Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.August 1969 geborene Maurerlehrling Hansjörg R*** des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 18.August 1985 in Längenfeld (Bezirk Imst) einen Kleinbus der Ötztaler Gletscherbahn ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen zu haben, wobei er sich die Gewalt über das Fahrzeug mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel verschaffte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteilsannahmen, daß sein Vater Erwin R*** den Kleinbus der Ötztaler Gletscherbahn als Angestellter dieses Unternehmens zwar - neben anderen Dienstnehmern - zur Fahrt zur und von der Arbeit und bei entsprechender Mitteilung an seinen Chef mit dessen Erlaubnis auch privat benützen, über das ihm vom Dienstgeber nicht zur Gänze überlassene Fahrzeug aber nicht frei verfügen durfte. Das Erstgericht habe sich hiebei ohne Begründung über die Verantwortung des Angeklagten und über die Zeugenaussage der Waltraud R*** in der Hauptverhandlung hinweggesetzt, wonach Erwin R*** berechtigt gewesen sei, den Kleinbus jederzeit - nach Darstellung der Waltraud R*** sogar ohne spezielle Rückfrage - zu benützen (vgl S 31 und 32 d.A); die Konstatierung, daß auch andere Dienstnehmer das Fahrzeug bei Frühdienst verwenden, sei in den Verfahrensergebnissen nicht gedeckt.
In der Rechtsrüge wird davon ausgegangen, daß Erwin R*** befugt gewesen sei, über das Fahrzeug zu verfügen, und auch dem mit dem Vater in Hausgemeinschaft lebenden Beschwerdeführer der Strafausschließungsgrund des § 136 Abs. 4 erster Fall StGB zustatten komme.
Die Beschwerdeeinwände versagen.
Berechtigter im Sinn des § 136 Abs. 1 und 4 StGB ist derjenige, dem die (freie) Befugnis zusteht, das Fahrzeug als Fortbewegungsmittel selbst zu benutzen und anderen die Benützung zu gestatten oder sie von solchem Gebrauch auszuschließen. Dies trifft in der Regel auf den Eigentümer bzw auf den Halter zu. Diese Personen können jedoch die Disposition über das Fahrzeug anderen - etwa bei Vermietung eines PKWs dem Mieter - übertragen (vgl Kienapfel, BT II, RN 25 zu § 136 StGB; Leukauf-Steininger, Komm 2 , RN 7 zu § 136 StGB). Von einer solchen ausschließlichen Benützungs- und Verfügungsbefugnis ist der Fall (§ 136 Abs. 4 Satz 1, zweiter Fall StGB) zu unterscheiden, daß ein Berechtigter das Fahrzeug einem Dienstnehmer anvertraut und damit eine Fahrerlaubnis erteilt, ohne zugleich auch eine Befugnis, über das Fahrzeug zu verfügen, zu übertragen. Jemand, dem ein zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtetes Kraftfahrzeug von seinem dazu berechtigten Dienstgeber anvertraut, also nicht bloß fallweise oder vorübergehend überlassen worden war, bleibt auch dann straflos, wenn er den Rahmen der ihm erteilten Fahrerlaubnis überschreitet (vgl Kienapfel, aaO, RN 54 ff; Bertel im WK, Rz 20 zu § 136 StGB). Entscheidend ist hier die Frage, ob der Firmenkleinbus der Ötztaler Gletscherbahn dem Vater des Angeklagten in seiner Dienstnehmereigenschaft (bloß) anvertraut war oder ob Erwin R*** (darüber hinaus) auch die Berechtigung hatte, über das Fahrzeug zu verfügen. Nur unter der zweiten Voraussetzung käme nämlich Straflosigkeit des Angeklagten als Hausgenosse des Berechtigten (§ 136 Abs. 4 1. Satz erster Fall StGB) in Betracht. Den Strafausschließungsgrund des § 136 Abs. 4 zweiter Fall StGB (sog "Dienstnehmerprivileg") kann nur in Anspruch nehmen, wer selbst die Dienstnehmereigenschaft aufweist oder sich an der Tat des Dienstnehmers beteiligt (§ 136 Abs. 4 letzter Satz StGB); ein Dritter, der ein Fahrzeug nicht nur ohne Einwilligung des Berechtigten, sondern auch ohne Wissen und Mitwirkung des Dienstnehmers - dem es anvertraut ist - in Gebrauch nimmt, bleibt strafrechtlich verantwortlich.
Im vorliegenden Fall verneinte das Erstgericht die Berechtigung des Vaters des Angeklagten, über den Kleinbus der Ötztaler Gletscherbahn frei, dh ausschließlich und in Ausübung eines eigenen Rechtes, zu verfügen (S 36 d.A). Die diesem Ausspruch zugrundeliegende tatsächliche Konstatierung, wonach das Fahrzeug nicht für den ausschließlichen Gebrauch des Erwin R***, sondern überhaupt für den Transport der Dienstnehmer (Liftangestellten) der Ötztaler Gletscherbahn zum und vom Arbeitsplatz bestimmt war, findet - den Beschwerdeausführungen zuwider - in den als Entscheidungsgrundlage herangezogenen Gendarmerieerhebungen Deckung (vgl S 9 und 10 d.A). Ob und unter welchen Voraussetzungen Erwin R*** befugt war, den Firmenkleinbus nicht nur für Fahrten zur und von der Arbeit, sondern auch für private Zwecke zu verwenden, ist ohne entscheidende Bedeutung, weil selbst eine solche (weitergehende) Erlaubnis des Dienstgebers noch keine Berechtigung im Sinn des § 136 StGB darstellen würde; im Unterbleiben einer näheren Erörterung der bezüglichen Angaben des Angeklagten und der Waltraud R*** liegt daher kein Begründungsmangel gemäß der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO.
Für die Annahme, daß Erwin R*** über den Firmenkleinbus nach Belieben disponieren und einem Angehörigen (§ 72 StGB) oder Dritten die Benützung des Fahrzeuges bewilligen hätte dürfen, oder daß der Angeklagte die Tat wegen mutmaßlicher Einwilligung für gerechtfertigt gehalten hätte (vgl RZ 1981/69 = ÖJZ-LSK 1981/140), boten die Verfahrensergebnisse keinen Anhaltspunkt. Da dem bekämpften Schuldspruch weder die geltend gemachten Begründungsmängel noch Fehler materiellrechtlicher Art anhaften, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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