OGH 11Os56/94

OGH11Os56/9428.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Mayrhofer, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kriz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl P* wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 29. Oktober 1993, GZ 10 Vr 807/91‑55, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Bierlein, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Fetz zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0110OS00056.9400000.0628.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im freisprechenden Teil und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Karl P* ist schuldig, er hat in Leoben an im einzelnen nicht mehr feststellbaren Tagen in der Zeit von 1982 bis 1991 wiederholt versucht, mit seiner (am 10. November 1979 geborenen) unmündigen Tochter Sandra P*, sohin mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf zu vollziehen.

Er hat hiedurch das Vergehen der versuchten Blutschande nach §§ 15, 211 Abs 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen weiterhin zur Last liegenden Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie der Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 StGB und des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 206 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl P* der Verbrechen (zu 1) des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und (zu 2) der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (zu 3) der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 StGB und (zu 4) des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in den Jahren 1982 bis 1991 an im einzelnen nicht mehr feststellbaren Tagen in Leoben

(1.) mit seiner am 10.Oktober 1979 geborenen, sohin unmündigen (leiblichen) Tochter Sandra P* den außerehelichen Beischlaf unternommen;

(2.) seine unmündige Tochter Sandra P* auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er sie am Geschlechtsteil und an den Brüsten betastete, an ihrem Geschlechtsteil leckte und sie veranlaßte, sein Glied in den Mund zu nehmen bzw zu betasten;

(3.) in Gegenwart seiner unmündigen Tochter Sandra P* onaniert und dadurch vor ihr Handlungen vorgenommen, die geeignet waren, die seelische und sittliche Entwicklung unmündiger Personen zu gefährden, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen;

(4.) durch die zu Punkt 1. und 2. angeführten Handlungen seine minderjährige Tochter Sandra P* zur Unzucht mißbraucht.

Von der weiteren Anklage, er habe durch die zu Punkt 1. angeführte Handlung mit seiner Tochter, sohin mit einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzogen und dadurch das Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB begangen, wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Das Schöffengericht stützte seine die Schuldsprüche tragenden maßgeblichen Feststellungen ‑ unter ausdrücklicher Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten (US 8 f) ‑ vornehmlich auf die Angaben des wiederholt als Zeugin vernommenen Tatopfers, dessen gegen den Angeklagten vorgebrachten Anschuldigungen in ihrem wesentlichen Kern für glaubwürdig erachtet wurden. Bei ihrer Überzeugung von der Richtigkeit dieser Vorwürfe ließen sich die Tatrichter insbesondere von dem in der Hauptverhandlung vom Tatopfer gewonnenen persönlichen Eindruck und von der Konformität seiner zum Teil weit zurückliegende Ereignisse betreffenden Darstellung in Verbindung mit dem Inhalt anderer in diesem Zusammenhang für bedeutsam erachteter Erkenntnisquellen ‑ darunter jener von Sandra P* über Aufforderung der (zeugenschaftlich vernommenen) Jugendpsychologin Dr.Z* ohne Themenvorgabe angefertigten Zeichnung, die eine im äußeren Erscheinungsbild (Bart‑ und Haartracht) dem Angeklagten ähnliche männliche Person mit erigiertem Glied vor einem liegenden Mädchen zeigt (335 f iVm 118 ff, 131, 361), und den Sandra P* Aussageehrlichkeit bescheinigenden Ausführungen der kinderpsychologischen Sachverständigen Dr.W* (ON 44 iVm 363) ‑ leiten. Demgegenüber wurde der Verantwortung des Angeklagten, der die ihn belastenden Bekundungen seiner Tochter als (unrichtiges) Ergebnis der von Scheidungstendenzen getragenen Einflußnahme seiner Gattin Anita P* (der Mutter des Opfers) zurückzuführen trachtete, unter Hinweis auf die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse ‑ einschließlich des keine gegen seine Täterschaft sprechenden Anhaltspunkte aufweisenden Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen Dr.Z* (ON 21 iVm 363) ‑ die Glaubwürdigkeit versagt (US 9 ff).

