Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Jutta M***** und Alois G***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (I.) sowie jeweils des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (II.2.; III.), Jutta M***** überdies des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (II.1.) schuldig erkannt.
Danach haben sie - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung - (zu I.) in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken am 3. März 2007 Walter K***** dadurch, dass sie ihm mehrere Fußtritte gegen dessen Bauch, Rippen und Gesicht versetzten, (an sich) schwere Körperverletzungen, nämlich beidseitige Rippenbrüche, eine Milzruptur sowie Weichteilverletzungen im Gesicht (absichtlich; US 19) zugefügt, wobei die Tat den Tod Walter K*****s zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Inhaltlich nur gegen diesen Schuldspruch richten sich die von Jutta M***** auf Z 5, 5a und 9 lit a und von Alois G***** auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden. Beide Rechtsmittel gehen fehl.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Jutta M*****:
Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) wurden die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht unzureichend begründet, sondern - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen - aus der objektiven Vorgehensweise abgeleitet, wobei diese in den Entscheidungsgründen nach der Art der Verletzungshandlungen, der eingesetzten Kraft, der zeitlich engen Abfolge der Attacken, der numerischen Überzahl der Angeklagten und der Wehrlosigkeit des „im Schlaf überrumpelten" Opfers konkretisiert und in Bezug zur psychischen Disposition der Angeklagten (persönlichkeitstypische Erregbarkeit bei M*****; Gewalttätigkeit bei G*****) gesetzt wurde (US 56 f).
Als Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) rügt die Beschwerde, dass die Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen, wonach die Gesichtsverletzungen nicht todeskausal waren, und die Aussagen des Zweitangeklagten sowie des Zeugen P*****, wonach die Erstangeklagte („bloß") gegen den Kopf Walter K***** getreten habe, nicht erörtert worden seien (vgl aber US 26, 45 f). Sie übersieht dabei aber, dass den Angeklagten ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken zur Last gelegt wird (US 2, 19), sodass der Frage, welche der zahlreichen mit gemeinsamem Vorsatz gesetzten Angriffshandlungen letztlich zum Tod des Opfers führte, keine entscheidende Bedeutung zukommt (Fabrizy StGB9 § 12 Rz 5; derselbe in WK2 § 12 Rz 26). Einer gesonderten Erörterung der reklamierten Beweisergebnisse bedurfte es daher nicht.
Das die Argumente der Mängelrüge wiederholende Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5a) ist nicht geeignet, erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen zu wecken, zumal der von der Rüge zitierte Zeuge P***** einräumte, vielleicht auf dem Monitor nicht alles gesehen zu haben (S 307/II), und der Zweitangeklagte vor dem neuropsychiatrischen Sachverständigen auch von Tritten der Beschwerdeführerin gegen den Bauchbereich sprach (S 69f/III). Weshalb weitere Feststellungen zu Art und Weise der Angriffshandlungen, etwa zur Wucht der Schläge und Tritte sowie zum von der Erstangeklagten getragenen Schuhwerk zur rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes nötig gewesen sein sollten, legt die Beschwerde nicht dar (Z 9 lit a, inhaltlich Z 10). Der Ansatz, es sei zugunsten der Angeklagten davon auszugehen, dass die Verletzungen keine 24 Tage übersteigende Gesundheitsschädigung bzw Berufsunfähigkeit bedingt hätten, übergeht die Urteilsannahme, wonach die Rippenfrakturen, die Milzkapselruptur und die Aufreißung mit Abschiebung der Mundumschlagsfalte der Oberlippe jeweils an sich schwere Verletzungen darstellen (US 18). Schließlich vermag die Rüge auch nicht aus dem Gesetz abzuleiten, weshalb - entgegen § 12 StGB - streng zu trennen sei, „wer letztlich die todesursächliche Verletzung zugefügt" habe (vgl neuerlich Fabrizy StGB9 § 12 Rz 5; derselbe in WK2 § 12 Rz 26).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Alois G*****:
Das Vorliegen der subjektiven Tatseite beim Zweitangeklagten wurde - der Beschwerde zuwider - von den Tatrichtern nicht unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), sondern unter Würdigung aller Umstände der konkreten Situation - zulässigerweise (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) - aus der objektiven Vorgehensweise abgeleitet. Dass die Begründung logisch zwingend sein müsse, ist nicht erforderlich (WK-StPO § 281 Rz 449).
Mit der Verantwortung des Zweitangeklagten haben sich die Tatrichter ausführlich auseinandergesetzt (US 25 ff), die diese Einlassung wiederholenden Argumente der Mängelrüge kritisieren solcherart bloß die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld, ohne einen Begründungsmangel aufzeigen zu können.
Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Die prozessordnungsgemäße Ausführung einer solchen Rüge verlangt daher das Festhalten am konstatierten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) vorbringt, es wäre anzunehmen und lebensnah, dass der Zweitangeklagte die Verletzungen des Tatopfers „lediglich in Kauf nahm", es fehle eine (tiefer gehende) Begründung für die Annahme der Absichtlichkeit und schließlich den Urteilsannahmen die Verantwortung des Zweitangeklagten entgegenhält, bekämpft sie neuerlich lediglich die Beweiswürdigung und verfehlt so die gebotene Orientierung an der Verfahrensordnung. Welche Feststellungen über die mängelfreie Darstellung der (absichtlichen; § 5 Abs 2 StGB) Willensausrichtung des Zweitangeklagten (US 19) hinaus für eine „abschließende rechtliche Beurteilung" noch erforderlich wären, gibt die Beschwerde nicht an. Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO) folgt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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