Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten F***** wird verworfen. Aus deren Anlass wird gemäß § 290 StPO
die Entscheidung über die Abschöpfung der Bereicherung hinsichtlich F***** und R*****,
der Schuldspruch R*****s im Faktum A I 1 einschließlich des Strafausspruchs bezüglich R***** und der ihn betreffende Beschluss gemäß § 494a StPO,
der Schuldspruch S*****s zu E 1 einschließlich des Strafausspruchs hinsichtlich S*****
aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Angeklagten R***** und S***** werden mit ihren Berufungen hierauf verwiesen.
Der Berufung des Angeklagten F***** wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf drei Jahre herabgesetzt. Der Angeklagte F***** hat die von ihm verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurden - soweit für dieses Rechtsmittelverfahren von Relevanz - Mario R***** des (richtig:) Vergehens nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (A I 1), des teilweise beim Versuch gebliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Fall SMG und § 15 StGB (A I 2 a bis c) sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG und § 15 StGB (A I 3 a bis c) und nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (A II),
Sven Olaf F***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (B I 1 und 2) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (B I 3) und Wolfgang S***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und §§ 12 dritter Fall, 15 StGB (C) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG (E 1 bis 4)
schuldig erkannt.
Darnach haben
Mario R*****
zu A I den bestehenden Vorschriften zuwider
1) am 2. Juli 1999 in Linz Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 25,3 Gramm Heroin (Reinsubstanz 4,5 Gramm plus/minus 0,41 Gramm) und rund 17 Gramm Cannabisharz mit dem Vorsatz besessen, um es in Verkehr zu setzen;
2) gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt bzw in Verkehr zu setzen versucht, und zwar
a) am 16. Juni 1999 in Linz rund 3,5 Gramm Kokain an einen verdeckten Ermittler zur Probe, wobei er pro Gramm 1.700 S verlangte und es beim Versuch geblieben ist;
b) am 10. Juli 1999 in Linz rund 0,2 Gramm Kokain an einen verdeckten Ermittler unentgeltlich bzw als Probe ca 20 Gramm Kokain an bisher unbekannte Personen;
c) am 11. Juli 1999 in Linz rund 100,6 Gramm Kokain (Reinsubstanz 31 Gramm plus/minus 1,9 Gramm) zu einem Preis von 1.200 S pro Gramm und 1 Gramm Heroin an einen verdeckten Ermittler, wobei es beim Versuch geblieben ist;
3) Suchtgift erworben, besessen und anderen überlassen, nämlich
a) am 11. Juli 1999 in Altenfelden rund 10,3 Gramm Kokain an Wolfgang S*****, wobei es beim Versuch geblieben ist;
b) am 10. Juli 1999 in Altenfelden Kokain in unbekannter Menge sowie Cannabisharz unbekannter Menge an Wolfgang S***** sowie Kokain in unbekannter Menge an Vljora L***** überlasssen;
c) zurückliegend in der Zeit bis 10. Juli 1999 in Linz, Altenfelden und anderen Orten Kokain, Amphetamine sowie Cannabisharz und Cannabiskraut in unbekannten Mengen erworben und konsumiert;
zu II) am 2. Juli 1999 in Linz eine Stahlrute, mithin eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 6 WaffG) unbefugt besessen;
Sven Olaf F*****
zu B I) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen, ein- und ausgeführt sowie in Verkehr gesetzt, wobei er die Tat im Hinblick auf die Ein- und Ausfuhr sowie Weitergabe des Suchtgiftes gewerbsmäßig und in Beziehung auf eine große Menge beging, und zwar
1) vor dem 2. Juli 1999 ca 25,3 Gramm Heroin (Reinsubstanz 4,5 Gramm plus/mins 0,41 Gramm) von Deutschland ausgeführt und nach Österreich eingeführt und im Inland an Mario R***** verkauft;
2) um den 10. Juli 1999 ca 100 Gramm Kokain (Reinsubstanz jedenfalls mehr als 31 Gramm), 1 Gramm Heroin sowie 3 bis 4 Kokainsteine als Deutschland ausgeführt und nach Österreich eingeführt und am 10. Juli 1999 im Inland dem Mario R***** verkauft, wobei er für das Kokain einen Grammpreis von 600 S verlangte;
3) zurückliegend bis zum 10. Juli 1999 in Haslach und anderen Orten Haschisch und Marihuana in unbekannter Menge erworben und konsumiert;
Wolfgang S*****
zu C) zu der unter Punkt A I 2 c angeführten Tat des Mario R***** dadurch beigetragen, dass er den für die Streckung des Kokains notwendigen Milchzucker besorgte, an der Streckung und Verpackung des Suchtgifts behilflich war und darüber hinaus einen PKW dem Mario R***** für den Suchtgifttransport zur Verfügung stellte und zu E) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und anderen überlassen, und zwar
1) von 1977 bis 10. Juli 1999 in Altenfelden und anderen Orten Haschisch und Marihuana in unbekannter Menge erworben und konsumiert;
2) am 10. Juli 1997 in Altenfelden Kokain in unbekannter Menge von Mario R***** erworben, besessen und teilweise konsumiert;
3) am 10. Juli 1999 in Altenfelden Cannabisharz in unbekannter Menge besessen, teilweise konsumiert und teilweise dem Mario R***** überlassen und
4) am 11. Juli 1999 in Altenfelden 0,6 Gramm Kokain, 14,3 Gramm Cannabisharz-Cannabiskrautmischung sowie 1,5 Gramm Tabak-Cannabisharzmischung besessen.
