Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Dipl.Ing. DDr. Helmut Karl G***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der am 5.Dezember 1938 geborene Zivilingenieur Dipl.Ing. DDr. Helmut Karl G***** von der Anklage, er habe vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1979, 1980 und 1981 die Umsatz- und Einkommensteuer um insgesamt 1,364.890,76 S verkürzt, wegen Unzuständigkeit des Gerichtes gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen entfiel der strafbestimmende Wertbetrag, der dem Anklagevorwurf des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG zugrundelag, auf eine Vielzahl von Hinterziehungspraktiken, die dem Angeklagten als Einzelunternehmer im Rahmen seines Zivilingenieurbüros für Maschinenbau und als Geschäftsführer der Firma M***** angelastet wurden. Ein Teilbetrag von 411.454,05 S errechnete sich aus dem Guthaben auf einem Treuhandkonto, welches der Angeklagte nicht (wie geboten) bereits für das Jahr 1981, sondern für das Folgejahr als zu versteuernde Einnahme deklarierte. Ein weiterer Teilbetrag von ca 100.000 S beruhte auf einem sogenannten "Ziffernsturz" durch Geltendmachung einer Rechnungssumme von 631.622,04 S statt richtig 361.622,04 S als Betriebsausgabe. Da die Tatmodalitäten jeweils nicht ausschließlich aus der Sicht vorsätzlicher Tatbegehung plausibel waren, ging das Erstgericht in beiden Fällen ausdrücklich davon aus, daß die Verantwortung des Angeklagten, nicht mit Verkürzungsvorsatz gehandelt zu haben, zumindest im Zweifel nicht widerlegbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich dagegen wendet, daß der Freispruch, soweit er die Tatkomplexe "Treuhandkonto" und "Ziffernsturz" betrifft, auf § 214 FinStrG statt auf § 259 Z 3 StPO beruht.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Der Einwand, nach herrschender Rechtsprechung sei die Bestimmung des § 214 Abs. 2 FinStrG so auszulegen, "daß es im gerichtlichen Strafverfahren keinen Freispruch nach § 259 StPO, sondern nur einen solchen wegen Unzuständigkeit geben soll", geht nicht von der zu dieser Frage bestimmenden oberstgerichtlichen Rechtsprechung aus. Denn es entspricht gefestigter Judikatur, daß ein Freispruch wegen Unzuständigkeit der Gerichte zur Ahndung eines Finanzvergehens die Möglichkeit einer finanzstrafbehördlichen Zuständigkeit voraussetzt, widrigenfalls mit Freispruch vom Finanzvergehen nach § 259 Z 3 StPO vorzugehen ist (ua 12 Os 38,39/76 - verstärkter Senat = EvBl 1976/229). Eine gesetzliche Verpflichtung des Gerichtes, ein freisprechendes Urteil im Finanzstrafverfahren in jedem Fall, auch bei Fehlen finanzstrafbehördlicher Kompetenz ohne Rücksicht auf die jeweiligen Verfahrensergebnisse regelmäßig auf § 214 FinStrG zu stützen, besteht darum nicht.
Nun hat der Angeklagte (nicht anders als umgekehrt die Staatsanwaltschaft bzw die Finanzstrafbehörde unter dem Aspekt des staatlichen Strafanspruchs) ein rechtliches Interesse an der Entscheidung darüber, ob er nur für den Bereich der Gerichtszuständigkeit oder endgültig außer Verfolgung gesetzt wird: Die - so gesehen zulässige - Beschwerde setzt sich aber über tatsächliche Urteilsannahmen hinweg, wenn sie - ohne substantiierte Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse - aus der Sicht materieller Feststellungsmängel (Z 9 lit b) sinngemäß die strafgerichtliche Verpflichtung zur abschließenden Beurteilung (auch) der Frage finanzstrafbehördlicher Kompetenz geltend macht. Ist doch das Strafgericht, sobald es sich (wie hier nach den tatrichterlichen Ausführungen zum Verkürzungsvorsatz) von der mangelnden Erweisbarkeit einer seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzung überzeugt hat, grundsätzlich - die Möglichkeit einer verwaltungsbehördlichen Strafkompetenz vorausgesetzt - zum unverzüglichen Ausspruch seiner sachlichen Unzuständigkeit durch entsprechenden Freispruch des Angeklagten (§ 214 Abs. 2 FinStrG) verhalten. Nur in jenen Fällen, in denen sich schon nach dem (für die Prüfung der Gerichtszuständigkeit wesentlichen) Sachverhalt die mangelnde Aktualität einer tatbezogenen finanzstrafbehördlichen Kompetenz ergibt, hat es (statt mit einem bloß auf gerichtliche Unzuständigkeit gestützten) mit umfassendem (jede weitere finanzstrafbehördliche Verfolgung ausschließenden) Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO vorzugehen, auf welchen der Angeklagte unter dieser (nach dem Gesagten hier nicht verwirklichten) Voraussetzung einen im Rechtsmittelverfahren durchsetzbaren Anspruch hat.
Die in ihrem Argumentationsansatz von tatsachenwidrigen Judikaturprämissen ausgehende und in der Behauptung materieller Feststellungsmängel unsubstantiierte Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach § 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Aus den dargelegten Erwägungen vermag sich der Oberste Gerichtshof aber auch nicht jenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des § 214 Abs. 2 und 3 FinStrG anzuschließen, die der Beschwerdeführer seiner Anregung eines Vorgehens gemäß Art 140 Abs. 1 B-VG zugrundegelegt. Aus dieser prozessualen Sonderregelung des FinStrG läßt sich nämlich - wie ausgeführt - eine dem Grundsatz des fair trial (Art 6 MRK) widerstreitende gesetzliche Verpflichtung des Gerichtes, auch dann mit einem mit bloßer Unzuständigkeit begründeten Freispruch vorzugehen, wenn keinerlei Finanzdelikt in Betracht kommt, nicht ableiten. Die gesetzliche Anordnung, daß bei Wegfall der Gerichtszuständigkeit die Prüfung des noch offenen Verdachtes eines anderweitigen Finanzvergehens (allein) der zuständigen Finanzstrafbehörde vorbehalten bleibt, stellt sich vielmehr als Konsequenz der Bestimmung des Art 83 Abs. 2 B-VG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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