OGH 11Os169/08z

OGH11Os169/08z20.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schörghuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nebojsa S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 11. Juli 2008, GZ 38 Hv 102/08d-18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nebojsa S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 23. November 2007 in Innsbruck Maria R***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er ihr Ohrfeigen versetzte, ihren Kopf mit Gewalt zu seinem Geschlechtsteil drückte, seinen Penis in ihren Mund drückte und sie dadurch veranlasste, Oralverkehr an ihm durchzuführen, sie in der Folge auf die Couch niederdrückte, ihre Beine auseinander zwängte, ihre Hände festhielt, mit seinem Penis in ihre Scheide eindrang und den Geschlechtsverkehr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen Murat S***** „zum Beweis dafür, dass es bereits vor der dem Angeklagten vorgeworfenen Tathandlung zu sexuellen Annäherungsversuchen des angeblichen Opfers Maria R***** gegenüber dem Angeklagten mit der klaren Absicht von weiteren geschlechtlichen Handlungen gekommen ist" (S 239 iVm 201), wurde vom Schöffengericht ohne Schmälerung der Verteidigungsrechte abgewiesen. Dieses stützte das ablehnende Zwischenerkenntnis auf die Begründung, zu Gunsten des Angeklagten werde ohnedies davon ausgegangen, dass es bereits im Lokal zu Zärtlichkeiten zwischen Maria R***** und ihm gekommen und sie freiwillig mit in seine Wohnung gegangen sei (S 241). Zeugen sind vom Angeklagten verschiedene Personen, die zur Aufklärung der Straftat wesentliche oder sonst den Gegenstand des Verfahrens betreffende Tatsachen mittelbar oder unmittelbar wahrgenommen haben könnten und darüber im Verfahren aussagen sollen (§ 154 Abs 1 StPO). Eine Zeugenvernehmung hat demgemäß nur Wahrnehmungen von Tatsachen zum Gegenstand, nicht aber Schlussfolgerungen oder Wertungen (Kirchbacher, WK-StPO § 247 Rz 5 mwN).

Welche Absicht das Opfer vor der Tat verfolgte, konnte demnach nicht Gegenstand der Aussage des verlangten Zeugen sein.

Sollte der Antrag, was den dem Zeugenbeweis demgegenüber zugänglichen Bereich der Wiedergabe von Wahrnehmungen betrifft, allenfalls darauf abgezielt haben, Murat S***** zum Beweis dafür zu vernehmen, dass es zwischen der Frau und dem Angeklagten im erwähnten Lokal zu Zärtlichkeiten gekommen ist, ist die Verfahrensrüge schon deshalb unbegründet, weil dies von den Tatrichtern, wie sie betonten, ohnehin als erwiesen angenommen wurde (§ 55 Abs 2 Z 3 StPO; S 241; US 4). Die Modifikationen des Beweisthemas in der Nichtigkeitsbeschwerde sind aus dem Blickwinkel der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO unbeachtlich:

Da allein der Antrag den Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofs bildet, überprüft auch der Oberste Gerichtshof dessen Berechtigung stets auf den Antragszeitpunkt bezogen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325). Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht habe die Aussagen des Angeklagten mit Stillschweigen übergangen, ist unzutreffend (US 7 f).

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer mit dem Einwand, die Konstatierung, dass er der Frau Ohrfeigen versetzte, wodurch diese allerdings nicht verletzt wurde (US 5), stelle „in sich einen Widerspruch" dar, unter dem Prätext eines Begründungsmangels (Z 5 dritter Fall) inhaltlich nach Art einer zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile in der Verfahrensordnung nicht vorgesehenen Schuldberufung gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Hinweis darauf, dass sich auf Kleidungsstücken der Maria R***** keine Spermaspuren fanden, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Den Feststellungen zufolge ejakulierte der Angeklagte nach dem Geschlechtsverkehr, während dessen er auf ihr gelegen war, auf den Bauch der Frau, während sie ihre Hände gekreuzt über den Brüsten zusammenhielt (US 6). Ihren Angaben nach hatte er ihr das Leibchen nach oben gezogen, bevor er ejakulierte (S 13), seiner Aussage zufolge waren beide „komplett nackt" (S 23). Im Übrigen trachtet die Beschwerde nicht, durch eine nach § 281 Abs 1 Z 5a StPO gebotene Bezugnahme auf konkrete Beweismittel (RIS-Justiz RS0117446), sondern - demnach nicht prozessordnungskonform - dadurch erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs hervorzurufen, dass sie den Erwägungen der Tatrichter eigene gegenüberstellt, die im Vorbringen gipfeln, dass „zwei Erwachsene, nachdem sie den Abend gemeinsam verbracht haben, sich dabei näher gekommen sind und Zärtlichkeiten austauschten und dann gemeinsam um 4 Uhr Früh die Wohnung aufsuchen, mehr als nur ein Bier trinken wollen". Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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