OGH 11Os52/09w

OGH11Os52/09w26.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Mai 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Böhm als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mohamed Atia Metwalli A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 6. November 2008, GZ 12 Hv 71/08z-27, sowie über dessen Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines anderen Angeklagten enthält, wurde Mohamed A***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (I.) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - in Wels vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge anderen gewerbsmäßig überlassen, indem er

1. „im Zeitraum Juli 2007 bis zum 8. Oktober 2007 in mehreren Angriffen insgesamt ca 32 Gramm Heroin teils direkt an den abgesondert verfolgten Peter G***** zum Preis von 80 Euro pro Gramm verkaufte, teils an den abgesondert verfolgten Hani Elshaarawi Sobhi Ahmet M***** zum sofortigen Weiterverkauf an Peter G***** überließ,

2. am 1. Dezember 2007 ca 1 Gramm Heroin an den abgesondert verfolgten Alen S***** zum Preis von 90 Euro verkaufte,

3. Ende September 2007 zumindest 3 Gramm Heroin an die abgesondert verfolgte Elvira I***** zum Preis von 80 Euro verkaufte,

4. im Herbst 2007 in mehreren Angriffen insgesamt 15 bis 20 Gramm Heroin zum Preis von 60 Euro bis 100 Euro pro Gramm an die abgesondert verfolgte Samira I***** verkaufte,

5. Mitte Oktober 2007 in zumindest vier Angriffen insgesamt 2 bis 5 Gramm Heroin an den abgesondert verfolgten Cosmin Dumitru L***** zum Preis von 90 Euro pro Gramm verkaufte,

6. in einem nicht mehr festzustellenden Zeitraum in mehreren Angriffen insgesamt eine Menge von ca 10 Gramm Heroin an den abgesondert verfolgten Alexander M***** zum Preis von 100 Euro pro Gramm verkaufte,

7. an den abgesondert verfolgten Mehmet U*****

a) im Zeitraum Juli 2007 bis 23. Dezember 2007 in mehreren Angriffen zumindest 30 Gramm Heroin zum Preis von 80 Euro pro Gramm sowie zumindest 12 Tabletten Substidol zum Preis von 35 Euro je Tablette sowie

b) am 24. Jänner 2008 1 Gramm Cannabisharz zum Preis von 10 Euro sowie 2 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 20 Euro verkaufte,

8. im Zeitraum Mitte November 2007 bis Mitte Jänner 2008 in mehreren Angriffen insgesamt ca 15 Gramm Heroin der abgesondert verfolgten Sabrina W***** unentgeltlich überließ,

9. im Zeitraum Mitte November 2007 bis Mitte Jänner 2008 in zwei Angriffen eine nicht näher festzustellende Menge Heroin an den abgesondert verfolgten Stefan R***** zum Preis von 100 Euro je Gramm verkaufte,

10. im Zeitraum Mitte November 2007 bis Ende 2008 2 Gramm Heroin zum Preis von 100 Euro an die Abnehmer „Sonja" und „Michael" verkaufte,

11. im Zeitraum von November 2007 bis Mitte Jänner 2008 in mehreren Angriffen insgesamt 3 Gramm Heroin zum Preis von 100 Euro je Gramm an den bislang unbekannten Abnehmer „Maradonna" verkaufte,

12. im Zeitraum Mitte November 2007 bis Mitte Jänner 2008 insgesamt 2 Gramm Heroin an unbekannt gebliebenen Türken verkaufte,

13. am 12. Jänner 2008 eine Line Heroin-Kokain-Mischung der abgesondert verfolgten Katharina Sw***** unentgeltlich überließ,

14. im Zeitraum Oktober 2007 bis 24. Jänner 2008 insgesamt zumindest 0,5 Gramm Heroin sowie 8 Gramm Cannabisharz teils direkt dem abgesondert verfolgten Mohamed Machmoud Ib***** unentgeltlich überließ, teils dem Ibrahim Hassan Ahmed M***** zur Weitergabe an den Genannten überließ,

15. Anfang Dezember 2007 insgesamt 2 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 30 Euro an den abgesondert verfolgten Reinhard We***** verkaufte, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach Absatz 1 (entspricht § 28 Abs 2 SMG aF) verurteilt worden ist."

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mohamed A*****, der keine Berechtigung zukommt.

Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftssätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahe legen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0119583; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 490). Mit Erwägungen darüber, unter welchen Umständen die Aussagen der Belastungszeugen vor der Polizei zustande gekommen wären, und dass die späteren (den Angeklagten entlastenden) Angaben in der Hauptverhandlung „gewichtiger und glaubwürdiger" wären, vermag die Beschwerde keine erheblichen Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen entscheidender Tatsachen zu wecken. Zudem hat sich das Erstgericht mit der - gerade auch in Suchtgiftverfahren häufig auftretenden - Frage divergierender Angaben eines Zeugen im Lauf des Verfahrens auseinandergesetzt, daraus aber andere, für den Beschwerdeführer ungünstigere Schlüsse gezogen (US 10 ff; RIS-Justiz RS0098400).

Die Vernehmungssituation vor der Polizei wurde der Beschwerde zuwider (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) in die Erwägungen einbezogen (US 11 f). Für die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, aus den Aussagen der vernehmenden Polizeibeamten ergebe sich, dass bei den Vernehmungen „sehr wohl entsprechende inhaltliche Vorgaben" gemacht wurden, bleibt die Rüge entsprechende Belegstellen im Hauptverhandlungsprotokoll schuldig. Der Umstand, dass - nach dem Vorbringen der Rüge - „etwa beim Zeugen U***** zwei weitere (offenkundig besser vorinformierte) Beamte" dabei waren, war nicht gesondert erörterungsbedürftig.

Auch die Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin W***** und deren Aussageverhalten wurde von den Tatrichtern eingehend erörtert (US 11 f).

Soweit die Beschwerde im Weiteren vorbringt, im Zweifel seien die sich aus den divergierenden Zeugenaussagen ergebenden geringeren Suchtgiftmengen den Feststellungen zugrunde zu legen, ist sie darauf zu verweisen, dass der Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) nicht Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes der Z 5a (oder Z 5) ist (RIS-Justiz RS0102162).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) erhebt die Ausführungen der Tatsachenrüge zum Vorbringen, verfehlt solcherart aber den gesetzlichen Bezugspunkt, nämlich die erstgerichtlichen Feststellungen. Mit dem Hinweis darauf, dass der Angeklagte mittlerweile (nach Urteilsfällung erster Instanz) wegen vor diesem Zeitpunkt begangener Taten verurteilt worden ist (§§ 31, 40 StGB), macht die Sanktionsrüge (Z 11) keine Nichtigkeit geltend. Dieser Umstand wird jedoch allenfalls im Berufungsverfahren zu beachten sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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