Spruch:
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen des Angeklagten Karl Siegfried W***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (Fakten 1 bis 3, zu 2 gemäß § 290 Abs 1 StPO) sowie der Angeklagten Volker Reinulf K***** und Gertrude K***** wegen desselben Verbrechens als Beteiligte nach § 12 (zweiter, teilweise dritter Fall) StGB (Faktum 4) sowie im (gesamten) Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Volker Reinulf K***** zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Den Angeklagten fallen auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil ihres Rechtsmittels verursachten Verfahrenskosten zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden) Urteil wurden Karl Siegfried W***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB, Volker Reinulf K***** und Gertrude K***** als Beteiligte an diesem Verbrechen nach § 12 (zweiter, teilweise dritter Fall) StGB sowie Volker Reinulf K***** außerdem wegen (des - richtig: siehe Mayerhofer/Rieder StGB4 § 159 E 14 a) der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat Karl Siegfried W***** in Güssing als Geschäftsstellenleiter der "E***** Bank AG", Filiale G*****, die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch der E***** Bank AG einen 500.000 S übersteigenden Schaden zugefügt, und zwar
1. in der Zeit zwischen 1988 und Juli 1994 in zahlreichen Fällen dadurch, daß er für von Gertrude K***** bei der R*****bank Bad Gl***** bzw der V*****bank Gl***** eingereichte, jeweils ungedeckte Schecks seines Institutes Einlösungsgarantien abgab, welche schließlich beansprucht wurden, im Gegenzug aber keine derartigen Zusagen von den beiden anderen Banken, deren ungedeckte Schecks er einlöste, verlangte, was zur Folge hatte, daß die Betriebsmittelkonten des Einzelunternehmens "Volker K*****, Autohandel" aufgrund des Postweges und der gegenseitigen Einzahlungen jeweils im Habenstand gehalten werden konnten, obwohl dies nicht der Fall war und der wahre Schuldenstand nicht auffiel, wodurch ein Schaden von 9,526.091 S (nach den Feststellungen: 9,376.091 S) ohne jede (ergänze: eigene) Bereicherung entstand;
2. im Juli 1993 durch Abgabe von Bankgarantien im Betrage von 2,069.880 S für ein Darlehen des Wasserverbandes G***** an Gertrude und Volker K*****, welche in Anspruch genommen wurden;
3. in der Zeit zwischen Frühjahr 1990 und Juli 1994 teils allein, teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit seinem bereits rechtskräftig verurteilten Stellvertreter Siegfried M***** durch Eröffnung eines Wertpapierkontos auf den Namen einer Mitarbeiterin, nämlich Marianne S*****, ohne deren Wissen, durch Belastung dieses Kontos mit Bausparprovisionen für andere und Kundenreklamationen aus Wertpapiergeschäften im Betrag von 170.738 S.
Ferner haben Volker Reinulf K***** und Gertrude K***** in Güssing und an anderen Orten in der Zeit von 1988 bis Juli 1994 "im bewußten und gewollten Zusammenwirken" Siegfried W***** zu den unter Punkt 1 und 2 angeführten Tathandlungen bestimmt, indem sie ihn dazu drängten, ihnen die angeführten Geldmittel bzw Bankgarantien vor allem zur Weiterführung ihres Unternehmens zu überlassen bzw bereit zu halten (4).
Letztlich hat Volker Reinulf K***** in Bad Gleichenberg als Schuldner mehrerer Gläubiger (5)
a) vom Jahr 1988 bis 1990 fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit seines Einzelunternehmens Autohaus Volker K***** insbesondere dadurch herbeigeführt, daß er leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benützte, die gewährten Kredite, auch Investitionskredite für den Betrieb, für den privaten Hausbau verwendete, sein Unternehmen ausschließlich auf der Basis von Fremdfinanzierung betrieb und Geschäfte abschloß, die mit seinen Vermögensverhältnissen im auffallenden Widerspruch standen;
b) vom Jahre 1990 bis Juli 1994 in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger teilweise vereitelt und teilweise geschmälert, indem er inbesondere neue Schulden einging, Schulden zahlte, ein Pfand bestellte und die Eröffnung des Konkurses nicht beantragte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Schuldsprüche richten sich die jeweils auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Karl Siegfried W***** hinsichtlich der Fakten 1 und 3 sowie der Angeklagten Volker Reinulf K***** und Gertrude K***** bezüglich der sie betreffenden Fakten 4 und 5.
