Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Friedrich E***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 12 dritter Fall, 169 Abs 1 StGB (Punkt B 1 des Urteilsspruches) sowie demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch und in dem ihn betreffenden Teil des Adhäsionserkenntnisses aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Friedrich E***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Friedrich E***** wurde mit dem - auch rechtskräftige Freisprüche und einen Schuldspruch des Mitangeklagten Günther S***** enthaltenden - angefochtenen Urteil des Verbrechens der Brandstiftung als Beitragstäter nach §§ 12 dritter Fall, 169 Abs 1 StGB (B 1) und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB (B 2) schuldig erkannt.
Das Verbrechen der Brandstiftung (B 1) liegt ihm zur Last, weil er am
12. und 13.Jänner 1994 in Bregenz, Feldkirch und anderen Orten Vorarlbergs vorsätzlich zur Ausführung der vom Mitangeklagten Günther S***** am 13.Jänner 1994 in Feldkirch durch Einwerfen von zwei Molotow-Cocktails in die Wohnung des Waldemar H***** und der Elisabeth E***** an fremden Sachen ohne Einwilligung der Eigentümer vorsätzlich verursachten Feuersbrunst dadurch beigetragen hat, daß er bei der Planung und Vorbereitung der Tat durch Beratung und Anleitung des Günther S***** mitwirkte, ihn in seinem Tatentschluß bestärkte und mit ihm nach Feldkirch fuhr, wo er ihm erklärte und zeigte, wo Waldemar H***** wohnte.
Rechtliche Beurteilung
Der Sache nach nur gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 1 a, 2, 3, 4, 5, 5 a, 8 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Friedrich E*****.
Schon der Mängelrüge (Z 5) kommt Berechtigung zu. Zu Recht macht sie geltend, daß in den Urteilsgründen Aktenstücke als Beweismittel berücksichtigt wurden, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren. Denn das Schöffengericht stützte seine Feststellungen ausdrücklich (auch) auf die Verlesung von Aktenteilen, darunter insbesondere "die Protokolle über die Aussagen des Angeklagten S***** und der abgesondert verfolgten Erika H***** vor der Hauptverhandlung sowie das Protokoll über die Angaben der Zeugin Hildegard D***** in 139/I (US 14)", die tatsächlich nicht verlesen wurden. Ergibt sich doch aus dem Wortlaut des mit Beschluß vom 7.März 1995 (ON 105) berichtigten Protokolles über die Hauptverhandlung vom 12.Jänner 1995 (597), daß der Vorsitzende zunächst erklärte, die Akten würden verlesen, wonach der Verteidiger dazu ablehnend Stellung nahm. In der Folge eröffnete der Vorsitzende, die Akten müßten (dennoch) verlesen werden, worauf der Verteidiger keine weiteren Einwände mehr erhob, der Vorsitzende jedoch sogleich das Beweisverfahren schloß. Aus der Begründung des Berichtigungsbeschlusses (ON 105) ergibt sich hiezu, daß die den Gegenstand der Berichtigung bildende Formulierung im Protokoll bedeutet, daß die zur Lösung der Schuldfrage wichtigen Schriftstücke (bloß) "als verlesen (zu) gelten" hätten (721/III).
Gemäß § 258 Abs 1 StPO hat das Gericht bei der Urteilsfällung ausnahmslos nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Hauptverhandlung vorgekommen ist. Dies gilt insbesondere für die nach dem zweiten Absatz des § 258 StPO gebotene sorgfältige und gewissenhafte Prüfung aller für und wider den Angeklagten (in der Hauptverhandlung) vorgebrachten Beweismittel, die es seiner (von gesetzlichen Beweisregeln freien) Überzeugungsbildung zugrunde zu legen hat, auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft. Wie bereits dargelegt hat das Erstgericht gegen dieses Verwertungsverbot betreffend nicht in der Hauptverhandlung vorgekommene (unmittelbare oder mittelbare) Beweisumstände bei der Sachverhaltsermittlung verstoßen. Da das Schöffengericht sohin den bekämpften Schuldspruch unter Ablehnung der Verantwortung des Angeklagten (nicht nur unterstützend auch) auf in der Hauptverhandlung nicht verlesene Aktenstücke und damit nicht zu deren Gegenstand gemachte Beweismittel stützte, ist das Urteil insoweit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur offenbar unzureichend begründet (vgl ÖJZ-LSK 1979/303; SSt 31/2, 32/80; Foregger-Kodek, StPO6, Anm zu § 281 Z 5).
Schon deswegen ist eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unerläßlich, sodaß bereits bei der nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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