Gemäß §§ 20 Abs 2, 20a Abs 2 Z 1 zweiter Fall StGB wurden die bei Mario R***** beschlagnahmten Geldbeträge von 10.140 S und bei Sven Olaf F***** von 8.230 S, 640 DM und 10 holländische Gulden abgeschöpft. Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichtes Rohrbach vom 7. September 1998, AZ U 64/98h, dem Mario R***** gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, die ihm bestimmte Probezeit aber auf fünf Jahre verlängert.
Der Angeklagte F***** bekämpft die gegen ihn ergangenen Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde, die Strafhöhe ("mildere Strafe") mit Berufung; der Angeklagte R***** hat Berufung ergriffen, damit Strafherabsetzung und Gewährung einer teilbedingten Strafe begehrt und beantragt, den Ausspruch der Abschöpfung aus dem Urteil auszuscheiden; die vom Angeklagten S***** ausgeführte Berufung zielt auf eine Reduktion der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht ab.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten F*****:
Rechtliche Beurteilung
Diese releviert den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO und bekämpft lediglich die Schuldspruchfakten in Bezug auf Heroin. Dabei vermisst er "objektive" Hinweise für die ihm angelastete Suchtgiftdelinquenz, erwähnt aber selbst die Angaben des verdeckten Ermittlers und der Mitangeklagten Vljora L*****, auf die sich das Erstgericht bei seinen diesbezüglichen Feststellungen gestützt hat (S 63, 405/I, 408/II sowie 141 ff, 309 ff/I, 335 ff/II iVm US 26 f, 28 f).
Mit diesem Vorbringen vermag der Angeklagte aus dem Akteninhalt aber keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Er trachtet vielmehr mit einer - auch im Rahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes - unzulässigen und spekulativen Argumentation nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen. Gleiches gilt für die Beschwerdekritik, die sich gegen die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse aus dem Fahrzeugwechsel unmittelbar vor der Suchtgiftübergabe und der Benützung eines auf einem anderen Namen angemeldeten Mobiltelefons wendet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass zum Nachteil des Angeklagten R***** im Faktum A I 1 das Strafgesetz unrichtig angewendet wurde. Abgesehen davon, dass § 28 Abs 1 SMG keinen Verbrechenstatbestand darstellt, ist die Urteilsannahme der Erreichung der großen Menge im Sinn des § 28 Abs 6 SMG mit Feststellungsmängeln behaftet. Ausgehend von der für den Angeklagten R***** günstigsten Reinsubstanzmasse von 4,09 Gramm Heroinbase der sichergestellten 25,3 Gramm Heroin, das sind 81,8 % der für Heroin mit 5 Gramm festgesetzten großen Menge, lässt das Urteil Feststellungen vermissen, welche Reinsubstanzmasse in den (sichergestellten) 17 Gramm Cannabisharz enthalten ist. Nur dann, wenn diese sowie die im Heroingemisch weiter enthaltenen Suchtstoffe 18,2 % der Grenzmenge betragen würde, wäre die in § 28 Abs 6 SMG erwähnte Menge erreicht.
Diese, dem Angeklagten R***** zum Nachteil gereichenden Feststellungsmängel (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) waren gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen und zu deren Behebung die Verfahrenserneuerung anzuordnen. Demgemäß war auch der Strafausspruch und der Beschluss gemäß § 494a StPO aufzuheben.
