OGH 11Os19/16b

OGH11Os19/16b5.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Nejc K***** und weitere Angeklagte wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Drago B***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28. Oktober 2015, GZ 18 Hv 76/15m‑212, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00019.16B.0705.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch jeweils unbekämpft in Rechtskraft erwachsene, den Beschwerdeführer und Mitangeklagte betreffende Frei‑ sowie Schuldsprüche enthaltenden Urteil wurde Drago B***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er in V***** und anderen Orten Nejc K***** in Bezug auf eine das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Menge Suchtgift dazu bestimmt,

1./ am 18. Februar 2015 mit Ervin V***** als unmittelbare Täter 987,7 Gramm Cannabiskraut beinhaltend 114,81 Gramm Delta‑9‑THC mit dem PKW von Slowenien nach Österreich zu importieren, weiters nach V***** zu bringen und dort an einen Abnehmer, bei dem es sich um einen verdeckten Ermittler handelte, zu übergeben (A./1./),

2./ Ervin V***** dazu zu bestimmen, am 20. Februar 2015 14.830,9 Gramm Cannabiskraut beinhaltend 1.668,87 Gramm Delta‑9‑THC mit dem PKW von Slowenien nach Österreich zu importieren, weiters nach L***** zu bringen und dort an einen Abnehmer, bei dem es sich um einen verdeckten Ermittler handelte, zu übergeben (A./3./),

indem er K***** aufforderte, die zu veräußernden Suchtgiftmengen zu beschaffen, gemeinsam mit ihm die Verhandlungen über die Suchtgiftlieferung führte und ihn aufforderte, das Suchtgift nach Österreich zu importieren und an die vermeintlichen Abnehmer zu übergeben, wobei er K***** am 20. Februar 2015 auch einen PKW für die Fahrt nach Österreich sowie ein Mobiltelefon zur Verfügung stellte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*****.

Ohne Bezugnahme auf Bestimmungen, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, zeigt die Verfahrensrüge (Z 3) den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht auf (RIS‑Justiz RS0099118). Demzufolge geht der Einwand einer ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft erfolgten verdeckten Ermittlung im Ausland ins Leere.

Eine unter Verstoß gegen §§ 131 Abs 2 iVm 133 Abs 1 zweiter Satz StPO, § 54 Abs 3, Abs 4a SPG oder in Verletzung eines Hoheitsrechts eines anderen Staats (vgl Art 12 und Art 13 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die polizeiliche Zusammenarbeit, BGBl III Nr 51/2005) erfolgte Beweisaufnahme wäre vom Gesetz nicht mit Nichtigkeit bedroht. Eine analoge Anwendung der Nichtigkeitsgründe der Z 2 und Z 3 selbst auf gesetzwidrige, allerdings nicht ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohte Ermittlungsmaßnahmen kommt nicht in Betracht (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 173, 193 mwN; RIS‑Justiz RS0116667, RS0099128 [T1], RS0099088 [T1 und T2] und RS0099118).

In seiner Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer substratlos Undeutlichkeit (erster Fall), Unvollständigkeit (zweiter Fall) und Widersprüchlichkeit (dritter Fall) in Bezug auf seine festgestellten Bestimmungshandlungen. Er lässt jedoch offen, welche Urteilsannahmen mit Blick auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe und des Erkenntnisses zweifelhaft sein sollen, welche erheblichen in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung unberücksichtigt geblieben sind oder welche Urteilsannahmen in unauflöslichem Widerspruch zueinander stehen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 419 ff, Rz 437 f). Im Übrigen hat das Gericht über die konstatierten Bestimmungshandlungen hinaus Feststellungen zu rechtlich gleichwertigen (vgl RIS‑Justiz RS0117604, RS0013731, RS0090851, RS0090765, RS0090648 uvm; Ratz, WK‑StPO Rz 398, 646) Beitragshandlungen des Beschwerdeführers durch das persönliche Verhandeln (US 6 f), das Zurverfügungstellen seines Fahrzeugs für Verhandlungen und zur Tatausführung (US 7, 10 f) und eines Mobiltelefons samt SIM‑Karte (US 11) sowie durch das Erteilen von Ratschlägen (US 9) zu den erfolgten Suchtmitteleinfuhren und ‑übergaben getroffen, sodass die ausschließlich bekämpften Urteilsannahmen zu Bestimmungshandlungen keine entscheidenden Tatsachen betreffen.