Den Freispruch des Angeklagten von dem ihm in Tateinheit mit dem Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB zur Last gelegten Vergehen der (vollendeten) Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (Pkt 4. der Anklageschrift ON 15) begründete der Schöffensenat damit, daß die (anklagekonforme) rechtliche Beurteilung der Tat (auch) als vollendetes Delikt nach der angeführten Gesetzesstelle mangels Nachweises des hiefür vorausgesetzten Vollzuges des Geschlechtsverkehrs ausscheide, die Annahme des Versuchs der Tat aber "durch den (zu Punkt 1.) festgestellten unternommenen Beischlaf mit (der) Unmündigen konsumiert" sei (US 14).

Dieses Urteil bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei die Anklagebehörde gegen den ‑ im übrigen formal überflüssigen (vgl Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 259 E 61 ua) ‑ Freispruch nominell die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, der Angeklagte hinwieder zu sämtlichen Schuldsprüchen die Gründe der Z 4, 5, 5 a und 9 lit a der angeführten Gesetzesstelle geltend macht.

Lediglich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist im Recht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Vorweg ist anzumerken, daß das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers zu den nach Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO geltend gemachten Nichtigkeitsgründen im Ergebnis (nur) darauf abzielt, der tatbetroffenen Zeugin Sandra P* die ihr trotz des kindlichen Alters seitens der Tatrichter zugebilligte Aussageverläßlichkeit abzusprechen und seiner eigenen leugnenden Darstellung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen; indes zu Unrecht.

Entgegen seinem Einwand in der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung am 29.Oktober 1993 gestellten Anträge auf Einvernahme der Zeugen Karl und Franziska L*, Josef und Eva P* sowie Margarethe H* zum Beweis dafür, daß "die minderjährige Sandra stets Lügengeschichten erzählt hat und auch noch erzählt, Phantasiegeschichten zu ihrem Vorteil erfindet und daher als notorische Lügnerin anzusehen ist", sowie dafür, daß "die Kindesmutter gegenüber der Minderjährigen erzählt hat, daß sie, nämlich die Kindesmutter, den Horst und (den) Benjamin zurückbekommen werde, wenn der Vater im Gefängnis sei und sie auch alles daransetzen werde, den Angeklagten zu vernichten" (359), Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Das Schöffengericht hat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgewiesen, daß sich der erkennende Senat auf Grund der in der Hauptverhandlung erfolgten Zeugeneinvernahme im Zusammenhalt mit dem Gutachten der Sachverständigen für Allgemeine‑ und Kinderpsychologie Dr.W* und der Zeugenaussage der Psychologin Dr.Z* ein Bild von der Persönlichkeitsstruktur der Sandra P* habe machen können und die Beurteilung deren Aussageehrlichkeit und Verläßlichkeit zudem der Beweiswürdigung des Schöffensenats obliege (361 iVm US 9, 14 f).

Angesichts dieser Verfahrensergebnisse, auf welche sich das Schöffengericht bei der Abweisung des Beweisantrages bezogen hat, wäre der Beschwerdeführer verhalten gewesen, in seinem Antrag anzugeben, aus welchen bestimmten Gründen erwartet werden kann, daß die Vornahme der begehrten Beweiserhebung überhaupt geeignet sein könnte, die dem Schöffengericht durch die Gesamtheit der ihm bereits vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Sach‑ und Beweislage maßgebend zu verändern (Mayerhofer‑Rieder StPO3 ENr 19, 63, 67 zu § 281 Z 4). Da dies nicht geschehen ist und die vom Angeklagten in seiner Verantwortung vorgebrachten Argumente gegen die Glaubwürdigkeit der Sandra P* auch schon zum Zeitpunkt der Erstattung des psychologischen Gutachtens ON 44 ("über den Reifegrad bzw die Glaubwürdigkeit der Sandra P*") durch die Sachverständige Dr.W* aktenkundig waren, kann in der Ablehnung des Beweisantrages eine unzulässige Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers nicht erblickt werden.

Der mit dem Vorwurf mangelnder Verwertung des Inhalts des (in der Hauptverhandlung verlesenen ‑ 361) Aktes 1 P 146/85 des Bezirksgerichtes Leoben bei Überprüfung des Beweiswertes bestimmter Passagen in der Aussage der Zeugin Sandra P* der Sache nach unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit relevierte Begründungsmangel (Z 5) geht ins Leere, weil sich das bezügliche Vorbringen einerseits auf allgemein gehaltene Behauptungen beschränkt, andererseits nicht entscheidungswesentliche Details (wie die Frage der bei Sandra P* vermeintlich vorgelegenen Motivation für eine von ihrem Vater erwirkte Geldzuwendung bzw die näheren Umstände derselben) ins Treffen führt, und das Erstgericht im Sinne des Gebotes der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten war, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis detailliert auseinanderzusetzen.

Entgegen der von der Beschwerde vermißten Erörterung konkreter, angeblich die Einwirkung der Anita P* auf ihre Tochter belegender Aussageabschnitte des Zeugen Horst P* - aus welchen der Nichtigkeitswerber lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht eingeräumten Schuldberufung (abermals unter spekulativen Annahmen) die Glaubwürdigkeit seiner Tochter Sandra P*, aber auch seiner Gattin Anita P* in Zweifel zu ziehen trachtet ‑, haben die Tatrichter (wie der Beschwerdeführer selbst nicht verkennt) die gewünschte Prämisse, wonach sich Anita P* wegen einer Liebesbeziehung zu einem anderen Mann ‑ und nicht wegen Bekanntwerdens der in Rede stehenden Unzuchtshandlungen ‑ von ihrer Familie trennte, ohnehin ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und im Rahmen der Beweiswürdigung (unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Angaben des Horst P*) mitberücksichtigt (US 7, 11).

Nicht zielführend ist ferner das Bemühen der Beschwerde, an Hand bestimmter, vom Erstgericht nicht gesondert erörterter Bekundungen der Zeugin Sandra P* zur Frage der Tiefe des angeblichen Eindringens des Penis des Angeklagten in ihre Scheide Widersprüche zu dem ‑ keinen Hinweis auf eine Defloration enthaltenden ‑ Ergebnis der gynäkologischen Untersuchung des Mädchens durch die in der Hauptverhandlung als Zeugin vernommene Fachärztin Dr.M* (347 ff) darzulegen bzw aufzuzeigen, daß die dem Beschwerdeführer zu Punkt 1. des Schuldspruchs angelastete Tathandlung bei Zugrundelegung der Darstellung des Opfers zu einer ‑ tatsächlich aber nicht eingetretenen ‑ Verletzung des Hymens hätte führen müssen. Denn mit der Behauptung, im Falle der Richtigkeit der Schilderung des Mädchens wäre "eine Defloration wohl nicht vermieden" worden, unternimmt der Angeklagte ‑ aufbauend auf einer bloßen Vermutung ‑ nur den Versuch, der Aussage der Zeugin Dr.M* unter Vernachlässigung jener Passagen, wonach Mädchen im damaligen Alter des Tatopfers den exakten Umfang einer geschlechtlichen Penetration im allgemeinen "nicht abschätzen" können (349 f), einen gegenüber den tatrichterlichen Annahmen für ihn günstigeren Bedeutungsinhalt zu unterlegen.

Letztlich wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem weiteren, auf die Ausführungen der kinderpsychologischen Sachverständigen Dr.W* bezogenen Vorwurf, die im Gutachten bescheinigte schüchterne Wesensart des Mädchens (289 iVm 363) lasse sich mit dessen forschem Aussageverhalten als Zeugin vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung nicht vereinbaren, bloß abermals gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter. Im übrigen bezieht sich die in der Beschwerde isoliert hervorgehobene derbe Ausdrucksweise der Sandra P* jeweils nur auf solche Umstände, die nicht das konkrete Tatverhalten des Angeklagten betreffen (82 ff, 332 f), womit sich die ausschließlich bei Schilderung der gegenständlichen Unzuchtshandlungen gezeigte Zurückhaltung der Zeugin (bei der in Anbetracht ihres kindlichen Alters gebotenen differenzierenden Betrachtungsweise) durchaus in Einklang bringen läßt.

