OGH 11Os27/93

OGH11Os27/9325.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. März 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Rzeszut, Dr. Hager und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kurt U***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Kurt U***** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 7. Dezember 1992, GZ 11 b Vr 964/92-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390a StPO fallen dem Angeklagten Kurt U***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Leopold U***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB (I/A und B), Kurt U***** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB (I/A), beide Angeklagten des Vergehens des versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach den §§ 15, 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3, erster Fall, StGB (II.) und des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs 1, erster Fall, StGB (III.), Kurt U***** überdies des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (IV.) schuldig erkannt.

Darnach haben am 30. August 1992 in Frohsdorf

I. fremde bewegliche Sachen mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz

A. Leopold U***** und Kurt U***** im einverständlichen Zusammenwirken dadurch dem Orden St. Christiana durch Einbruch und Einsteigen in eine Gebäude wegzunehmen versucht, daß sie über Mauersimse zu einem Bürofenster kletterten, nach Einschlagen desselben in das Gebäude einstiegen und eine Handkasse mit Bargeld an sich nahmen und

B. Leopold U***** dem Josef und der N.H***** im Gesamtwert von 612 S weggenommen.

II. Leopold U***** und Kurt U***** im einverständlichen Zusammenwirken dadurch Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet waren, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch zu nehmen versucht, daß sie

1. das Motorfahrrad Marke Puch Maxi II, polizeiliches Kennzeichen N

81.729 des Walter G***** mit dem Kickstarter sowie durch Anschieben zu starten suchten und

2. den Pkw Marke Nissan Micra des Josef H***** nach Einschlagen einer Fensterscheibe kurzzuschließen versuchten, indem sie sich die Gewalt über das Fahrzeug durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen, nämlich durch Einbruch in ein Transportmittel verschafften, wobei der durch die Tat am Fahrzeug verursachte Schaden 37.292 S betrug;

III. Leopold U***** und Kurt U***** dadurch versucht, den Gendarmeriebeamten Bezirksinspektor Franz K***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Festnahme, dem Anlegen von Handschellen und der Verbringung zum Gendarmeriefahrzeug zu hindern, daß

1. Leopold U***** dem Beamten einen Ellbogenstoß in den Bauch versetzte und sich loszureißen versuchte und

2. Kurt U***** mit den Füßen gegen den Beamten trat, auf ihn einschlug, sich loszureißen versuchte und ihn gegen einen Türstock stieß.

IV. Kurt U***** zudem zugleich durch die zuletzt beschriebene Tathandlung vorsätzlich den Gendarmeriebeamten Bezirksinspektor Franz K***** während der Vollziehung seiner Aufgaben am Körper verletzt, ihm nämlich eine Prellung der rechten Schulter zugefügt.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Angeklagte Kurt U***** bekämpft die ihn betreffenden Schuldsprüche mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, während das Urteil von Leopold U***** nicht angefochten wurde.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt U***** kommt keine Berechtigung zu.

Im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) rügt der Beschwerdeführer, der Schöffensenat habe in der Urteilsbegründung auf seine Angaben vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter zurückgegriffen, obwohl in der Hauptverhandlung nur "die Anzeigen und die Strafregisterauskünfte" verlesen worden seien. Dabei übersieht er allerdings, daß die Anzeige ON 4 auch seine Angaben vor der Gendarmerie enthält, diese Angaben sohin verlesen wurden und der Schöffensenat zum Schuldspruch I.A. (wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB) die einen Bereicherungsvorsatz in Abrede stellende Verantwortung des Beschwerdeführers durch seine Angaben vor der Gendarmerie und die Angaben seines Bruders Leopold U***** als "eindeutig widerlegt" erachtete (AS 283). Dem Hinweis in der Urteilsbegründung, daß sich der Beschwerdeführer auch bei seiner Einvernahme vor dem Untersuchungsrichter eines Einbruchsdiebstahls schuldig bekannt hatte, kommt daher bloß illustrativer Charakter zu, weil die Tatrichter diesen das Ergebnis ihrer beweiswürdigenden Überlegungen bestätigenden Umstand zwar erwähnen, dies aber erst, nachdem sie ihre diesbezüglichen Feststellungen schon auf Grund der angeführten und rite verwerteten Beweisergebnisse getroffen hatten.

