Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten L***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch die rechtskräftige Verurteilung der Zweitangeklagten Doris S***** und einen Verfolgungsvorbehalt gemäß § 263 Abs 2 StPO hinsichtlich des Erstangeklagten enthält - wurde Mihai L***** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB (I), des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB (II 1) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (II 2) schuldig erkannt. Danach hat er
I. mit Doris S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Beteiligter (§ 12 StGB) im Verlauf des Jahres 2005 in Steyr und Sierning mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen teils verleitet, teils zu verleiten versucht, die sie mit einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten oder geschädigt hätten, wobei er die teils schweren Betrugshandlungen in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1. den Dietmar N***** durch die gemeinsame Vorspiegelung, Mihai L***** hätte Doris S***** „von der Mafia" aus einer Scheinehe um ca 7.000 Euro „herausgekauft", welchen Betrag Dietmar N***** zu ersetzen hätte, zur Bezahlung eines Geldbetrags in Höhe von 1.000 Euro in vier Teilzahlungen;
2. die Irene N*****
a) durch die gemeinsame Vorspiegelung, Mihai L***** sei für Spielschulden deren Sohnes Dietmar N***** in Höhe von ca 16.000 Euro aufgekommen, welche Aufwendung sie zu ersetzen hätte, in vier Angriffen zur Bezahlung von Geldbeträgen in der Höhe von 4.000 Euro, 8.000 Euro, 5.000 Euro und 400 Euro, insgesamt somit 15.400 Euro, an Mihai L*****;
b) durch die gemeinsame Vorspiegelung weiterer Spielschulden deren Sohnes Dietmar N*****, für die sie aufzukommen hätte, Irene N***** werde ansonsten „ihre Wohnung verlieren und der Erstangeklagte werde sie während ihrer Krankheit pflegen", zur Unterfertigung zweier nicht den Tatsachen entsprechender Schuldanerkenntnisse über insgesamt 146.000 Euro, eines nicht den Tatsachen entsprechenden Darlehensvertrags über 86.000 Euro sowie eines der Absicherung eines Teils der angeblichen Forderungen des Mihai L***** dienenden Kaufvertrags über die Eigentumswohnung der Irene N***** und damit letztlich zur Bezahlung eines Betrags von zumindest 146.000 Euro an Mihai L*****, wobei die Tatvollendung infolge Zahlungsverweigerung der Irene N***** unterblieb;
II. allein in Steyr
1. im August 2005 sich ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht oder nicht allein verfügen durfte, nämlich die Bankomatkarte der Irene N***** samt PIN-Code durch die Vorspiegelung, für sie während eines Krankenhausaufenthalts Einkäufe und Besorgungen zu tätigen, mit dem Vorsatz verschafft, dass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde;
2. im Zeitraum von August bis Oktober 2005 in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von insgesamt 2.390 Euro der Irene N***** durch Geldbehebungen von deren Girokonto mit dem Vorsatz weggenommen, sich „oder einen Dritten" durch die Zueignung dieser Geldbeträge unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
a) in einer Mehrzahl von Angriffen unter Verwendung der im Zuge der zu Schuldspruchfaktum II. 1. geschilderten Tathandlung erlangten Bankomatkarte bei Geldausgabeautomaten insgesamt zumindest 1.290 Euro;
b) in vier Angriffen unter Verwendung einer ihm selbst aufgrund einer ihm von Irene N***** eingeräumten Zeichnungsberechtigung für deren Konto ausgestellten Kundenkarte bei Bankschaltern insgesamt 1.100 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L***** aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 (lit) a StPO. Gegenstand der Verfahrensrüge ist der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag auf Vernehmung der Zeugin Mariana T***** zum Beweis dafür, „dass die verstorbene Mutter des Erstangeklagten eine sehr vermögende Frau war und daher die Version des Erstangeklagten plausibel ist, dass ihm aus dem Nachlass der Mutter 160.000 Euro übergeben wurden, da die Zeugin T***** in der Lage sein wird, aufzuzeigen, welche Vermögensverhältnisse die verstorbene Mutter des Erstangeklagten in Rumänien tatsächlich hatte" (S 47/II). Eine erhebliche Tatsache (§ 55 Abs 2 Z 1, Z 2 StPO) wird dadurch nicht bezeichnet. Eine solche liegt nämlich nur vor, wenn sie nach Denkgesetzen und Lebenserfahrung nicht gänzlich ungeeignet ist, den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache, also eine für Schuldspruch oder Subsumtion relevante Tatsachenfeststellung zu beeinflussen (Fabrizy, StPO10 § 55 Rz 3 mwN). Überdies wird nicht dargetan, weswegen gerade dieses Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO). Zutreffend führten bereits die Erstrichter aus (US 18 f), dass das Beweisthema auf sich beruhen kann, weil daraus in keiner Weise folgt, der Erstangeklagte habe den größten Teil des nach seiner Verantwortung empfangenen Geldes an Irene N***** kreditiert. Die Abweisung dieses Antrags (S 49/II) erfolgte somit - dem überdies gegen das Neuerungsverbot im Nichtigkeitsverfahren verstoßenden Rechtsmittelvorbringen entgegen - ohne Verletzung von Gesetzen oder Verfahrensgrundsätzen, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften oder durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist.
