OGH 11Os195/85

OGH11Os195/8528.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hannelore G*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit e FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 18.September 1985, GZ 7 a Vr 238/85-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Strasser, der Angeklagten Hannelore G*** und des Verteidigers Dr. Werner Weidinger zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Steyr erhob am 31.Mai 1985 gegen die am 13. Juni 1940 geborene Betriebsberaterin Hannelore G*** Anklage wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit a FinStrG, weil sie in den Jahren 1983 und 1984 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen iS des § 21 Umsatzsteuergesetz 1972 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von 73.639 S (laut der späteren Modifikation: 43.566 S [S 99 d.A]) bewirkt habe. Als Kompetenztatbestand für die gerichtliche Zuständigkeit nach dem § 53 Abs. 1 lit a FinStrG wurde geltend gemacht, daß die Rückfallsvoraussetzungen (§ 41 Abs. 1 FinStrG) vorlägen, weil die Angeklagte bereits mehrmals wegen des Finanzvergehens nach dem § 33 Abs. 2 lit a FinStrG bestraft worden sei und sie die vom Finanzamt Steyr unter den Straflisten-Nr 30/80 und 91/81 zuletzt über sie verhängten Geldstrafen von 1.500 S bzw 3.000 S am 27.Juni 1980 bzw 8. September 1982 bezahlt habe, die Strafen sohin zu diesen Zeitpunkten vollzogen worden seien.

Mit dem von der Staatsanwaltschaft nunmehr mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochtenen Urteil wurde die Angeklagte von dieser Anklage wegen Unzuständigkeit des Gerichtes gemäß dem § 214 FinStrG freigesprochen.

Das Erstgericht vertrat hiebei den Standpunkt, daß die nach dem erstmaligen Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen des § 41 FinStrG d. i. ab dem 14.Dezember 1976 (Bezahlung der Geldstrafe zum Straferkenntnis Straflisten-Nr 103/76) ergangenen finanzbehördlichen Straferkenntnisse zufolge gerichtlicher Zuständigkeit (§ 53 Abs. 1 lit a FinStrG) absolut nichtig seien.

Rechtliche Beurteilung

Die auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO (vgl SSt 53/41) gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des öffentlichen Anklägers ist begründet:

Der Begriff des absolut nichtigen Verwaltungsbescheides hat für die österreichische Rechtsordnung grundsätzlich keine Bedeutung, denn die bestehende Gesetzeslage ermöglicht - von Fällen, in denen anderes ausdrücklich bestimmt ist, abgesehen - nur die Vernichtung von Bescheiden, die an bestimmten, besonders schweren Mängeln leiden, durch ausdrückliche Nichtigerklärung. Solange eine solche Nichtigerklärung nicht stattfand, besteht der betreffende Bescheid mit allen Rechtsfolgen, die sich an ihn knüpfen, in voller Wirksamkeit (siehe VfSlg 1.733/1948, 2.262/1951, 10.086/1985; VwSlg 7.900 A/1970).

Daraus ergibt sich für die Lösung dieses Falles:

Unabhängig von der Frage, ob das Finanzamt Steyr nach Vorliegen der die Gerichtszuständigkeit begründenden Rückfallsvoraussetzungen zur Erlassung der (weiteren) erwähnten Straferkenntnisse noch zuständig war, hatte das Erstgericht von der Tatsache des Bestehens dieser in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisse der Verwaltungsbehörde auszugehen. Damit hätte es aber - bei Zutreffen der übrigen Rückfallsvoraussetzungen (§ 41 Abs. 1 FinStrG) - seine Zuständigkeit im Sinn des § 53 Abs. 1 lit a FinStrG nicht verneinen dürfen.

Mithin war spruchgemäß zu erkennen.

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