Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafen unter Anwendung von § 41 Abs 1 Z 3 StGB bei Jozsef V***** und Jozsefne B***** auf vier Jahre sowie bei Erika R***** auf dreieinhalb Jahre herabgesetzt werden.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Jozsef V*****, Jozsefne B***** und Erika R***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie am 24. August 1998 in Wildon im bewußten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter der Gertrude E***** mit gegen sie gerichteter Gewalt unter Verwendung einer Waffe Schmuck und Bargeld mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz wegzunehmen oder abzunötigen versucht, indem Jozsef V***** der Frau Pfefferspray in das Gesicht sprühte, es jedoch infolge deren Gegenwehr nicht zur Tatvollendung kam.
Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage stimmeneinhellig bejaht. Die zu Jozsefne B***** nach dem Verbrechen des versuchten Diebstahls unter Verwendung einer Waffe gemäß §§ 15, 127, 129 Z 4 StGB gestellte Eventualfrage blieb folgerichtig unbeantwortet.
Nur Jozsefne B***** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
In der Tatsachenrüge (Z 10a) versucht die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf mehrere, aus dem Zusammenhang gelöste Passagen der Aussage des Mitangeklagten V***** sowie auf ihre eigene nur in Richtung eines versuchten Diebstahls geständige Verantwortung erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten, für die Annahme eines schweren Raubes entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Dies jedoch ohne Erfolg; denn sie verkennt dabei, daß die Geschworenen den bekämpften Wahrspruch ersichtlich anklagekonform auf das umfassende, die Beschwerdeführerin in gleicher Weise belastende Geständnis der Mitangeklagten V***** und R***** stützten (vgl die Niederschrift der Geschworenen; Beilage zu ON 63). Auch wenn der Angeklagte V***** seine im Vorverfahren deponierten Angaben, wonach beide Mittäterinnen einverstanden waren, an einem Raubüberfall in einem Juweliergeschäft in Wildon teilzunehmen (vgl S 43 f/I; ON 6), in der Hauptverhandlung abzuschwächen suchte, blieb er letztlich doch dabei, daß der Vorschlag, einen Pfefferspray zu kaufen und diesen beim Raubüberfall zu verwenden, von der Beschwerdeführerin B***** gekommen ist (S 486, 494/I). Darüber hinaus übergeht die Rechtsmittelwerberin, daß die Angeklagte R***** sie in allen Einvernahmen (S 63 ff/I; ON 7; S 499 ff, insbesondere S 502/I) als mit dem vereinbarten Einsatz des Pfeffersprays einverstandene Mittäterin des geplanten Raubüberfalls bezeichnete.
Unzutreffend ist die von der Beschwerdeführerin in der Subsumtionsrüge (Z 12) vertretene Rechtsmeinung, bei dem verwendeten Pfefferspray handle es sich nicht um eine Waffe im Sinne der Qualifikation des § 143 zweiter Fall StGB.
Unter dem Begriff "Waffen" des § 143 StGB sind nach ständiger Judikatur nicht nur solche im technischen Sinn (dh gemäß der Begriffsbestimmung des § 1 WaffG) zu verstehen, sondern es fallen alle Gegenstände darunter, die für die Gewaltanwendung gegen Personen oder zur Raubdrohung geeignet sowie bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf den ersteren gleichwertig sind (vgl Foregger/Kodek StGB6 Anm IV; Leukauf/Steininger Komm3 RN 10 jeweils zu § 143).
Zudem stellt - dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider - ein Pfefferspray ohnehin eine (wenngleich nicht mehr verbotene) Waffe im Sinn des § 1 Z 1 WaffG 1996 dar; ist er doch ein Gegenstand, der seinem Wesen nach dazu bestimmt ist, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen (idS 15 Os 182/96). So wird er unter anderem von der Polizei (als ein gegenüber Schußwaffen gelinderes Mittel) eingesetzt und führt insbesondere bei einer Sprühentfernung von rund 1,5 m zu starkem Tränenfluß und in der Folge zu Irritationen im Augen- und Hautbereich (vgl Aussage des Zeugen S***** S 504 f/I und Gutachten Dr. F***** ON 34).
