OGH 11Os26/88

OGH11Os26/8829.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Februar 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter in der Strafsache gegen Michael H*** und Melitta H*** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1, Abs. 2 (erster Satz) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29.Oktober 1987, GZ 1 b Vr 12.465/86-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 3.März 1961 geborene Lagerarbeiter Michael H*** und die am 27.Mai 1962 geborene Kellnerin Melitta H*** des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1, Abs. 2 (erster Satz) StGB (Urteilsfaktum 2), Michael H*** überdies des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (Urteilsfaktum 1) schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last in Wien, und zwar

1. Michael H*** im Jänner und im Februar 1986 Andrea T*** durch die Vorgabe, eine Lebensgemeinschaft oder Ehe einzugehen, sowie durch die Vorgabe, Geld zum Erwerb eines Gastlokales als wirtschaftliche Basis ihrer gemeinsamen Zukunft zu benötigen, einen Bargeldbetrag von 113.000 S mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz herausgelockt und

2. Michael und Melitta H*** im Juli 1986 im einverständlichen Zusammenwirken als Mittäter einen ihnen von Gustav Gerhard K*** zur Beschaffung eines Motorrades gegebenen Bargeldbetrag von 47.000 S widmungswidrig für eigene Zwecke verwendet zu haben. Dieses Urteil wird von beiden Angeklagten im Schuldspruch mit einer gemeinsam ausgeführten, nominell auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit c des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch jeweils mit Berufung bekämpft. Überdies ficht der Erstangeklagte das Adhäsionserkenntnis mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist davon auszugehen, daß die Beschwerdeausführungen zur Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, die gegen die Urteilsfeststellung des "Vorgaukelns (des Eingehenwollens) einer Lebensgemeinschaft" gerichtet sind, keine entscheidende Tatsache betreffen. Denn sie berühren nur eine Facette der - im übrigen ungerügt gebliebenen - Täuschung, die nach der Überzeugung des Schöffengerichts für die Selbstschädigungshandlung des Tatopfers kausal war (Erwerb eines Lokales als wirtschaftliche Basis einer gemeinsamen Zukunft - s. insbes S 183 d.A). Sie vermögen daher die behauptete formelle Urteilsnichtigkeit von vornherein nicht darzutun. Zum Urteilsfaktum 2 erachtet es die Beschwerdeführerin als "geradezu unerfindlich, auf Grund welcher Beweisergebnisse das Schöffengericht zu seiner Feststellung bezüglich der Angeklagten Melitta H*** gelangt". Sie vernachlässigt dabei einerseits, daß auch der Zeuge Gerhard K***, auf dessen Aussage allein sie sich in diesem Zusammenhang bezieht, in der Hauptverhandlung ausdrücklich deponierte, die maßgeblichen Gespräche (zumindest) in Gegenwart ihrer Person geführt zu haben (S 168 d.A), und anderseits ihre eigene Verantwortung, derzufolge auch sie selbst den von K*** (wenn auch unmittelbar dem Erstangeklagten) übergebenen Geldbetrag mit in Empfang nahm (S 146, 147, 150 d.A). Diesem Vorbringen fehlt es daher an der zur gesetzmäßigen Darstellung eines Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Aktentreue.

Auf die unter der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO vorgebrachte Kritik an der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz ist schon deshalb nicht sachlich einzugehen, weil die zitierte Gesetzesnorm erst mit 1. März 1988 in Kraft tritt (Art XIX Strafrechtsänderungsgesetz 1987). Die vermeintlichen Rechtsrügen schließlich, die inhaltlich nur zum Urteilsfaktum 1 erhoben wurden, entsprechen nicht der Prozeßordnung. Denn sie gehen - den Urteilsannahmen zuwider - vom Fehlen einer Täuschung und eines (hiedurch bewirkten) Irrtumes der Getäuschten (siehe dazu auch das schon zuvor bei der Behandlung des behaupteten Begründungsmangels Gesagte) bzw vom Bestehen einer auf Dauer eingerichteten Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zwischen Täter und Opfer aus. Die Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert aber das Festhalten an allen Urteilsfeststellungen, deren Vergleich mit dem Gesetz und den daraus abzuleitenden Vorwurf unrichtiger Rechtsfindung (Mayerhofer-Rieder2 ENr 30 zu § 281 StPO). Da die Beschwerdeführer sohin weder bei der Anmeldung noch bei der Ausführung ihrer Nichtigkeitsbeschwerden einen der in den Z 1 bis 11 des § 281 Abs. 1 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichneten, waren diese Rechtsmittel gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Mangels einer Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden fehlt es aber an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der Berufungen (EvBl 1981/46 uva).

Über sie wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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