Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16. August 1952 geborene, zuletzt beschäftigungslose Rudolf A des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren verurteilt.
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 6 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde nur insoweit, als ihm die Verübung des Raubes unter Verwendung einer Waffe (im Sinn des § 143 StGB) zur Last gelegt wird. Der Strafausspruch wird sowohl vom Angeklagten, der eine Strafermäßigung begehrt, als auch von der Staatsanwaltschaft angefochten, die eine Erhöhung des Strafausmaßes anstrebt.
Des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB wurde der Angeklagte deshalb schuldig erkannt, weil er am 19. Mai 1981 in Salzburg dem Helmut B dadurch, daß er, während dieser an den Händen gefesselt vor ihm saß, den abgeschlagenen Boden eines Bierglases mit scharfzackigem Rand vor den Hals hielt und ihn aufforderte, Geld und Schmuck herauszugeben, sonst werde er ihm damit (mit dem Glas) über den Hals fahren, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, Bargeld, eine Armbanduhr, Schmuck und eine Strickjacke (im Wert von insgesamt etwa 10.000 S) mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte.
Mit seinen Ausführungen zur Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO rügt die Beschwerde des Angeklagten die Fragestellung des Schwurgerichtshofes deshalb, weil in der Hauptfrage I lediglich nach dem qualifizierten bewaffneten Raub gefragt und es unterlassen worden sei, 'eine Eventual- oder Zusatzfrage nach einer alternativen geringeren Qualifikation' des Raubes zu stellen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dieser Ansicht ist es dem Schwurgerichtshof in Fällen wie dem vorliegenden anheimgestellt, entweder eine Hauptfrage nach dem Grundtatbestand des Raubes und eine Zusatzfrage in der Richtung des strafsatzändernden Umstandes des zweiten Falles des § 143 StGB zu stellen oder aber diesen strafsatzändernden Umstand sogleich in die Hauptfrage aufzunehmen, wie es hier geschah (Mayerhofer-Rieder II/2, E. 8 zu § 316 StPO). Nehmen die Geschwornen den strafsatzändernden Umstand nicht als gegeben an, so bleibt ihnen im letztgenannten Fall die Möglichkeit, die Hauptfrage unter Hinzufügung einer entsprechenden Beschränkung gemäß dem § 330 Abs. 2 StPO zu bejahen, worauf sie vorliegend auch insbesondere in bezug auf die Qualifikation nach dem § 143
StGB in der Rechtsbelehrung ausdrücklich hingewiesen wurden (siehe S 20 der Rechtsbelehrung).
Unter Berufung auf die Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO erachtet die Beschwerde die Beurteilung der Tat als rechtsirrig, soweit sie dem Angeklagten als unter Verwendung einer Waffe verübt angelastet wird; der abgeschlagene Boden eines Bierglases mit scharfzackigem Rand sei keine Waffe im Sinn des § 143 StGB Entgegen der einschränkenden Auslegung des Waffenbegriffes des § 143 StGB im Schrifttum vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (EvBl 1976/119 = RZ 1975/98; RZ 1977/122; SSt 46/75 sowie eine Reihe von weiteren nichtveröffentlichten Entscheidungen), von der auch der jüngst veröffentlichte Aufsatz Krückls (ÖJZ 1981 S 566 ff) abzugehen keinen Anlaß bietet (so schon 10 Os 152/81), die Auffassung, daß § 143 StGB einen erweiterten Waffenbegriff schafft und darunter nicht nur Waffen im technischen Sinn zu verstehen sind, sondern jeder Gegenstand, der als ein zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Werkzeug gebraucht wird.
Vorliegend handelt es sich um ein Trinkglas der im Lichtbild S 41 der Akten dargestellten Art, das nach der Verantwortung des Angeklagten (S 184 und 186 d.A) durch Herabfallen zerbrochen gewesen oder nach Aussage des Zeugen B (S 22, 78, 191, 193 d.A) vom Täter an einer Tischkante abgeschlagen worden war, um scharfzackige Ränder herzustellen. Zu diesem in der Hauptverhandlung vorgewiesenen (S 186 d. A) Glas führte der gerichtsmedizinische Sachverständige Univ.Dozent Dr. C aus, daß bei Anwendung eines Werkzeuges dieser Art in der Regel verunstaltende Verletzungen zugefügt werden und bei Aufwendung einer dem Führen eines Messerstiches gleichartigen Wucht ein Eindringen (in Weichteile) bis zu einer Tiefe von etwa 2 cm geschehen kann, wodurch (bei Auftreffen in einem bestimmten Teil des Halsbereiches) die Halsschlagader verletzt werden und demnach eine lebensbedrohende Verletzung eintreten könnte (S 206 f d.A). Ein derart beschaffener Gegenstand, der in der Regel geeignet ist, eine (unter Umständen die Qualifikation des § 85 Z 2 StGB erfüllende) Verunstaltung herbeizuführen und allenfalls bei Anwendung in der Halsgegend - wie sie hier als Drohung dem Opfer in Aussicht gestellt wurde - lebensbedrohend sein kann, erfüllt die dargestellten Voraussetzungen als zu einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Werkzeug. Aus den angeführten Erwägungen war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten - entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Ansicht - ein Erfolg zu versagen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten - wie erwähnt - zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen, über § 39 StGB hinausgehenden Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und einen raschen Rückfall, als mildernd das Geständnis des Angeklagten, eine teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung (eines Teiles) der Raubbeute und die verlockende Gelegenheit 'im Faktum B'.
Den Berufungen gegen den Strafausspruch kommt keine Berechtigung zu. Wohl trifft es zu, daß von einer verlockenden Gelegenheit bei der Raubtat keine Rede sein kann, war doch das Vorhaben des Angeklagten, als er sich mit B in dessen Wohnung begab, von vornherein auf einen kriminellen Angriff gegen das Vermögen B - wenn auch noch nicht in der Ausformung des Raubes - gerichtet.
Dem Geschwornengericht kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als es lediglich die über die Voraussetzungen des § 39 StGB hinausgehenden einschlägigen Vorstrafen als erschwerend heranzog. Denn es sind alle einschlägigen Vorstrafen selbst dann erschwerend, wenn - was hier gar nicht geschah - die Strafschärfung des § 39 StGB zur Anwendung käme (13 Os 99/75).
Von einer als erschwerend ins Gewicht fallenden Heimtücke kann allerdings im vorliegenden Fall nicht die Rede sein, entsprach es doch dem ausdrücklichen Wunsch des Beraubten, im Zug der von ihm erwarteten Sexualakte gefesselt zu werden.
Auch unter Beachtung des Gewichtes der Vorstrafen und des verwerflichen Beweggrundes für die schwere Körperverletzung (Urteilsfaktum 2) und der Ausnützung der Hilflosigkeit des Opfers vermeint der Oberste Gerichtshof, daß das Strafausmaß im vorliegenden Fall nicht zu gering gewählt wurde, zumal zu beachten ist, daß der Wert der Raubbeute nicht all zu hoch ist und der wesentliche Teil der Beute zustandegebracht wurde.
Aber auch zu einer Herabsetzung des Strafausmaßes besteht kein Anlaß.
Eine vernachlässigte Erziehung kann beim nunmehrigen Alter des Angeklagten keinen Milderungsgrund mehr abgeben.
Auch die Tatsache, daß ein bisheriger langandauernder Strafvollzug 'keine therapeutische Wirkung' erzielte, ist nicht mildernd. Beiden Berufungen war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
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