European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00054.18B.0719.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten J***** und M***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden relevant wurden mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Steve S***** enthält, Sandokan J***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (II) und Ivica M***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (III) schuldig erkannt.
Danach haben – soweit hier von Bedeutung – am 4. Mai 2017 in K*****
(I/2) Steve S***** Gewahrsamsträgern des Wettlokals P***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) und unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer CO2 ‑Pistole, fremde bewegliche Sachen, und zwar 4.135 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er der Angestellten Katharina D***** die Pistole vorhielt und dabei schrie „Geld Geld“;
(II) Sandokan J***** zu der unter I/2 angeführten Tat dadurch beigetragen, „dass er tatplangemäß durch Verlassen des Wettbüros P***** die Eingangstüre entriegelte und dadurch öffnete bzw deren Schließen verhinderte und Steve S***** dadurch den Zutritt in das Lokal ermöglichte“;
(III) Ivica M***** Steve S***** als unmittelbaren Täter und Sandokan J***** als Beitragstäter zu der unter Punkt I/2 und II angeführten Tat bestimmt.
Dagegen richten sich die von Sandokan J***** auf die Z 9 lit a und von Ivica M***** auf die Z 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten J*****:
Der gegen die Urteilskonstatierungen zur vom Vorsatz des Sandokan J***** umfassten Tatbegehung unter Verwendung einer Waffe durch Steve S***** (US 9, 12) gerichteten Rüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 5 zweiter und vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht diese Feststellungen nicht auf die Aussage des unmittelbaren Täters gegründet. Vielmehr stützte es dies unter vernetzter Betrachtung auf jene des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung (wonach er zusammengefasst angenommen hat, dass S***** „sicher irgendetwas haben wird“ und vielleicht „so etwas wie ein Messer oder einen Schlagring“ [zum Waffenbegriff vgl Eder-Rieder in WK2 StGB § 143 Rz 16] benützt) und im Ermittlungsverfahren (zu Erzählungen des Steve S*****, wonach diesem das Opfer im Zuge eines Raubüberfalls am 23. März 2017 [Urteilspunkt I/1] die Waffe „wegnehmen bzw. entreißen“ wollte]) (US 12), was unter dem Aspekt von Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.
Dabei hat der Schöffensenat der Verantwortung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren gerade keine allein entscheidende Bedeutung beigemessen (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 410; RIS‑Justiz RS0116737), womit auch der Einwand von Abweichungen des Protokolls über die Beschuldigtenvernehmung (ON 19 S 3 = ON 44 in ON 10 S 3, wo die Waffe erwähnt wird) von einem nicht unterzeichneten (vgl § 96 Abs 1 Z 6 StPO) Ausdruck einer offenkundig unvollständigen, früheren Version (ON 65 S 63) von vornherein ins Leere geht.
Mit dem Vorbringen zu divergierendem Aussageverhalten des Beschwerdeführers (das das Erstgericht ohnedies erörtert hat – US 13 f) und den auf eine (im Urteil ebenso berücksichtigte – US 12, 16) Videoaufzeichnung des Tatgeschehens durch eine Überwachungskamera gegründeten Behauptungen, dessen Pistole sei bei Annäherung des S***** an den Tatort für ihn „nicht ohne weiteres“ erkennbar gewesen, und es wäre ihm bei Kenntnis eine Beeinflussung des Genannten oder Verhinderung der Tat nicht möglich gewesen, bekämpft die Beschwerde bloß unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0099413).
Indem die Rüge unsubstatiiert Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz bestreitet und sich (ersichtlich zufolge kommentarloser Wiedergabe einer Stelle im wissenschaftlichen Schrifttum: Eder-Rieder in WK2 StGB § 143 Rz 14) erneut gegen den die Verwendung einer Waffe durch den unmittelbaren Täter umfassenden Vorsatz des Beschwerdeführers wendet, ignoriert sie die dazu getroffenen Konstatierungen (US 9, 12), womit sie (der Sache nach Z 10) den vom Gesetz geforderten, im gesamten Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit verfehlt (RIS‑Justiz RS0099810).
Soweit die eine Verurteilung nach dem „Grundtatbestand des § 142 Abs. 1 StGB“ anstrebende Rüge mit ihrem Rechtsmittelantrag auf gänzliche Urteilsaufhebung abzielt, blieb sie mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*****:
Als Tatsachenrüge will die Z 5a nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).
Mit dem Hinweis auf (vom Erstgericht erörtertes – US 13 f) unterschiedliches Aussageverhalten des Angeklagten J*****, der (von der tatrichterlichen Beweiswürdigung abweichenden – US 17) Behauptung bewusst unrichtiger Angaben der Zeugin L***** zur Tatplanung und dem Verweis auf stets gleichlautende – entlastende (vom Erstgericht allerdings nicht für zuverlässig befundene; US 13 ff) – Darstellungen des Beschwerdeführers und des Angeklagten S***** werden beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs der Tatrichter über entscheidende Tatsachen nicht hervorgerufen.
Ebenso wenig zeigt die Rüge Nichtigkeit auf, indem sie nominell unter der Z 5a ein „Missverhältnis“ der verhängten Freiheitsstrafe reklamiert und unter Missachtung des Urteilssachverhalts (vgl RIS‑Justiz RS0099810)„höchstens“ eine „Verurteilung wegen Hehlerei“ (der Sache nach Z 10) anstrebt.
Indem die Sanktionsrüge (Z 11) die Unangemessenheit der Freiheitsstrafe beanstandet und einwendet, der Angeklagte habe vor der Tat noch keine Freiheitsstrafe verbüßt und es hätte auf sein zukünftiges Leben in der Gesellschaft sowie die untergeordnete Bedeutung seiner möglichen Mitwirkung Rücksicht genommen werden müssen, erstattet sie inhaltlich ein Berufungsvorbringen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 728; RIS‑Justiz RS0099911).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)