Welche Rückschlüsse aus einem allfälligen Fehlverhalten der Pflegschaftsbehörde im Zusammenhang mit dem behaupteten zweimonatigen Weiterverbleib der Söhne des Beschwerdeführers in seinem Erziehungsbereich auf den Prozeßgegenstand gezogen werden könnten, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Soweit der Angeklagte weiters moniert, das Schöffengericht hätte es unterlassen, den gebotenen Konnex zwischen der Aussage des Zeugen Horst P* und den belastenden Angaben des Tatopfers herzustellen, übersieht er, daß es sich schon nach dem Sinngehalt der zitierten Wortfolge in der Aussage des Mädchens, ihr Bruder Horst habe "sicher einmal irgend etwas gesehen, auch wenn er dies jetzt nicht zugibt" (327), um die Wiedergabe einer bloßen Mutmaßung handelt, zu deren näherer Erörterung das Gericht nicht veranlaßt war (Mayerhofer‑Rieder aaO § 270 Abs 2 Z 5 E 133 f).

Auch zeigt der Angeklagte mit seinem Hinweis auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene (und damit sinnentkleidet wiedergegebene) Passagen des Gutachtens des kinderpsychologischen Sachverständigen keine Unvollständigkeit der Urteilsgründe auf, sondern trachtet bloß einmal mehr, mit hypothetischen Behauptungen eine für ihn (vermeintlich) günstigere Beurteilung der Beweisresultate zu erzielen. Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand, die Minderjährige befasse sich "seit frühester Jugend mit entsprechender Sexualliteratur", findet zudem in den Verfahrensergebnissen keine Deckung, weil die augenscheinlich angesprochenen (auf einen jugendlichen Leserkreis zugeschnittenen) Textstellen aus der ‑ keineswegs spezifisch einschlägigen (nach der Aktenlage im übrigen vom Angeklagten abonnierten) ‑ Zeitschrift "BRAVO" stammen (vgl 212 iVm Beilage A).

Auch die ‑ zum Teil die Einwände der Mängelrüge wiederholende ‑ Tatsachenrüge (Z 5 a), mit welcher der Beschwerdeführer nur abermals seine vom Erstgericht abgelehnte Verantwortung plausibel zu machen sucht, vermag insgesamt keine sich aus den Akten ergebenden Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen darzutun.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich läßt mangels Vergleichs des festgestellten Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen. Indem der Angeklagte unter Behauptung von Feststellungsmängeln zum Schuldspruchsfaktum 1. (Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen) konkrete Konstatierungen "über den Tathergang, insbesondere, wie es zur angeblichen Berührung der Geschlechtsteile hätte kommen sollen", reklamiert, negiert er das dem Urteil zugrunde gelegte gesamte Tatsachensubstrat, demzufolge ihm angelastet wird, den Beischlaf mt seiner Tochter "unternommen" zu haben (US 2, 8, 13). Mit dieser allgemein verständlichen Wortfolge hat das Erstgericht im hier aktuellen Zusammenhang, wonach der Angeklagte bei Begehung der ihm vorgeworfenen Unzuchtshandlungen von der "Absicht" getragen war, "sich geschlechtlich zu erregen und zu befriedigen" (US 8), sowie unter Berücksichtigung der fallspezifisch abgefaßten ‑ zutreffenden ‑ Rechtsausführungen zum Tatbestand des § 206 Abs 1 StGB, denenzufolge der "Beischlaf auch dann unternommen ist, wenn es zu einer Vereinigung der Geschlechtsteile ... nicht kommt, wohl aber dazu angesetzt worden ist" (US 11), ‑ über den bloßen Gebrauch der verba legalia ‑ hinlänglich zum Ausdruck gebracht, daß der Beschwerdeführer unter (zur Deliktsvollendung ausreichender ‑ Leukauf‑Steininger StGB3 § 206 RN 3) gegenseitiger Berührung der Geschlechtsteile mit seinem Glied in die Scheide des Tatopfers (zumindest teilweise) einzudringen trachtete. Die Subsumtion der bezüglichen Tathandlungen unter die Bestimmung des § 206 Abs 1 StGB erfolgte sohin frei von Rechtsirrtum.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Mit Recht strebt die Anklagebehörde in ihrer ‑ der Sache nach ausschließlich relevierten ‑ Rechtsrüge (Z 10) die ‑ zusätzliche ‑ Unterstellung der zu Punkt 1. des Urteilssatzes beschriebenen Tathandlungen (Verbrechen nach § 206 Abs 1 StGB) auch unter die Bestimmungen der §§ 15211 Abs 1 StGB an.

