OGH 11Os46/82

OGH11Os46/8221.4.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollak als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 4. März 1981, GZ 3 a Vr 2.082/80-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Zach und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Scheibenpflug zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuld- und Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Heinz A wird von der Anklage, er habe am 28. Februar 1980 in Wien Manfred B gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihm zurief, er solle sich ja nicht nachts allein sehen lassen, sonst werde er 'getögelt', wobei er ihm einen Faustschlag gegen das Kinn versetzte; er habe hiedurch das Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. Mai 1964 geborene beschäftigungslose Heinz A des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 28. Februar 1980 in Wien Manfred B gefährlich bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihm zurief, er solle sich ja nicht nachts allein sehen lassen, sonst werde er 'getögelt'. Dagegen richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 sowie 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die den erstgenannten Nichtigkeitsgrund anrufende Mängelrüge erweist sich als unbegründet, weil es - entgegen der Meinung des Angeklagten - weder eine undeutliche oder unvollständige Begründung noch eine Widersprüchlichkeit entscheidungswesentlicher Feststellungen darstellt, wenn das Erstgericht im Urteilsspruch die vom Angeklagten geäußerte Drohung mit einem bestimmten Wortlaut anführt und in den Gründen seiner Entscheidung darauf verweist, daß der Zeuge, dessen Aussage es insoweit folgte, sich zwar zum Wortlaut in Widersprüche verwickelt, aber in Ansehung des Sinnes der Drohung stets gleichlautende Angaben gemacht habe; denn nicht auf den Wortlaut einer Drohung, sondern auf ihren Sinn kommt es hier an. Hingegen ist die Rechtsrüge - wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt - insoweit berechtigt, als sie unter Heranziehung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO vorbringt, das inkriminierte Verhalten entspreche nicht dem § 107 Abs. 1 StGB

Als eine gefährliche im Sinn des § 107 Abs. 1 StGB ist gemäß dem § 74 Z 5 StGB nur eine Drohung mit einer Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre oder Vermögen anzusehen, die geeignet ist, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen. Ist die Drohung gegen das erstgenannte Rechtsgut gerichtet, so erfüllt sie den Tatbestand des § 107 Abs. 1 StGB nur dann, wenn damit eine - zumindest den Voraussetzungen des § 83 StGB genügende - Körperbeschädigung in Aussicht gestellt wird. Die Äußerung des Angeklagten gegenüber Manfred B, er werde ihn 'tögeln', bedeutete aber, wie das Erstgericht nach Würdigung der Beweise annahm (vgl Mayerhofer-Rieder E Nr 47 zu § 281 ua), bloß die Androhung des Versetzens von Schlägen (s S 220 d.A) und nicht des Zufügens einer Körperverletzung, weswegen ihr die objektive Eignung fehlt, als 'gefährliche Drohung' iS des § 107 Abs. 1 StPO gewertet zu werden (vgl Mayerhofer-Rieder, StGB, E Nr 1 zu § 107). Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Ankündigung vorliegend als öffentlich oder vor mehreren Leuten geäußerte - in welche Richtung allerdings Feststellungen fehlen - Bedrohung mit körperlicher Mißhandlung den Tatbestand des Vergehens der Beleidigung nach dem § 115 Abs. 1 StGB erfüllt, erübrigt sich im Hinblick darauf, daß ein Verfolgungsantrag des hiezu Berechtigten (§ 117 Abs. 1, erster Satz, StGB) gemäß dem § 43 Abs. 1 JGG nicht gestellt wurde, und insoweit daher keine einen derartigen Schuldspruch rechtfertigende Anklage vorliegt. Somit war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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