Die Rechtsmittel sind teilweise (bezüglich der Fakten 1, 3 und 4) im Recht.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Karl Siegfried W*****:
Die zu allen angezogenen Nichtigkeitsgründen vorgebrachte Kritik an der Schadensfeststellung im Faktum 1 ist insoweit berechtigt, als sich das Erstgericht pauschal auf den (zwar aktenkonformen - s.S 17, 181, 187/I; 21/II; ON 57) Endsaldo des Girokontos 0100-149418 in der Höhe von 9,376.091 S bezieht (US 10 und 12), diesen aber dem durch die Einlösungsgarantien des Beschwerdeführers eingetretenen Schaden undifferenziert gleichsetzt. Abgesehen von darin enthaltenen Zinsen und Spesen läßt sich den erstgerichtlichen Konstatierungen nicht entnehmen, welche Untreuehandlungen des Erstangeklagten dem Negativsaldo zugrunde liegen und welchen Schaden sie tatsächlich bewirkt haben. Denn die vom Beschwerdeführer geduldete und durch Einlösungsgarantien unterstützte sogenannte "Scheckreiterei" hat bloß zu einer Verschleierung des wahren Kontostandes geführt, aber selbst (außer erhöhten Zinsenbelastungen) keinen Schaden verursacht (vgl Sachverständigengutachten ON 57, S 2).
Die mangelhaften Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite ziehen sohin Nichtigkeit des diesbezüglichen Schuldspruchs
(1) nach sich, sodaß die weiteren Beschwerdeausführungen hiezu auf sich beruhen können.
Zutreffend wendet der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) zum Urteilsfaktum 3 ein, daß die zugehörigen Konstatierungen einer ausreichenden Begründung entbehren. Das Erstgericht verweist nämlich in seiner Beweiswürdigung nur auf ein rechtskräftig abgeschlossenes, vom selben Senat verhandeltes Strafverfahren gegen Siegfried M***** (US 14). Der diesbezügliche Akt wurde aber weder angeschlossen noch verlesen, sodaß auch sein Inhalt nicht verwertbar war. Es läßt sich somit nicht nachvollziehen, aus welchen Erwägungen die Tatrichter die zu diesem Punkt leugnende Verantwortung des Angeklagten Karl Siegfried W***** (offenbar) als widerlegt erachtet haben. Den Feststellungen zu diesem Faktum, die im übrigen einen Schuldspruch nach § 153 StGB nicht zu tragen vermögen (worauf auch in der Rechtsrüge im Ergebnis richtig verwiesen wird), haftet demnach ein formeller Begründungsmangel an, sodaß schon deshalb mit einer Aufhebung des Faktums 3 vorgegangen werden mußte und sich ein Eingehen auf weitere Beschwerdeargumente erübrigt.
Letztlich konnte sich der Oberste Gerichtshof aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde davon überzeugen, daß dem Urteil auch eine unbekämpft gebliebene, materielle Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) anhaftet, die Karl Siegfried W***** zum Nachteil gereicht und deshalb gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war.
Zum Urteilsfaktum 2 stellt nämlich das Erstgericht zur Rolle dieses Angeklagten im wesentlichen nur fest, daß von ihm im Juli 1993 eine "unter Mißbrauch seiner Stellung" gewährte Bankgarantie als Besicherung für einen Kredit des Wasserverbandes G***** an Volker Reinulf K***** ausgestellt worden sei. Tatsächlich sei eine Bankgarantie für einen am 7.Jänner 1994 eingeräumten Folgekredit am 5. August 1994 durch Überweisung von 2,069.880 S in Anspruch genommen worden, woraus eine Erhöhung des der E***** Bank AG erwachsenen Schadens um diesen Betrag folge (US 11 und 12).
