Urteilsfeststellungen (US 10; 21). Mit dem Einwand eines Irrtums, dass „der Gemeinderatsbeschluss vom 1. April 1992 der Erlassung eines Abgabenbescheids entgegenstehe, wenn der Zuschuss die Abgabe übersteigt“, stellt der Nichtigkeitswerber die Urteilsfeststellungen zum Schädigungsvorsatz (US 10; 22) in Abrede. Die Kritik an von der Beschwerde selbst als „irrelevant“ bezeichneten Rechtsausführungen des Schöffengerichts schließlich entzieht sich einer sachbezogenen Erwiderung (RIS-Justiz RS0099809, RS0100877; Danek, WK-StPO § 270 Rz 41; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 413f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 24 StPO) - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO) folgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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