OGH 11Os55/11i

OGH11Os55/11i19.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Varga als Schriftführer, in der Strafsache gegen Simon G***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 20 Hv 14/09h des Landesgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Februar 2009, GZ 20 Hv 14/09h-7, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Fürnkranz, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Februar 2009, GZ 20 Hv 14/09h-7, verletzt § 495 Abs 2 StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Landesgericht Feldkirch aufgetragen, über den Widerruf im Verfahren AZ 20 Hv 82/08g zu entscheiden.

Text

Gründe:

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 24. November 2008, GZ 20 Hv 82/08g-7, wurde Simon G***** mehrerer am 20. Juni 2008 begangener Vergehen schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt, wobei diese gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Februar 2009, GZ 20 Hv 14/09h-7, wurde Simon G***** wegen eines am 22. November 2008 begangenen Vergehens schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 24. November 2008, GZ 20 Hv 82/08g-7, gemäß § 31 StGB zu einer unbedingten Zusatzgeldstrafe verurteilt.

Mit unter einem verkündeten Beschluss widerrief der Einzelrichter die mit dem früheren Urteil gewährte bedingte Strafnachsicht. Das Urteil und der Beschluss erwuchsen unbekämpft in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in der gemäß § 23 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht der Widerrufsbeschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach § 55 Abs 1 StGB ist die bedingte Nachsicht einer Strafe zu widerrufen, wenn eine nachträgliche Verurteilung gemäß § 31 StGB erfolgt und eine bedingte Nachsicht bei gemeinsamer Aburteilung nicht gewährt worden wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) nach § 495 Abs 2 StPO und nicht nach § 494a Abs 1 StPO (RIS-Justiz RS0111521; Jerabek in WK2 § 55 Rz 5). Demnach obliegt die Beschlussfassung über einen Widerruf im Fall einer nachträglichen Verurteilung jenem Gericht, dessen Urteil eine bedingte Nachsicht enthält und - was nur für den hier nicht gegebenen Fall Bedeutung hat, dass nicht nur eines der im Zusammenhang des § 31 StGB stehenden Urteile eine bedingte Nachsicht enthält - zuletzt rechtskräftig wurde. Somit war das Landesgericht Feldkirch nicht im Verfahren AZ 20 Hv 14/09h, sondern im Verfahren AZ 20 Hv 82/08g zur Entscheidung über den allfälligen Widerruf der bedingten Strafnachsicht berufen.

Da die auf einer gesetzwidrigen Zuständigkeitsannahme beruhende Widerrufsentscheidung geeignet ist, zum Nachteil des Verurteilten zu wirken, war die Feststellung der Gesetzesverletzung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte