OGH 11Os39/09h

OGH11Os39/09h21.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richterin im Evidenzbüro Mag. Finster als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Fadilj K***** wegen Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 12. Dezember 2008, GZ 410 Hv 4/08g-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Fadilj K***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (I./) sowie der Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB (II./) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat Fadilj K***** am 10. Juni 2008 in Wien Dzejljane K***** zu töten versucht, indem er sie zu Boden warf, mit beiden Händen am Hals erfasste und bis zur Bewusstlosigkeit würgte (I./) sowie weiters (zusammengefasst:) ab 2005 diese wiederholt durch gefährliche Drohung zu Handlungen, nämlich zur Aufrechterhaltung der Ehe und Zurückziehung der Scheidungsklage genötigt und zu nötigen versucht sowie sie gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen (II./1./ und 2./ sowie III./).

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 10a StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich allein gegen Punkt I./ wendet und keinerlei Vorbringen zu II./ und III./ enthält (§ 285 Abs 1 letzter Satz StPO).

Die Geschworenen bejahten - soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - die anklagekonform nach versuchtem Mord gestellte Hauptfrage und ließen demzufolge die nach dem Verbrechen des versuchten Totschlags gestellte Eventualfrage unbeantwortet.

Die Tatsachenrüge (§ 345 Abs 1 Z 10a StPO) verfehlt ihr Ziel, weil sie unter Selektion einzelner Passagen in den Aussagen vernommener Personen wie auch im Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen versucht, die Richtigkeit der Erwägungen der Geschworenen in Zweifel zu ziehen. Dabei argumentiert sie allein gegen die Ablehnung einer heftigen Gemütsbewegung, ohne sich auf aktenkundige Umstände zu stützen, die deren allgemeine Begreiflichkeit indizierten. Dieser Nichtigkeitsgrund greift aber erst dann, wenn gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im Einzelrichterverfahren vorsieht - wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583). Gegenstand der Tatsachenrüge sind Feststellungen, angesichts derer - gemessen an allgemeinen Erfahrungs- und Vernunftsätzen - eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert naheliegt. Unterhalb dieser besonderen Erheblichkeitsschwelle ist die Beweiswürdigung allein den Tatrichtern vorbehalten.

Sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Wahrspruch zugrunde liegenden Feststellungen vermag der Angeklagte nicht aufzuzeigen (RIS-Justiz RS0117446), zumal eine Affekthandlung als Reaktion auf die bereits lang andauernde negative Ehesituation und den bereits mehrfach geäußerten Wunsch der Ehefrau, die gewaltgeprägte Beziehung zu beenden, jedenfalls übersteigert wäre (Fabrizy, StGB9 § 76 Rz 2).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung der Verteidigung (§ 24 StPO) - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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