OGH 11Os49/00

OGH11Os49/0016.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Graf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Feridun K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter und dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 9. November 1999, GZ 7 Vr 1249/99-131, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche von Mitangeklagten enthält, wurde Feridun K***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter und dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (III) und des Vergehens der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.

Danach hat er in Graz

zu III) Mustafa Ö***** und Yusuf A***** zu einem Verbrechen des schweren Raubes bestimmt, indem er den Tatplan für einen am 18. Mai 1999 unter Verwendung einer Waffe begangenen Überfall auf einen Kellner eines Wettkaffees entwarf, sowie zu dieser Tat dadurch einen Beitrag geleistet, dass er die Tatwaffe zur Verfügung stellte und auf der Straße vor dem Wettkaffee mit einem Mobiltelefon ausgerüstet Aufpasserdienste leistete;

zu IV) zwischen 4. und 18. Mai 1999 den Mustafa Ö*****, der am 4. Mai 1999 ein Vergehen des Diebstahls begangen hatte, der Verfolgung absichtlich ganz entzogen, indem er ihn in einer leerstehenden Wohnung über einer türkischen Pizzeria versteckte.

Die Geschworenen hatten die Feridun K***** betreffende Hauptfrage III nach dem Verbrechen des schweren Raubes als Beteiligter bejaht, die Hauptfrage IV nach dem Vergehen der Begünstigung des Mustafa Ö***** als Täter eines Raubes verneint, hingegen die Eventualfrage IV 1 nach Begünstigung des Mustafa Ö***** als Täter eines Diebstahls bejaht. Die gegen das Urteil erhobene, auf die Z 6 und 11 lit a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist zur Gänze nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge der Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) macht geltend, es sei keine "Zusatzfrage im Sinne des § 12 StGB ohne Annahme, dass ich (gemeint der Angeklagte) die Tatwaffe zur Verfügung gestellt hätte und vor dem Tatort auf der Straße mit einem Mobiltelefon Aufpasserdienste leistete" gestellt worden. Eine prozessordnungsgemäße Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erfordert die Anführung jener in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatsachen, nach denen - wenn sie als erwiesen angenommen werden - eine andere oder ergänzte Fragestellung erforderlich gewesen wäre (vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Z 6 E 8a). Der Beschwerdeführer verweist nur auf seine leugnende Verantwortung, im Tatzeitpunkt nicht am Tatort gewesen zu sein, bringt aber keine Umstände aus dem Beweisverfahren der Hauptverhandlung vor, die ein anderes Fragenschema indizieren könnten. Damit ist die Beschwerde aber nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Rechtsrüge (Z 11 lit a), welche sich nur gegen den Schuldspruch IV richtet, behauptet, der Umstand, dass der Angeklagte den Mustafa Ö***** in einer Wohnung über einer türkischen Pizzeria wohnen ließ, stelle keine Begünstigung dar.

Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes ist aber, dass ein Vergleich der im Wahrspruch festgestellten Tat mit der im Urteilsspruch erfolgten Unterstellung unter das Strafgesetz einen Rechtsirrtum ergibt (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 11a E 1).

Das Verdikt der Geschworenen stellt fest, dass der Beschwerdeführer den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung in einer leerstehenden Wohnung versteckte, um ihn absichtlich der Verfolgung zu entziehen. Die Behauptung "allein der Umstand des Wohnens" sei nicht als Begünstigung zu werten, geht daher nicht vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere nicht von jenem zur subjektiven Tatseite aus, weshalb das Rechtsmittel auch in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Anzumerken ist, dass der Angeklagte zum Verbrechen des Raubes in zwei Beteiligungsformen im Sinne des § 12 StGB, nämlich Täterschaft durch Bestimmung (Anstiftung) und Leistung eines sonstigen Tatbeitrages (als Gehilfe) schuldig erkannt wurde. Bei mehrfacher Beteiligung ein und desselben Täters an derselben Tat geht die Beitragstäterschaft aber in der Bestimmungstäterschaft auf, erstere ist zu letzterer (materiell) subsidiär (Fabrizy in WK2 § 12 Rz 112 mwN). Allein diese rechtsirrtümliche Auslegung der Bestimmung des § 12 StGB durch Annahme auch eines sonstigen Tatbeitrages neben der - rite angenommenen - Bestimmungstäterschaft vermag bei wertender Betrachtung mangels eines sachlichen Nachteiles für den Beschwerdeführer den (von Amts wegen wahrzunehmenden) Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO nicht zu begründen (SSt 48/92).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 344, 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Sitzung zurückzuweisen.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 35 Abs 2 StPO), die nur die Erklärung enthält, dass sich die Nichtigkeitsbeschwerde zur Beschlussfassung nach § 285d StPO eigne, vorbringt, diese sei nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt und könne mangels Kenntnis der Überlegungen der Generalprokuratur keine Äußerung hiezu abgegeben werden, sei er lediglich auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Bulut gegen Österreich 59/1994/506/588) verwiesen, der eine nicht begründete Stellungnahme der Generalprokuratur mit keinem Wort zu beanstanden fand, sondern bloß aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit deren Zustellung an die Verteidigung verlangt, welcher es anheimgestellt wird, in die Überlegung einzutreten, ob und welche Reaktion darauf erforderlich ist.

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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