Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, die verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre erhöht und gemäß dem § 26 Abs. 1 StGB auf Einziehung des sichergestellten Butterfly-Messers erkannt.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl K*** I./ des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 StGB und II./ des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 3 WaffG schuldig erkannt, weil er am 7.August 1989 in Innsbruck (zu I./) dem Ernst S*** dadurch, daß er ihm mit einem sogenannten Butterfly-Messer, dessen Klinge eine Länge von etwa 11 cm aufweist, einen Stich in die linke Unterbauch-Leisten-Region versetzte, absichtlich eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Stichverletzung in der linken Unterbauchregion mit Eröffnung des Dünndarms, zufügte und
(zu II./) wenn auch nur fahrlässig eine Waffe, nämlich das zu I./ genannte Messer, besaß, obwohl ihm dies auf Grund eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gemäß dem § 12 WaffG verboten war.
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, und zwar im Schuldspruch I./ aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO sowie im Schuldspruch II./ der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a leg. cit.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist teils nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt, teils nicht berechtigt:
Zum Schuldspruch I./:
Es entspricht allgemeiner und besonders forensischer Erfahrung, daß ein wuchtiger Stich mit entsprechendem Krafteinsatz auch aus kürzester, nur wenige Zentimeter betragender Entfernung ausgeführt werden kann und es hiezu nicht der in der Mängelrüge (Z 5) behaupteten weiten Ausholbewegung bedarf. Der vom Erstgericht aus der sich aus dem gerichtsmedizinischen Gutachten ergebenden (S 221 dA) wuchtigen Stichführung mit dem sehr spitzen Messer gegen den Unterbauch des Opfers gezogene Schluß auf die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Angeklagten, Ernst S*** schwer zu verletzen, ist daher der Beschwerde zuwider mängelfrei. Entgegen dem - in der Tatsachenrüge (Z 5 a) enthaltenen - (sachlichen) Vorwurf einer Unvollständigkeit der Begründung (Z 5) war im Ersturteil keine Erörterung der Aussagen der Zeugen Rudolf R*** und Peter H*** (ON 15 bzw. ON 4, S 97 ff iVm ON 37, S 221 dA) über die Anwesenheit einer oder mehrerer Personen außer dem Angeklagten und dem Tatopfer am Tatort zur Tatzeit erforderlich. Denn beide Zeugen machten ihren Aussagen gemäß keine Wahrnehmungen über den Tathergang selbst. Die Glaubwürdigkeit der vom Erstgericht seinen Feststellungen zugrundegelegten Angaben des Opfers, des Zeugen S*** - der sowohl vor dem Untersuchungsrichter als auch in der Hauptverhandlung deponierte, daß er das Messer (zufolge der raschen Bewegung) nicht gesehen hatte (siehe S 114, 219 dA) - ist keineswegs deshalb bedenklich, weil dieser Zeuge im Widerspruch hiezu dem Bericht über seine polizeiliche Vernehmung zufolge damals davon gesprochen hatte, daß der Angeklagte das Messer aufgeklappt hätte (S 91 dA). Es ist begreiflich und aus der Gerichtserfahrung bekannt, daß gerade bei Stich- oder Schußverletzungen, die spontan zugefügt werden, angesichts des raschen, oft sich in Sekundenschnelle ereignenden Tatablaufes in den Aussagen der Opfer Wahrnehmungen und entsprechende Schlußfolgerungen vermengt werden. Wesentlicher Inhalt der Aussagen des Zeugen S*** ist die vom Angeklagten vollführte rasche und gezielte Handbewegung gegen die Bauchregion und das vom Zeugen sofort verspürte Brennen, das er zunächst - der Gerichtserfahrung in ähnlichen Fällen nach in geradezu typischer Weise - für die Auswirkung (bloß) eines Schlages und nicht eines Stiches gehalten hatte (S 114 dA). Gegen die insbesondere auf diese Aussagen gestützten Tatsachenfeststellungen über die Schuld des Angeklagten, für die nicht entscheidend ist, ob und in welcher Weise er das Messer für das Opfer sichtbar geöffnet hatte, ergeben sich aus den Akten entgegen den Einwendungen der Tatsachenrüge (Z 5 a) keine erheblichen Bedenken.
Damit erweisen sich die Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5 a), in denen im Kern die schöffengerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer - gegen Urteile von Kollegialgerichten
unzulässigen - Schuldberufung angefochten wird, als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte.
