Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 13. September 1991, GZ 5 U 2303/91-6, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 36 Abs. 1 Z 2 iVm § 11 Abs. 1 Z 6 WaffenG. Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird gemäß den §§ 292, 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Andreas M***** wird von der Anklage, am 25.April 1991 und in der Zeit vom 24.August 1991 bis 13.September 1991 in Wiener Neustadt verbotene Waffen, nämlich Nietenhandschuhe, (teils fahrlässig) unbefugt besessen und hiedurch das Vergehen nach dem § 36 Abs. 1 Z 2 WaffenG begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Gründe:
Der am 18.August 1972 geborene Andreas M***** wurde mit dem im Spruch bezeichneten Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt
- unter rechtsirrtümlicher Anwendung des § 5 JGG
(vgl Jesionek-Held, JGG 1988, E 4 zu § 5 Z 2 bis 4) - (rechtskräftig) des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 2 WaffenG schuldig erkannt. Darnach besaß er unbefugt am 25. April 1991 (fahrlässig) und in der Zeit vom 24.August 1991 bis 13. September 1991 in Wiener Neustadt verbotene Waffen, nämlich als Schlagringe im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 6 WaffenG beurteilte Nietenhandschuhe.
Die Qualität einer Hiebwaffe leitete das Erstgericht fallbezogen daraus ab, daß auf dem Handrückenteil der Handschuhe je zwölf kegelförmige, aus Metall gefertigte Nieten (Durchmesser an der Basis 9 mm, an den abgerundeten bzw abgeflachten Spitzen 2 mm), und zwar acht Stück in zwei Reihen im Bereich der Mittelhand bzw der Fingerknöchel, vier weitere im Bereich der Handwurzel angebracht sind, die im Inneren der Handschuhe jeweils vom Futter überdeckt werden; die solcherart an der Handrückenseite angebrachten kegelförmigen Nieten seien - unter weiterer Berücksichtigung auch des Bandageneffektes - geeignet, die Wirkung (gemeint: von Schlägen mit) der Faust in einem die körperliche Sicherheit in erheblicher Weise gefährdenden Maße zu verstärken.
Bei der Beurteilung, ob "Nietenhandschuhe" in der in den Urteilsgründen (AS 35 f) beschriebenen Form und Beschaffenheit als verbotene Waffen im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 6 WaffenG zu werten sind, ist vom Waffenbegriff nach § 1 Z 1 WaffenG auszugehen. Demgemäß müssen Waffen im Sinn des Waffengesetzes ihrem Wesen nach dazu bestimmt sein, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen. Ob eine solche Verwendung beabsichtigt ist, muß aus der Gesamtausformung des jeweiligen Objekts im Wege von Indizien erschlossen werden. Die (vom Verurteilten nach seiner Darstellung nur zu Fahrten mit dem Motorrad erworbenen) "Nietenhandschuhe" lassen indes einen derartigen Verwendungszweck an sich nicht erkennen. Handelt es sich doch bei den beschriebenen Nieten ersichtlich nicht um sogenannte "Killernieten", aus deren vorkonfektionierter oder nachträglich veränderter, besonders gefährlicher Form, ihrer Höhe oder ihrem Zuschliff zwingend abgeleitet werden kann, daß sie bestimmungsgemäß als Waffe Verwendung finden sollen (vgl Czeppan-Szirba, Waffengesetz 1986, S 51 f). Gegen die Einstufung der Handschuhe als "Schlagring" spricht letztlich aber auch, daß "Nietenhandschuhe" dieser Art durch keinen massiven, dem Querschnitt einer zur Faust geballten Hand angepaßten Metallteil verstärkt sind, der eine erhebliche Vergrößerung der Schlagwucht bewirken könnte. Damit fehlt ihnen jene spezifische Gefährlichkeit, gegen die sich das Verbot nach § 11 Abs. 1 Z 6 WaffenG richtet.
Der Andreas M***** angelastete Besitz der bezeichneten "Nietenhandschuhe" stellt demnach keine gerichtlich strafbare Handlung dar. Dem dennoch ergangenen Schuldspruch nach dem § 36 Abs. 1 Z 2 WaffenG haftet somit der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO an.
In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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