OGH 11Os22/80

OGH11Os22/8012.3.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.März 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführer in der Strafsache gegen Richard A wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SGG als Beteiligter (nach dem § 12 StGB) und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Dezember 1979, GZ 6 a Vr 6.561/79-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bauer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt und gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.September 1955 geborene Student Richard A des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SGG als Beteiligter (nach dem § 12 dritter Fall StGB) und des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z 2 SGG schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, im Dezember 1978 in Wien zur Inverkehrsetzung von 75 g Morphin beigetragen und in der Zeit zwischen 1974 und Juni 1979

wiederholt unberechtigt Suchtgifte (Haschisch, LSD, Morphin und Cocain) erworben und besessen zu haben.

In seiner auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten, sich der Sache nach ausschließlich gegen den Schuldspruch zu I des angefochtenen Urteils wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SGG als Beteiligter (nach dem § 12 StGB) wendenden und die Unterstellung (auch) dieser Tat unter den § 9 Abs. 1 Z 2 SGG anstrebenden Nichtigkeitsbeschwerde bestreitet der Beschwerdeführer, daß er durch die vorübergehende Verwahrung der ihm übergebenen 75 Gramm Morphin in seiner Wohnung und die anschließende Übergabe von 73 Gramm davon an 'Bruno' zum Weiterverkauf einen strafrechtliche Haftung begründenden sonstigen Tatbeitrag zum Verbrechen des 'Bruno' nach § 6 Abs 1 SGG geleistet habe.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß der dritte Fall des § 12 StGB jede Förderung der Ausführung der Tat durch einen anderen erfaßt, mag sie durch physische oder durch psychische Unterstützung geschehen; jede, auch die geringste Hilfe, welche die Tat fördert und bis zur Vollendung wirksam bleibt, ist als ausreichender kausaler Beitrag anzusehen (ÖJZ-LSK 1977/87, EvBl. 1978/107). Daß die dem (unmittelbaren) Täter geleistete Hilfe zur Vollbringung der Tat notwendig war und ohne diese Hilfe eine (Tat-)Ausführung unmöglich gewesen wäre, verlangt das Gesetz nicht; es genügt, daß die Tat ohne die Förderungshandlung jedenfalls nicht so geschehen wäre, wie sie sich tatsächlich ereignete.

Vorliegend nahm der Angeklagte nach den Feststellungen des Erstgerichtes das von einem nicht näher bekannten 'Bruno' aus Indien nach Österreich gebrachte Suchtgift (75 Gramm Morphin) über Vermittlung der gesondert verfolgten Karin D an sich, verwahrte davon ca. 73 g zwei oder drei Tage lang in seiner Wohnung und folgte danach diese Menge jenem 'Bruno' aus, den er in einem Cafehaus getroffen und von dort in seine Wohnung mitgenommen hatte. Er wußte dabei, daß 'Bruno' das Suchtgift in Verkehr setzen werde und daß es mengenmäßig zur Herstellung von weit über 2000 Einzeldosen ausreicht. Aus diesem vom Erstgericht (entgegen dem Beschwerdevorbringen) ausdrücklich festgestellten Wissen um das Vorhaben des 'Bruno' folgt, daß auch die subjektive Tatseite erfüllt ist: Der Beschwerdeführer förderte in Kenntnis aller strafrechtlich relevanten Umstände das verbrecherische Vorhaben des 'Bruno' - das in der Folge auch verwirklicht wurde - durch vorübergehende Verwahrung und anschließende Übergabe des Suchtgiftes, sodaß seinem Schuldspruch ein Rechtsirrtum nicht anhaftet.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 6 Abs. 1 SGG unter Bedachtnahme auf den § 28

StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd das Geständnis und den Umstand, daß der Angeklagte an der strafbaren Handlung (§ 6 Abs. 1 SGG) nur in untergeordneter Weise beteiligt war.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an. Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Den beiden in der Berufungsverhandlung vorgelegten Schreiben der Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe in Wien ist zu entnehmen, daß der Angeklagte sich derzeit glaubhaft drogenfrei hält und von sich aus fachärztliche Hilfe in Anspruch nimmt. Er steht nun unter entsprechender Kontrolle des Gesundheitsamtes der Stadt Wien, wobei aus psychiatrischer Sicht begründete Aussicht auf eine echte Rehabilitation mit (voller) beruflicher Wiedereingliederung besteht. Dazu kommt, daß der Angeklagte trotz seiner Rückfälligkeit einen sehr guten Studienerfolg an der Akademie für bildende Künste in Wien aufzuweisen hat (siehe Beilagen zu ON 16 des Aktes). Stellt man ferner in Rechnung, daß mit Rücksicht auf die nur am Rande verlaufene Beteiligung auch Unrechts- und Schuldgehalt der Tat sich in mäßigen Grenzen halten, dann erscheint - aus all diesen Gründen, die zugleich künftiges Wohlverhalten des Berufungswerbers erwarten lassen - sowohl die Reduzierung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe auf ein Jahr als auch die Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB gerechtfertigt. Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden. Es wird Sache des Erstgerichtes sein, nunmehr zu prüfen, ob dem Angeklagten - für seine Bewährung - durch geeignete Maßnahmen i.S. des § 50 StGB zusätzliche Hilfe geboten werden soll. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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