Gleiches gilt für die Rechtsrüge (Z 10), weil darin bloß die im Urteil ausdrücklich festgestellte Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Angeklagten, S*** schwer zu verletzen, bestritten wird.
Zum Schuldspruch II./:
Ziffernmäßig aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10, sachlich Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO ficht der Angeklagte die Beurteilung des schuldspruchgegenständlichen Messers als Waffe im Sinn des § 1 WaffG an.
Auch dies nicht zu Recht:
Den Urteilsfeststellungen nach handelt es sich bei dem sogenannten Butterfly-Messer um ein solches, dessen 11 cm lange, sehr spitze Klinge aus zwei (je um 180 Grad) schwenk- und am anderen Ende fixierbaren Griffflügeln ausgeklappt werden kann. Die Auffassung des Erstgerichtes, das aus der im Vergleich zu einem sonstigen Messer viel unauffälligeren und schneller (wenngleich noch nicht im Sinn der Kriterien einer verbotenen Waffe nach dem § 11 Z 7 WaffG) zu bewerkstelligenden Freilegung der Klinge und ihrer Beschaffenheit folgert, daß das Messer keinen bloßen Gebrauchsgegenstand darstellt, sondern seinem Wesen nach dazu bestimmt ist, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen (§ 1 Z 1 WaffG), ist in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu folgen (vgl. ua Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze,
2. Auflage, WaffG, Rechtsprechung zu § 1 Nr. 6; EvBl. 1980/35; Czeppan-Szirba, Kommentar zum Waffengesetz 1986, S 91 ff zu § 11). Ist doch die - auch in der Beschwerde als extrem scharf bezeichnete - Spitze des Messers, die etwa über die Hälfte der Länge der, obschon nur einschneidigen Klinge verläuft, dolchartig ausgebildet (vgl. die Lichtbilder S 128, 177 und die Beschreibungen durch die Polizei und den gerichtsmedizinischen Sachverständigen
S 63, 171 ff des Aktes) und daher dem besseren stichmäßigen Eindringen bzw. der Zufügung einer Verletzung speziell dienlich. Nach der Verkehrsauffassung überwiegt bei einer solchen Beschaffenheit des Messers in Verbindung mit der festgestellten besonderen Öffnungsmechanik, die hier (ähnlich einem Fallmesser) eine vereinfachte und beschleunigte Freilegung der Klinge mit nur einer Hand erlaubt, eindeutig der Verwendungszweck als Waffe im technischen Sinn.
Das Erstgericht hat daher ohne rechtlichen Verstoß dem Angeklagten den (fahrlässigen) Besitz dieser Waffe (dem gegen ihn verhängten Waffenverbot zuwider) als Vergehen nach dem § 36 Abs. 1 Z 3 WaffG zugerechnet.
Die unbegründete und teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 87 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es neben dem Vorliegen der Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach dem § 39 StGB das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und das Vorliegen von sechs einschlägigen Vorstrafen als erschwerend. Als mildernd wurde demgegenüber kein Umstand berücksichtigt. Gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen der Anklagebehörde, welche die Verhängung einer schuldangemessen erhöhten Freiheitsstrafe sowie die Einziehung des Tatwerkzeuges gemäß dem § 26 Abs. 1 StGB begehrt, sowie jene des Angeklagten, der die Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe anstrebt. Nur das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist berechtigt. Zutreffend reklamiert die Anklagebehörde, daß die vom Erstgericht gefundene Sanktion unter Bedachtnahme auf die mögliche Höchststrafe nicht als angemessene Reaktion auf den Ausnahmecharakter aufweisenden Gesinnungs- und Handlungsunwert der Tat qualifiziert werden kann. Mißt man den Strafzumessungsgründen, insbesonders auch der Wirkungslosigkeit der zahlreichen bisherigen Abstrafungen das ihnen zukommende Gewicht bei, dann erweist sich angesichts der belasteten Persönlichkeit des Angeklagten eine Erhöhung der Freiheitsstrafe auf zweieinhalb Jahre als geboten. Das verwaltungsbehördlich ausgesprochene Waffenverbot (§ 12 Abs. 1 WaffG) und die besondere Beschaffenheit der bei der absichtlichen schweren Körperverletzung verwendeten Tatwaffe machten auch die vom Erstgericht unterlassene Einziehung des dem Angeklagten gehörenden verfahrensgegenständlichen Messers erforderlich. Der Angeklagte war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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