Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Engelbert F***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens des Missbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (ergänze: Z 2) StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er am 26. Juni 2004 in P*****, Gemeinde T*****,
I. mit der am 8. Jänner 1998 geborenen, mithin unmündigen Laura K***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er seinen Finger in die Scheide des Mädchens einführte;
II. durch die zu I geschilderte Tathandlung an einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person eine geschlechtliche Handlung vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Der Behauptung der Unvollständigkeit zuwider hat sich das Erstgericht mit der Passage in der Aussage der Zeugin Laura K*****, sie habe unmittelbar vor dem Angriff des Täters bereits geschlafen (S 91), und dem diesbezüglichen Widerspruch zu einer früheren Angabe, das Tatgeschehen habe beim Einschlafen stattgefunden (S 25), ausdrücklich auseinandergesetzt (US 8, 9). Die in diesem Zusammenhang aufgeworfene „Möglichkeit, dass die Zeugin Traumerlebnisse wiedergebe" ist eine auf eigenständiger Beweiswürdigung beruhende Hypothese. Ein formeller Begründungsmangel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen, wie ihn der Nichtigkeitsgrund nach der Z 5 verlangt, wird damit nicht geltend gemacht.
Im Hinblick auf die mehrmaligen eindeutigen Angaben der Zeugin über die digitale Penetration (S 25, 93 f) war nicht erörterungsbedürftig, dass das Mädchen bei ihrer (nach § 162a StPO durchgeführten) gerichtlichen Vernehmung unter anderem (auch) erklärte, außer einem „Außenherumreiben" an ihrer Scheide sei nichts passiert (S 83, 93). Mit dem Einwand, Laura K***** sei möglicherweise den intensiven Fragen und „der in sie gesetzten Erwartung entgegengekommen", verliert sich die Beschwerde neuerlich in unstatthafte und sohin unbeachtliche beweiskritische Spekulationen.
Der Vorwurf unzureichender Begründung des festgestellten (US 4, 5) Einsetzens eingeräumter Autorität bezieht sich - weil er nur auf eine (zeitlich nicht mögliche) Beeinflussung des Opferwillens abstellt - nicht auf eine entscheidende Tatsache.
Denn § 212 Abs 1 Z 2 StGB pönalisiert das Ausnützen der Stellung (ua) als Aufsichtsperson einer minderjährigen Person zur Vornahme geschlechtlicher Handlungen. Seine Stellung gegenüber dem Opfer nützt aber nicht nur jener Täter aus, der seine Autorität einsetzt, um den (anders gearteten) Willen der geschützten Person - etwa durch Überredung, Fordern, Versprechungen usw - derart zu beeinflussen, dass diese die geschlechtliche Handlung setzt oder an sich geschehen lässt, sondern auch derjenige, der sich ihm durch das Autoritätsverhältnis sonst eröffnende Möglichkeiten für unzüchtige Zwecke zunutze macht. Unumgänglich ist allerdings, dass der sexuelle Missbrauch erst durch ein - zumindest faktisch bestehendes - Abhängigkeitsverhältnis der zur Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht anvertrauten minderjährigen Person ermöglicht oder doch wenigstens entscheidend erleichtert wird (SSt 52/24 mwN und unter Abstützung auf die Gesetzesmaterialien; gegen zu weite Auslegung offenbar Schick in WK2 § 212 Rz 9 und ihm folgend die Generalprokuratur). Unstrittig blieb im Verfahren, dass sich das kleine Mädchen wegen Problemen mit gleichaltrigen Spielgefährten gezielt in das Zimmer des für eine Nacht über alle Kinder Aufsicht führenden Angeklagten begab (US 4, 10), wo es zu dessen Angriff kam. Deshalb liegt hier - bei formell ausreichender Urteilsbegründung - ein Ausnützen der Aufsichtsstellung als solche vor und nicht bloß das einer sich lediglich im Zusammenhang damit bietenden Gelegenheit (SSt 54/10; vgl auch Mayerhofer StGB5 § 212 Anm 2; jüngst 11 Os 39/04). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§§ 280, 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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