Weshalb mangels entsprechender Fremdsprachen-kenntnisse des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar (Z 5 vierter Fall) sein soll, dass dieser wusste, was der Erstangeklagte mit dem verdeckten Ermittler gesprochen und vereinbart hat, bleibt aufgrund der festgestellten Übersetzung durch den Erstangeklagten (US 7) unerfindlich.

Einen inneren Widerspruch (Z 5 dritter Fall) erblickt der Beschwerdeführer in der den Feststellungen zur inneren Tatseite zugrunde liegenden Begründung, wonach seine Gewinnabsicht sich (auch) aus den intendierten Cannabisölverkäufen ergebe, er aber diesbezüglich freigesprochen worden sei. Dieses Vorbringen übersieht jedenfalls, dass die sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung bloß einzelner von mehreren erheblichen Umständen, die – allein keine notwendige Bedingung für die Feststellung entscheidender Tatsachen darstellend – erst in der Gesamtschau mit anderen (hier der Belastungen durch den Erstangeklagten und die zwei verdeckten Ermittler – US 16) zum Ausspruch entscheidender Tatsachen führen, mit Mängelrüge nicht bekämpft werden kann (RIS‑Justiz RS0099507, RS0116737; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 410). Außerdem erfolgte der Freispruch mangels inländischer Gerichtsbarkeit (US 18).

Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen ist – insbesondere bei leugnenden Angeklagten – nicht willkürlich (RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- und subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Indem der Beschwerdeführer (neuerlich) lediglich mangelnde Gewinnabsicht und Sprachenkenntnis behauptet, dabei aber die weiteren Urteilsannahmen übergeht, dass er bei der Gewinnverteilung in Aussicht stehender Suchtgiftgeschäfte bedacht werden hätte sollen (US 6) und der Erstangeklagte bei den Verhandlungen übersetzte (US 7), vermag er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Feststellungen zu Bestimmungshandlungen vermissende Rechtsrüge (nominell Z 10, teilweise auch Z 5, inhaltlich Z 9 lit a) hält prozessordnungswidrig nicht an den ohnedies getroffenen Feststellungen zum Erwecken des Tatentschlusses beim Erstangeklagten, bei Suchtgiftgeschäften mit österreichischen Abnehmern mitzuwirken (US 6 f) sowie die konkrete Einfuhr und Übergabe in Österreich mitzuplanen (US 7) und durchzuführen (US 8 ff), fest (RIS‑Justiz RS0099810). Im Übrigen spricht die Kritik infolge festgestellter Beitragshandlungen keine entscheidende Tatsache an.

Auch mit den die – überdies bereits aufgrund des intendierten Zielmarkts des Suchtgifts und der daraus folgenden Verletzung österreichischer Interessen auch bei einer Übergabe im Ausland vorliegende (vgl § 64 Abs 1 Z 4 StGB; RIS‑Justiz RS0092209, RS0092207 und RS0092239 [T1]) – inländische Gerichtsbarkeit bestreitenden Ausführungen zur Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a und b, Z 10, inhaltlich Z 9 lit a [vgl 14 Os 28/06h; RIS‑Justiz RS0092267 [T1]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 634 mwN]) ignoriert der Beschwerdeführer die getroffenen Feststellungen zur gemeinsamen Planung der Einfuhr des Suchtgifts nach und der Übergabe in Österreich (US 7).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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