Diese Konstatierungen reichen aber nicht aus, um die Unterstellung dieses Sachverhaltes unter den Tatbestand des Verbrechens der Untreue zu rechtfertigen, weil die zitierte floskelhafte Urteilsbegründung offen läßt, welche einge- räumte Befugnis der Erstangeklagte wissentlich mißbraucht und mit welchem Vorsatz er hinsichtlich des Vermögensnachteiles gehandelt haben soll (vgl die im übrigen zwei Unterschriften aufweisende Urkundenkopie vom 7.Jänner 1994, S 419/I).
Es erweist sich daher auch dieser Schuldspruch (2) mangels ausreichender Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite als nichtig.
Zur (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde
der Angeklagten Volker Reinulf K*****
und Gertrude K***** zum Faktum 4:
Da den Beschwerdeführern in diesem Urteilsabschnitt Beitragstäterschaft zu Tathandlungen des Karl Siegfried W***** angelastet werden, den betreffenden Schuldsprüchen (1 und 2) aber Nichtigkeit anhaftet, genügt es, die Rechtsmittelwerber mit der in ihrer Rechtsrüge (Z 9 lit a) zutreffenden Kritik (weiterer) mangelhafter Feststellungen auf die vorstehenden Erörterungen zu verweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Volker K***** zum Faktum 5:
Mit dem in der Mängelrüge (Z 5) erhobenen Vorwurf, das Erstgericht habe die Feststellungen über das teilweise "Abzweigen" von gewährten Firmeninvestitionskrediten für den privaten Hausbau (US 6) offenbar unzureichend begründet, bekämpft der Beschwerdeführer nur eine der mehrfachen (rechtlich gleichwertigen, vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 159 RN 6) vorgeworfenen Begehungshandlungen. Demnach fehlt ihm aber die Rechtsmittellegitimation, weil der Schuldspruch selbst bei Wegfall einer Komponente weiterhin aufrecht bliebe (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 159 E 13; Mayerhofer StPO4 § 282 E 20).
Im übrigen stützte das Erstgericht (auch) diese kritisierte Feststellung aktenkonform auf die hiezu geständige Verantwortung des Angeklagten Volker Reinulf K***** und seiner Ehegattin (US 13 iVm S 83/I, 67 und 72/II).
Mit der Behauptung, die Konstatierung, der Beschwerdeführer habe von 1990 bis 1994 in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger teilweise vereitelt und teilweise geschmälert, indem er den Betrieb weiterführte, neue Schulden einging, Schulden zahlte, ein Pfand bestellte und die Eröffnung des Konkurses beantragte, sei offenbar unzureichend begründet, zeigt er keinen formellen Begründungsmangel auf, dienten doch seine Einlassungen und die seiner Ehegattin sowie das Gutachten des Sachverständigen Dr.Walter Z***** den Tatrichtern als Feststellungsgrundlage (US 13). Die hiezu erstatteten "illustrativen" (aber nicht mit dem Akteninhalt vereinbaren) Ausführungen der Rechtsmittelschrift, mit denen die Zahlungsunfähigkeit bestritten wird, sind einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.
Letztlich bezieht sich der Beschwerdeeinwand des Fehlens begründeter Feststellungen, welche Gläubiger in ihrer Befriedigung beeinträchtigt worden seien, nicht auf eine entscheidende Tatsache, da im Zustand der Zahlungsunfähigkeit bereits jede Veränderung des Gläubigerbefriedigungsfonds (hier durch ausgabenlastige Betriebsfortführung) nach der Z 2 des § 159 StGB tatbildlich ist (Leukauf/Steininger Komm3 § 159 RN 28, 36).
Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederum zeigt durch den Hinweis auf die Umschuldungsaktion im November 1991 keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen auf, weil sich das Erstgericht zur Feststellung der im Jahre 1990 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit auf die bereits in der Erledigung der Mängelrüge aufgezählten eindeutigen Beweisergebnisse stützen konnte.
Zusammenfassend waren daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung einerseits teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden, teils gemäß § 290 Abs 1 StPO die Schuldsprüche zu den Urteilsfakten 1 bis 4 sowie die Strafaussprüche aufzuheben und die Verfahrenserneuerung aufzutragen (§ 285 e StPO), andererseits die Nichtigkeitsbeschwerde zum Urteilsfaktum 5 zurückzuweisen (§ 285 d StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a Abs 1 StPO.
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