Die Vollendung des Vergehens der Blutschande nach der zuletzt angeführten Gesetzesstelle setzt zwar (anders als beim Tatbestand des § 206 Abs 1 StGB) - im Sinne der insoweit zutreffenden Urteilsausführungen ‑ die Vollziehung des Beischlafes (dh die Vereinigung der Geschlechtsteile von Täter und Opfer ‑ vgl Leukauf‑Steininger aaO § 211 RN 3) voraus. Allerdings ist im konkreten Fall nach dem Gesamtkontext der erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen ‑ wie schon bei Erörterung der Rechtsrüge des Angeklagten dargelegt ‑ davon auszugehen, daß der Angeklagte mit dem für die Verwirklichung des Deliktsversuchs beim Vergehen nach § 211 Abs 1 StGB vorausgesetzten (über die bloße Berührung der Geschlechtsteile hinausgehenden) ‑ wenigstens bedingten ‑ Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) handelte, den Geschlechtsverkehr mit seiner Tochter (unter Berücksichtigung ihres kindlichen Alters zumindest ansatzweise) zu vollziehen (SSt 48/8 ua), sodaß ihm ‑ bei rechtsrichtiger Beurteilung ‑ auch das ‑ in Tateinheit mit den eingangs bezeichneten Delikten (laut Punkten 1. und 4.) des Schuldspruchs verwirklichte ‑ Vergehen der versuchten Blutschande nach §§ 15211 Abs 1 StGB zur Last fällt (Leukauf‑Steininger aaO RN 16).

Da die Urteilsfeststellungen zur abschließenden Beurteilung der Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchter Blutschande ausreichen, war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sogleich mit einem Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Blutschande nach §§ 15, 211 Abs 1 StGB vorzugehen.

Bei der dadurch erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit drei Vergehen und die Wiederholung der Tathandlungen über einen langen Zeitraum, als mildernd hingegen, daß es in einem Fall beim Versuch blieb.

Die mittlerweile erfolgte Tilgung der Vorstrafen des Angeklagten vermag angesichts seiner nach Lage des Falles doch asoziale Züge aufweisenden Lebensführung den Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB nicht herzustellen (Leukauf‑Steininger aaO § 34 RN 6).

Von diesen Strafzumessungsgründen ausgehend erweist sich im Hinblick auf das Hinzukommen eines weiteren Vergehens und unter entsprechender Berücksichtigung des hohen Schuld‑ und Unrechtsgehaltes der Taten die vom Erstgericht verhängte Sanktion als tat‑ und tätergerecht, weshalb die Freiheitsstrafe in eben diesem Ausmaß festzusetzen war.

Die Gewährung bedingter Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe scheitert schon daran, daß angesichts der Schwere der vom Angeklagten verschuldeten Rechtsgutbeeinträchtigung vom Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls, wie dies für die Anwendung des § 43 a Abs 4 StGB gefordert wird, keine Rede sein kann.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Sachentscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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