Weiters überzeugte sich der Oberste Gerichtshof vom Vorliegen von Feststellungsmängeln in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO. Nach der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft hinsichtlich des Angeklagten S***** wurde dieser mit Urteil des Bezirksgerichtes Rohrbach vom 27. Dezember 1999, AZ U 47/99k, des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG schuldig erkannt. Aus dem daraufhin vom Bezirksgericht Rohrbach beigeschafften StPO-Form U 9 geht hervor, dass dieser Angeklagte aber auch vom Strafantrag, im Jahr 1998 Cannabisharz verkauft, Cannabis konsumiert und Marihuana besessen zu haben, freigesprochen wurde. Dieses Urteil ist am 27. Dezember 1999 in Rechtskraft erwachsen.
Da der Schuldspruch zu E 1 weit gefasst wurde, ist nicht erkennbar, ob diesem nicht auch Fakten angehören, von denen der Angeklagte mit dem erwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Rohrbach rechtskräftig freigesprochen wurde. Gemäß § 290 Abs 1 StPO war daher auch der betreffende Schuldspruch aufzuheben und zur Klärung der aufgezeigten Frage die Verfahrenserneuerung anzuordnen; auch diese Teilaufhebung des Urteils hat die Kassierung des Strafausspruchs in Bezug auf den Angeklagten S***** zur Folge.
Zuletzt ergab sich, dass auch die Entscheidungen über die Abschöpfung der Bereicherung hinsichtlich der Angeklagten R***** und F***** mit einer sich zu ihrem Nachteil auswirkenden Nichtigkeit in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 11 StPO zum Nachteil der Genannten behaftet sind.
Zwar sind gemäß § 443 Abs 3 StPO Entscheidungen über die Abschöpfung der Bereicherung mit Berufung zu bekämpfen. Da nach dieser Gesetzesstelle die objektive Unrechtsfolge der Bereicherung dem Ausspruch über die Strafe gleichgestellt ist, sind Lösungen von Rechtsfragen bei Entscheidungen dieser Art unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 11 StPO zu überprüfen.
Das Schöffengericht hat gemäß §§ 20 Abs 2, 20a Abs 2 Z 1 StGB bei den Angeklagten R***** und F***** Geldbeträge abgeschöpft. § 20 Abs 2 StGB setzt voraus, dass der Täter fortgesetzt oder wiederkehrend Verbrechen begangen und dadurch Vermögensvorteile erlangt hat. Mario R***** hat lediglich ein Verbrechen zum Faktum A I 2 c zu verantworten; Sven Olaf F***** hat zwar zu B I 2 zwei selbständige, realkonkurrierende Verbrechen, nämlich Ein- und Ausfuhr einerseits und Inverkehrsetzen desselben Suchtgifts andererseits zu vertreten. Nach der aus den Gesetzesmaterialien (33 der BlgNR 20.GP 8) erhellenden Absicht des Gesetzgebers sind unter der Begehung fortgesetzter oder wiederkehrender Verbrechen eine Mehrzahl schwerer Anlasstaten zu verstehen, wovon fallbezogen bei den Angeklagten R***** und F***** mit Fug nicht gesprochen werden kann. Demnach war für eine Abschöpfung nach § 20 Abs 2 StGB in diesem Verfahren kein Raum.
Ob aber die Voraussetzungen für eine Abschöpfung nach § 20 Abs 1 StGB gegeben sind, ist dem Ersturteil mit ausreichender Deutlichkeit nicht zu entnehmen, weil Ausführungen über die Höhe der den Angeklagten R***** und F***** zugekommenen unrechtmäßigen Bereicherung fehlen. Demnach werden auch diesbezüglich im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen zu treffen sein.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten R***** und S***** auf die Aufhebung der sie betreffenden Strafaussprüche, der Angeklagte R***** überdies auf die Aufhebung des Erkenntnisses über die ihn betreffende Abschöpfung der Bereicherung zu verweisen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten F***** nach § 28 Abs 3 letzter Satz SMG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren. Als unverbesserlicher und gewerbsmäßiger Suchtgifthändler, der zunächst geleugnet und erst im letzten Moment der Hauptverhandlung ein einziges Suchtgiftgeschäft eingestanden habe, sei aus general- und spezialpräventiven Gründen eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von dreieinhalb Jahren erforderlich. Bei dieser an sich zutreffenden Argumentation des Erstgerichtes ist aber zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber seit 1984, demnach seit 16 Jahren, nicht mehr strafgerichtlich verurteilt wurde. Dieser nicht zu übersehende Umstand rechtfertigt eine maßvolle Reduzierung der Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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