Den weiteren Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO ist entgegenzuhalten, daß eine auf diese Bestimmung gestützte Beschwerde von den im Wahrspruch festgestellten Tatsachen auszugehen hat, weil der Oberste Gerichtshof bei Prüfung der Gesetzesanwendung an diese gebunden ist. Ergebnisse des Beweisverfahrens, welche nicht in den Wahrspruch aufgenommen worden sind, haben außer Betracht zu bleiben (Mayerhofer/Rieder StPO4 § 345 Z 12 E 8). Wenn nun die Beschwerdeführerin auf "gegenteilige Beweisergebnisse" verweist und daraus eine andere Lösung der Rechtsfrage in Richtung des versuchten Diebstahls mit Waffen nach §§ 15, 127, 129 Z 4 StGB ableitet, bringt sie den Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Die unbegründete, teils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte nach § 143 erster Strafsatz StGB über die Angeklagten V***** und B***** eine Freiheitsstrafe von je sechs Jahren und über die Angeklagte R***** eine solche von fünf Jahren.
Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend das Zusammenwirken von drei Personen, bei V***** außerdem die führende Rolle; als mildernd die Unbescholtenheit in Österreich, die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist sowie bei V***** und R***** das umfassende Geständnis.
Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z 3 StGB eine wesentliche Herabsetzung der Freiheitsstrafen, Jozsefne B***** und Erika R***** auch deren bedingte oder teilbedingte Nachsicht an.
Den Berufungen kommt teilweise Berechtigung zu.
Das Zusammenwirken von drei Personen wurde zutreffend als Erschwerungsgrund herangezogen. Der eine Strafsatzerhöhung bewirkende Gesellschaftsraub wurde zwar durch das StRÄG 1987 ausgeschaltet, doch ist die Begehung eines Raubes durch mehrere Personen durchaus als erschwerend zu werten, resultiert doch daraus eine erhöhte Gefährlichkeit für das Opfer.
Da alle Täter unmittelbar an der versuchten Tat mitgewirkt haben, kann von einer untergeordneten Beteiligung der Angeklagten B***** und R***** nicht gesprochen werden, auch wenn Jozsef V***** der führende Mittäter war.
Unbesonnenheit liegt nur vor, wenn die Tathandlung auf eine augenblickliche Eingebung zurückzuführen ist, also auf einen Willensimpuls, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist, und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 13). Da die Tat von den Mittätern bereits einige Zeit vorher besprochen, im Detail geplant und ausgekundschaftet wurde, liegt eine Unbesonnenheit nicht vor.
Das Geständnis wurde bei Erika R***** ohnedies als Milderungsgrund gewertet.
Die leichte Verletzung des Opfers ist zusätzlich als erschwerend anzurechnen.
Wesentlich zu berücksichtigen ist allerdings, daß die Tat, wie die Berufungen zutreffend aufzeigen, mit Hilfe einer mindergefährlichen Waffe ausgeführt wurde. Da die Täter ihre körperliche Überlegenheit nicht ausgenützt und die Flucht des Opfers aus dem Geschäft nur kurz behindert haben, kommt auch der Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist, wesentliches Gewicht zu. Daraus folgt, daß die Milderungsumstände die Erschwerungsgründe beträchtlich über- wiegen. Im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten besteht begründete Aussicht, daß die Täter auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werden. Somit war § 41 Abs 1 Z 3 StGB anzuwenden und die Freiheitsstrafen auf das im Spruch angeführte Ausmaß herabzusetzen.
Eine bedingte oder teilbedingte Nachsicht dieser Freiheitsstrafen kommt jedoch nicht in Betracht, da sie sonst nicht die in spezialpräventiver Sicht erforderliche abhaltende Wirkung hätten und im Hinblick auf die nicht unbeträchtliche Raubkriminalität in Österreich generalpräventiven Ansprüchen nicht gerecht würde.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.
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