Die Mängelrüge (Z 5) versäumt bei Aufzeigen eines Widerspruchs in den Feststellungen zum Faktum I 2 b (Aufsuchen eines Notars am 28. August 2005 [US 12] mit dem am 29. August 2005 unterfertigten [US 11] Kaufvertrag) das Herstellen eines Bezuges zu einer entscheidenden Tatsache - nur dann könnte Nichtigkeit vorliegen (Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 41a).
Der geltend gemachte formelle Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt der Mehrzahl von Richtern erster Instanz vorbehalten, die unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheiden. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit - wie in Erledigung einer Berufung wegen Schuld - sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583).
Unter dem von ihm gewählten Thema „Motiv und Vermögenslage" stellt der Beschwerdeführer (lediglich) auf Basis des Ersturteils die Frage, aus welchen Mitteln das Opfer Irene N***** die von ihr geforderten 146.000 Euro hätte zahlen sollen, und verfehlt damit die prozessordnungsgemäße Geltendmachung der Tatsachenrüge, nämlich den Vergleich aktenkundiger Umstände mit entscheidenden Feststellungen (Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 49).
Das Aufzeigen inhaltlich unterschiedlicher Aussagen der Zeugin N***** „über die Vorgänge bei der Unterfertigung der Urkunden", verbunden mit eigenen Plausibilitätserwägungen der Verhaltensweisen im Zusammenhang mit den Beziehungen zum Erstangeklagten, sowie die subjektiv gefärbte Analyse der Aussagen der Frau zu den angeblichen Spielschulden ihres Sohnes vermögen beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der zum Schuldspruch I 2 b führenden entscheidenden Tatsachen erwecken. Dies gilt ebenso für die Kritik am Gutachten eines Psychiaters „zur Frage der Geschäftsfähigkeit Irene N*****s" (ON 9, S 351 ff/I), zumal die Tatrichter die leichte Täuschbarkeit von Irene (und Dietmar) N***** nicht nur auf die Expertise, sondern gleichgewichtig auf den persönlichen Eindruck von diesen Personen in der Hauptverhandlung stützten (US 22 f). Zur erstmals im Rechtsmittelverfahren thematisierten Unvollständigkeit der Befunderhebung ist lediglich auf die Subsidiarität der Tatsachenrüge gegenüber jener aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO zu verweisen (RIS-Justiz RS0114036). Rein spekulativ bleibt das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der weitschichtigen schwägerschaftlichen Verbindung der Irene N***** zum Leitenden Staatsanwalt von Steyr. Einmal mehr ohne Bezug auf Verfahrensergebnisse erweisen sich die eigenständigen Bewertungen der Täuschungshandlungen des Erstangeklagten. Auch die beschönigende Beleuchtung dessen grundlegend verschiedenen Darstellungen der Gründe für die von ihm vorgegebene Darlehensgewährung an N***** und die damit im Zusammenhang stehende Verzichtserklärung (ON 4) - neuerlich verbunden mit dem Hinweis auf die Schwägerschaft des Opfers zu einem hohen Justizorgan - vermag beim Obersten Gerichtshof nicht die von § 281 Abs 1 Z 5a StPO genannten erheblichen Bedenken gegen die Feststellungsbasis des Schuldspruchs I erwecken. Die Wahrscheinlichkeitsabwägungen hypothetischer Geschehensabläufe in diesem Kontext lassen wiederum den Aktenbezug vermissen. Das Vorbringen zur Schuldspruchgruppe II schließlich beschränkt sich auf Überlegungen zur Plausibilität des Verwendens der Bankomatkarte des Opfers trotz Besitzes einer sogenannten „Partnerkarte" und verlässt somit neuerlich den gesetzlichen Anfechtungsrahmen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu Faktum I 2 b orientiert sich mit der Behauptung, es sei kein Vermögensschaden eingetreten, nicht an den erstgerichtlichen Feststellungen über einen lediglich versuchten Betrug (US 3, 10, 13) und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über Berufung und (implizierte) Beschwerde gegen die Anordnung von Bewährungshilfe folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 dritter und vierter Satz StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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