Zu Unrecht rügt die Beschwerde auch die Verwertung der im Akt erliegenden Fotografien durch das erkennende Gericht. Inhaltlich des HV-Protokolls (256) wurden "die Anzeigen" verlesen. Daraus ergibt sich, daß nicht nur die Anzeige ON 4, sondern auch die Nachtragsanzeigen ON 11, 18 und 19 dargetan (in Ansehung der Sachverhaltsmappe ON 19 kann dies mangels Verlesbarkeit von Fotos nur bedeuten, daß diese Beweismittel vorgezeigt wurden) und damit auch Gegenstand der Hauptverhandlung wurden. Demnach konnte sich der Schöffensenat in der Urteilsbegründung ohne Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsprinzip auf "die im Akt erliegenden Fotos" berufen (287).

Auch der von der Beschwerde in den Urteilsgründen erblickte innere Widerspruch liegt nicht vor. Die Urteilsfeststellung nämlich, wonach "die Idee" zum Einbruchsdiebstahl von Leopold U***** ausging (279), steht mit der weiteren Konstatierung, daß sich "die beiden Angeklagten entschlossen, in das Kloster einzubrechen", (277) - dem Beschwerdevorbringen entgegen - nicht im gedanklichen Widerspruch, sondern klärt vielmehr, daß ungeachtet des von Leopold U***** ausgehenden Tatimpulses beide Angeklagten mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz vorgingen (abermals 279). Im übrigen legte das Schöffengericht denkfolgerichtig dar, aus welchen Gründen es auf Grund der belastenden Angaben durch den Mittäter Leopold U***** und der ursprünglich im wesentlichen geständigen Einlassungen des Beschwerdeführers selbst dessen zuletzt weitgehend leugnende Verantwortung als widerlegt ansah und ließ dabei auch die Aussage des Zeugen Dorda Z***** nicht unberücksichtigt (282). Zu einer weiteren Erörterung der Aussage dieses Zeugen waren die Tatrichter jedoch nicht verhalten, weil er im Anschluß an die vom Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde zitierte Passage der Vernehmung (253) ausdrücklich erklärte, daß er nur Beobachtungen machen konnte, während die Täter auf dem Boden lagen und nicht wisse, "was vorher und nachher war" (254).

Wenn die Mängelrüge schließlich eine Aktenwidrigkeit der Feststellung behauptet, Bezirksinspektor K***** habe im Zuge des Widerstandes gegen die Staatsgewalt eine Prellung der rechten Schulter erlitten, weil inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls der Zeuge K***** selbst deponiert habe, er sei mit der linken Schulter gegen den Türstock gestoßen (250), so wird damit ersichtlich lediglich auf einen Protokollierungs- oder Erinnerungsfehler Bezug genommen, weil der Zeuge K***** während des gesamten Verfahrens gleichlautend und übereinstimmend mit den objektivierten Beweisergebnissen (Verletzungsanzeige AS 35 und Krankengeschichte des Krankenhauses Wiener Neustadt AS 217) angegeben hat, an der rechten Schulter verletzt worden zu sein (19, 53, 118). Auch unter diesem Aspekt erweist sich - wie insgesamt - die Begründung des angefochtenen Urteils als mängelfrei.

Mit seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) stellt der Beschwerdeführer schließlich nicht auf den gesamten Urteilsinhalt ab, sondern versucht in Wiederholung seiner Verantwortung vor dem erkennenden Gericht den ausdrücklich gegenteiligen Urteilskonstatierungen zuwider seinen Bereicherungsvorsatz in Abrede zu stellen. Die (von ihm vermißten) Feststellungen zur Frage "wo, wann und warum" er die Handkassette mit Wechselgeld an sich genommen habe, sind dem angefochtenen Urteil ohnedies zu entnehmen (AS 279). In Wahrheit sucht der Angeklagte im Rahmen der Rechtsrüge nach Art einer Schuldberufung und damit auf unzulässige Weise zu anderen als von den Tatrichtern getroffenen Feststellungen zu gelangen und der rechtlichen Beurteilung andere Prämissen zu unterlegen. Damit ist aber die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt.

Da der Beschwerdeführer die - vom Gesetz nicht eingeräumte - "Schuldberufung" der mündlichen Ausführung vorbehalten, aber weder angemeldet noch ausgeführt hat, war sie keiner inhaltlichen Erledigung zuzuführen.

Die sohin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war gemäß dem § 285d StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (wegen Strafe) das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).

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